Hinweisblätter des BEB-Arbeitskreises Seminar „Neue Möglichkeiten mit Calciumsulfatestrichen“ Wo die DIN schweigt, ist sein Revier

In Kürze erscheinen die Merkblätter „Hinweise zur beschleunigten Trocknung von Calciumsulfatestrichen“ und „Höher belastbare Calciumsulfatestriche im Gewerbebau“. Schon heute fasst ’bwd‘ zusammen, was führende Mitglieder des einschlägigen BEB-Arbeitskreises in einem Seminar am IBF Troisdorf dazu Ende September erläuterten.Wo die DIN schweigt, ist sein Revier Dass sich die Baupraxis seit einigen Jahrzehnten wesentlich verändert hat, findet seinen Ausdruck sinnigerweise bereits in der Planungsphase. Die künstliche Trocknung verkürzt bekanntlich den Bauablauf und sollte daher etwa im Sinne einer funktionierenden Schnittstellenkoordination von Beginn an eingeplant werden. Calciumsulfatestriche, das erläuterten im gleich lautenden Seminar am 27. September in den Räumen des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung. Andres Seifert (Knauf), Michael Resch (Trotec), Adalbert Krusius (Obmann des Arbeitskreises Calciumsulfatestriche), Oliver Erning (Institutsleiter), Dr. Karl-Heinz Wiegrink, Günter Machauer (Maxit), Heinz-Dieter Altmann sowie Michael Witte (Lanxess) bieten in dem Kontext neue Möglichkeiten; denn: ihr günstiges Verformungsverhalten prädestiniert Calciumsulfatestriche für die künstliche Trocknung. Damit beschäftigt sich das erste von zwei im etwa 15-köpfigen Arbeitskreis verabschiedeten Hinweisblättern. In den drei, vier Sitzungen jährlich bringen die Mitglieder das Know-how der Marktbereiche ein, die sie vertreten. So gelten für das vorliegende Thema andere Aspekte als für mineralisch gebundene Estriche (Zement- oder Magnesiaestriche). Dagegen funktioniert die Trocknung nach demselben Grundprinzip: Reißt der kapillare Flüssigkeitsstrom innerhalb des Baustoffs ab, erfolgt die weitere Trocknung durch Dampfdiffusion; und nimmt ab diesem Zeitpunkt mehr Zeit in Anspruch. Neben allgemeinen Aussagen dazu, wie Temperatur sowie die Dampfdurchlässigkeit, also Dichte und Porenvolumen des verwendeten Estrichs den weiteren Verlauf beanspruchen, wird festgestellt, dass sich Calciumsulfatestriche für die frühzeitige Trocknung eignen. Die Gründe dafür sind in den genannten Kriterien zu suchen. Grundsätzlich aber lässt sich mit der Trocknung bereits zwei Tage nach Einbau beginnen. Das Thema freilich stellt sich noch eher, da sich erfahrungsgemäß eine beträchtliche Überschussmenge an Feuchtigkeit in einem Baukörper befindet. Deshalb wäre es optimal, mit der Trocknung schon vor der Verlegung des Estrichs zu starten; unbedingte Voraussetzung ist, dass der Baukörper geschlossen ist, dass die Fläche nicht von irgendwelchen Baumaterialien abgedeckt wird. Was die äußeren Umstände angeht, so trocknet nichts, wenn die Temperatur nicht mehr als 15 Grad Celsius beträgt; nennenswert beschleunigt wird der Verlauf in einem Bereich zwischen 20 und 25 Grad Celsius. Außerdem entscheidend ist die Luftzirkulation: Die Zahl der Luftwechsel wird pro Stunde mit 0 bis 0,5 angegeben, wenn das Fenster geschlossen ist, mit 9 bis 15 bei geöffnetem Fenster sowie mit bis zu 40, wenn Durchzug herrscht. Weil Calciumsulfatestriche noch bei Luftfeuchten von bis zu 80 Prozent trocknen, kommen als technische Helfer neben Ventilatoren elektrische Heizgeräte zum Einsatz. Für die künstliche Trocknung bis zur Belegreife wird bei einer Estrichdicke von etwa 45 Millimeter in einem Neubau ein Zeitraum zwischen 14 und 21 Tagen als „Normalfall“ angegeben. Standort: Öfter mal was Neues Nicht geeignet sind für die Trocknung grundsätzlich mit Propangas betriebene Heizungen – da bei der Verbrennung Wasser freigesetzt wird, wäre ein solches Verfahren kontraproduktiv. Dagegen reduzieren, etwa bei Wasserschäden, Adsorptionstrockner die Luftfeuchte, benötigen aber jede Menge Energie. Schonender arbeitet durch das langsamere Absenken der Luftfeuchte ein Kondenstrockner, der aber wenig bewirkt, wenn es kälter als 15 beziehungsweise heißer als 25 Grad Celsius ist. Insgesamt ergibt sich aus dem Profil des Calciumsulfatestrichs so für den Estrichleger die Möglichkeit, eine für den Bauherrn verlässliche Aussage zur Belegreife zu treffen; immer unter der Bedingung, dass auch diszipliniert auf der Baustelle gearbeitet wird. Die besonderen Verformungseigenschaften lassen – anders als bei Zementestrichen beispielsweise – ferner schnelle Zwangstrocknung zu. Prinzipiell sollten Trockner zentral positioniert werden, Ventilatoren dagegen möglichst entfernt stehen. Begleitet von Feuchtemessungen ist es empfehlenswert, den Standort aller Geräte in regelmäßigen Zeitabständen zu verändern. In erster Linie den Planern eine Hilfestellung soll das zweite Hinweisblatt „Höher belastbare Calciumsulfatestriche im Gewerbebau“ des BEB-Arbeitskreises geben. Neben den bereits erwähnten Vorzügen spricht auch die höhere Biegezugfestigkeit des Baustoffs für den Einsatz in sensiblen, weil besonders fordernden Bereichen – Ausnahmen: Lebensmittelindustrie, Garagen, chemische Produktionsstätten sowie Nassräume mit Fußbodenabläufen. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass vor allem eine wenig griffige DIN-Formulierung dafür sorgte, dass sich die Arbeitskreis-Mitglieder mit der Frage beschäftigten, was den Calciumsulfatestrichen an Belastungen zugemutet werden kann. In der Norm 18560 heißt es für unbeheizbare Estriche auf Dämmschichten reichlich salomonisch, es seien „besondere Überlegungen erforderlich“, falls Verkehrslasten von mehr als vier Kilonewton geschultert werden müssen oder mit Fahrverkehr zu rechnen ist. Diese Grauzone ist schon deshalb problematisch, weil die Begrenzung der Verkehrslast in der Praxis schon mal übersehen und die von der DIN aufgeführten Estrichnenndicken ausgeschrieben werden, selbst wenn mit höherer Belastung zu rechnen ist; Rissbildungen sind nicht selten die Folge. Die bei mineralisch gebundenen Estrichen durch eine ungleichmäßige Trocknung zu erwartenden Verformungen und in der Folge durch äußere Behinderung (zum Beispiel beim Aufschüsseln) hervorgerufene Spannungen sind zu vernachlässigen, wenn Calciumsulfat-Fließestriche zum Einsatz kommen. In der DIN sind bis zu einer gleichmäßig verteilten Verkehrslast von fünf Kilonewton pro Quadratmeter Estrichnenndicken sowie Biegezugfestigkeiten vorgeschrieben; auch darüber hinaus eignen sich indes Calciumsulfat-Fließestriche auf Dämmschichten, wenn es um dynamische Punktlasten, etwa Gabelstapler oder Hubwagen, geht. Weil höhere Spannungen zulässig sind, sind noch dazu die Nenndicken wesentlich geringer als bei herkömmlichen Estrichen. Fazit: Die Calciumsulfat-Fließestriche sind wegen ihrer besonderen Beschaffenheit prädestiniert für den Gebrauch unter höheren Verkehrslasten und dynamischer Belastung. Die Estriche weisen unabhängig davon eine hohe Dauerschwingfestigkeit auf, die deutlich geringere Nenndicken zulässt. Zu beachten sind freilich neben der Biegezugspannung auch entstehende Verformungen, die in Verbindung mit nach DIN 18560-2 bei statischen Punktlasten von bis zu vier Kilonewton zulässigen Trittschalldämmstoffen besonders im Rand- sowie Eckbereich auftreten können. Unter dynamischen Lasten können derartige Verformungen zu einer Zerstörung der Fugen führen. Zudem ist bei der Planung unbedingt zu bedenken, dass Calciumsulfat-Fließestriche nicht unmittelbar befahren werden können; vielmehr ist der Einsatz von Oberflächenschutzschichten nötig. Grundsätzlich droht Gefahr, wenn in der Ausschreibung von anderen Belastungen die Rede ist als im späteren Praxiseinsatz. Auch die Bereifung von Staplern oder Hubwagen kann gerade auf Versiegelungen Schäden nach sich ziehen. In der Summe hat sich Calciumsulfat-Fließestrich – mit den genannten Einschränkungen – als hochbelastbar erwiesen. Reinhold Kober reinhold.kober@holzmannverlag.de