Der interessante Schadensfall: Wenn ein Bauherr nicht voll bezahlen will, muss der Gutachter genau nachprüfen Zu dünn, zu hell, was stimmt nun?

Der Parkettboden sah zwar auf den ersten Blick gut aus, aber der Bauherr wollte Schwachstellen entdeckt haben. Mit Hilfe eines Gutachters wollte er diese beweisen, denn er war nicht bereit, die volle Rechnungssumme zu zahlen.

Der Bauherr war mit seinem neuen Boden grundsätzlich nicht unzufrieden, aber er fand auch nicht seine grenzenlose Zustimmung. Er zweifelte am Erscheinungsbild und fragte:

1. Ist der Unterboden, auf dem das Parkett schwimmend verlegt wurde, ausreichend eben?

2. Sind Verfärbungen im Parkettboden vorhanden, und wenn ja, stellen sie einen Mangel dar?

3. Ist die Nutzschicht des Parketts ausreichend dick?

Diese Unklarheiten bewegten ihn dazu, die Rechnung noch nicht in gesamter Höhe zu bezahlen. Da sein Auftragnehmer aber keine Veranlassung sah, nachzubessern, beauftragte der Hausbesitzer einen Privatgutachter, um mit den mündlichen Antworten seine Sicht der Dinge zu untermauern. Der Gutachter lud schließlich in Übereinstimmung mit dem Bauherrn zu einem gemeinsamen Ortstermin ein. Dabei nahm er zunächst auf, was er sah.

Schadensbild 1

Ein dreischichtiges Fertigparkett mit versiegelter Oberfläche war auf einem schwimmenden Zementestrich ebenfalls schwimmend durch Ineinanderrasten eines leimfreien Nut-Feder-Profils verlegt worden. Eine Spachtelung des Estrichs hatte nachweislich und angabengemäß nicht stattgefunden, das Parkett war auf einer alukaschierten Dämmunterlage direkt auf dem als trocken gemessenen Unterboden verlegt. Das Parkett schien auf den ersten Blick plan zu liegen. Auffälligkeiten waren nicht erkennbar, auch keine erkennbaren Merkmale von Nachgiebigkeiten beim Begehen. Eine Ebenheitsprüfung auf dem fertigen Parkettboden an sechs Stellen mit Auflagerabständen von 1,00 m bis 1,80 m, die nach Interpolieren anhand der Toleranzen der DIN 18202 lediglich bei einer Messung einen Wert knapp über dem der herangezogenen Norm erbrachten, folgte. Ein Blick in die Verlegeanleitung des Herstellers zeigte, dass dieser ebenfalls die DIN 18202 als Grundlage für die fachgerechte Funktion seiner Parkettdielen herangezogen hatte.

Schadensanalyse 1

Mit dem Hinweis, dass eine letztlich zutreffende Ebenheitsprüfung bei diesen flächensteif verbundenen Parkettboden nur nach vollkommender Entfernung möglich wäre, gab der Gutachter dem sichtlich nicht damit einverstandenen Bauherrn zu verstehen, dass er den Boden als ausreichend eben betrachte.

Er begründete das mit den gemessenen Werten und insbesondere mit dem fachgerechten Verhalten des Bodens bei Gehbelastung. Die Frage der fehlenden Spachtelung sei durch die Gegebenheiten vor Ort irrelevant.

Schadensbild 2

Als zweites waren die Verfärbungen abzuarbeiten. In der lichtdurchfluteten Dachgalerie mit riesigen Fensterflächen lag ein Mehrschichtparkett aus amerikanischem Nussbaum, das aufgrund der Maserung auch für Ahorn hätte durchgehen können. Der Bauherr holte ein Reststück aus der Originallieferung aus dem Keller und legte es auf den Boden. Es schienen zwei verschiedene Holzarten zu sein.

Schadensanalyse 2

Der Gutachter maß die raumklimatischen Verhältnisse und die Oberflächentemperaturen des Parketts, die bei etwa 34° C lagen. Die Temperatur- und Lichtbelastung war enorm. Die Inhaltsstoffe des Nussbaumholzes, das gegenüber UV-Licht ohnehin empfindlich ist und zur nachträglichen Aufhellung neigt, waren durch Licht und Wärme so intensiv verändert worden, dass es zum Ausbleichen kam. In den anderen Bereichen waren die Erscheinungsbilder weit weniger auffällig und gaben keinen Grund zur Beanstandung. Der Gutachter deutete dem anwesenden Architekten an, dass er der Meinung wäre, er hätte als Planer eine Mitverantwortung für das Erscheinungsbild. Er hätte in Anbetracht der zu erwartenden großen Belastung für das Holz, Beschattungsmaßnahmen oder Ähnliches vornehmen müssen.

Der wiederum redete sich damit heraus, nichts vom intensiven Farbveränderungsverhalten des Holzes gewusst zu haben, und beschuldigte den Verleger, ihn nicht ausreichend informiert zu haben. Der Gutachter gab eine Vorschau auf die weiteren Entwicklungen der Nussbaumfarbe und relativierte das Problem damit, dass ein allmählicher Angleichungsprozess zu den nicht so dem Licht ausgesetzten Parkettflächen stattfinden würde. Er machte auf Anfrage einen finanziellen Minderungsvorschlag, mit dem alle Parteien leben konnten.

Schadensbild 3

Nun galt es die Frage der Nutzschichtdicke zu klären. Sie war vom Hersteller mit circa 3,50 mm angegeben, vom Bauherrn an Reststücken grob mit circa 3,00 mm bemessen. Der Gutachter maß drei Decklagenstärken, eine an einem aufgenommenen Verlegeelement, die anderen an Reststücken, und kam zu einem mittleren Ergebnis von 3,27 mm. Diese Abweichung beschrieb er als tolerabel.

Schadensanalyse 3

Durch das nachträgliche Schleifen der industriell aufgetrennten und mit der Mittellage verklebten Deckschicht sei es dem Hersteller nicht möglich, bei den roh aufgelegten Lamellen mit kleinen Überzähnen und geringfügig auftretenden Verformungen eine genaue Deckschichtstärke anzugeben. Daher wäre eine Minderstärke gegenüber der als ungefähr bezeichneten Nutzschichtdicke von
3,5 mm beziehungsweise etwa zehn Prozent tolerabel und auch technisch belanglos.

Der Auftraggeber hatte für ihn günstigere Informationen in dem Privatgutachten erhofft. Dennoch war er von den Ausführungen überzeugt worden, so dass sich alle Parteien im Guten trennten und die Sache damit, exklusive der noch notwendigen und schließlich von drei Seiten anteilig bezahlten Reparatur, beendet wurde.