50 Jahre alter Parkettboden zeigt Abrissfugen Ziemlich aufgebauscht

Der Blick in die Gerichtsakte ließ einen veritablen Schaden erwarten. Vor Ort offenbarte sich dem Gutachter allerdings ein weit weniger dramatisches Schadensbild. Interessant war indes die Entstehungsgeschichte, die schon vor geraumer Zeit ihren Lauf nahm.Das Vorhandensein extrem breiter Fugen, unvollständiges beziehungsweise unsauberes Auskitten und komplette Ablösungen und Hohlstellen in dem Parkettboden waren von dem Gutachter laut Beweisbeschluss des Gerichts zu untersuchen und die Ursache für diese Erscheinungsbilder zu benennen. Der Sachverständige hatte sich in die Akte eingelesen und erwartete insgeheim eine erheblich in Mitleidenschaft gezogene Fußbodenfläche, zumal die Seite des Bauherren auf Komplettaufnahme und Neuverlegung des Parketts pochte. Schadensbild Bei einem gemeinsamen von den beteiligten Parteien wahrgenommenen Ortstermin machte sich der Gutachter ein Bild über die Behauptungen des Klägers. Zunächst war er überrascht, denn der Boden sah in den weit überwiegenden Teilen der Parkettfläche völlig fachgerecht vorliegend aus, ganz anders als nach den Formulierungen in den Beweisfragen zu erwarten war. Der Boden war bereits vor etwa 50 Jahren in der sächsischen Kleinstadt verlegt worden. Mindestens einmal war er in der Zeit vor der Wende abgeschliffen und neu versiegelt worden, wie der Hausbesitzer versicherte. Die gleiche Prozedur ließ den Boden um das Jahr 2000 neu erstrahlen. Die nächste Maßnahme etwa 15 Jahre später war allerdings in den Augen des Auftraggebers weniger erfolgreich. Das wiederum hatte Gründe. Ein Wasserschaden in der Nähe des Heizungsrohres hatte den Parkettboden beschädigt und zu lokal abgegrenzten Verformungen im Parkett geführt. Die Versicherung übernahm die Kosten für das Abschleifen und Neuversiegeln. Die Arbeiten übernahm ein Parkettverlegebetrieb und das entstandene Bild stellte den Auftraggeber zufrieden. Doch allmählich stellten sich im Bereich der Heizung erhebliche Fugen von über zwei Millimeter Breite ein, sodass der nicht unkritische Bauherr den Verleger in sein Wohnzimmer bat. "Fugen in Heizungsnähe sind wahrlich nichts Außergewöhnliches", versuchte der Auftragnehmer die Sache abzuwehren, wählte aber wohl die falschen Worte oder nicht den richtigen Ton. Jedenfalls kam es zum Rechtsstreit, zu dem der Gutachter jetzt Hilfestellung geben sollte. Wie bereits beschrieben, waren die schadhaften Bereiche auf eine kleine Teilfläche, in der der Wasserschaden sich seinerzeit ausgewirkt hatte, beschränkt. Deutlich erkennbar waren Abrissfugen, in denen kein Kitt erkennbar war, was insoweit auffiel, als dass die übrige Fläche sauber und vollflächig im Zuge der Schleifvorgänge ausgekittet worden war. Dabei fiel erst bei näherem Hinsehen ins Auge, dass Altkitt von früheren Abschleif- und Renovierungsmaßnahmen in den Fugen sichtbar wurde und sich farblich geringfügig von dem Neukitt absetzte. Störend war das allerdings nicht, wie der Gutachter anschließend in der Beantwortung der Fragen auch niederschrieb. Schadensanalyse Für das Fehlen des Kittes im Bereich des Wasserschadens musste es einen Grund gegeben haben. Der Boden war einmal grundiert und zweifach mit einem Wasserlack versiegelt worden. Der Gutachter maß die Holzfeuchten, die in der ganzen Fläche mit etwa 11,0 % +- ausfielen und dem bereits längerfristig vorherrschenden Raumklima entsprachen. Für die Abrissfugen konnte es nur den einen Grund geben, dass mit den Schleif- und Versiegelungsarbeiten in einer Zeit begonnen wurde, als das Holz nach Ende des Wasserschadens noch nicht wieder ausreichend zurückgetrocknet war. Entsprechende Rückfragen zum zeitlichen Ablauf untermauerten diese These. Das im noch gequollenen Zustand befindliche Parkett wurde demnach also abgeschliffen und wegen der Fugendichtigkeit war kein Kitt in die Räume zwischen den Stäben gedrungen. Beim zwangsläufig und heizungsunterstützten Rücktrocknen hatte der Wasserlack dann seine seitenverleimende Wirkung entfaltet, auch deshalb, weil der Auftragnehmer den Boden vor Beginn der Arbeiten hinsichtlich des Feuchtegehaltes nicht ausreichend geprüft hatte. Deshalb bekam er den Schwarzen Peter übrigens auch für die aus dem Schadenshergang resultierenden Hohlstellen, die nicht ordnungsgemäß beseitigt worden waren. Schadensbeseitigung Für die Sanierung empfahl der Gutachter die Minimallösung. Da der Schaden in einer kaum zugänglichen Ecke des Raumes entstanden war, sollten die Fugen mit einer elastischen Fugenkittmasse ausgekittet und das Parkett aufgebohrt, unterspritzt und die entstandenen Bohrlöcher farblich passend wieder mit geeignetem Material geschlossen werden.