bwd im Gespräch Bela Böszörmenyi über seine Karriere vom Flüchtling zum Arbeitgeber - Wir kamen mit einem Urlaubskoffer"> bwd im Gespräch Bela Böszörmenyi über seine Karriere vom Flüchtling zum Arbeitgeber Wir kamen mit einem Urlaubskoffer

Wer nach Österreich flüchtet, der braucht zu Beginn viel Unterstützung. Es kann aber für die Gesellschaft auch viel zurück kommen, wie dieses Beispiel aus der Branche zeigt.In den letzten drei Ausgaben von boden wand decke stellten wir einen Flüchtling aus Afghanistan vor, der zu einem Vorzeigelehrling wurde. Daneben gibt es auch positive Beispiele von Flüchtlingen, die schon vor Jahren oder gar Jahrzehnten nach Österreich gekommen sind und hier bei uns Karriere gemacht haben. Bela Böszörmenyi, heute 44 Jahre alt, kam vor genau 30 Jahren als 14-jähriger nach Österreich. Er machte die Doppellehre als Maler- und Bodenleger, absolvierte beide Meisterprüfungen und besitzt seit 20 Jahren ein Unternehmen, welches heute 15 Mitarbeiter beschäftigt. boden wand decke hat den erfolgreichen Selfmade-Man an seinem Firmensitz im Burgenland besucht und ihn nach seinen Erfahrungen von damals und heute befragt. bwd Herr Böszörmenyi, Sie sind vor 30 Jahren mit Ihren Eltern nach Österreich gekommen. Was war der Grund für Ihre Flucht und wie ist diese verlaufen? Bela Meine Familie gehörte der ungarischen Minderheit in Rumänien an. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit, da mein Vater einen staatlichen Posten als Innungsmeister für die Schweißer und Schlosser in Siebenbürgen hatte. Wir genossen einen bescheidenen Wohlstand, allerdings war mein Vater politisch wenig konform und wurde vom System bedrängt. Als er eines Tages für zwei Tage zum Verhör abgeholt und dabei auch misshandelt wurde, wusste er, dass er flüchten musste. Wir sind dann über Ungarn mit einem Ausflugsschiff nach Wien gekommen, was damals politisch abgesprochen war, da man uns als Minderheit loswerden wollte. Wir kamen zu dritt, meine Schwester war schon verheiratet und durfte nicht mit. Wir hatten nur einen kleinen Urlaubskoffer und mussten alles Geld, das Haus und unseren gesamten Besitz zurücklassen. bwd Wie sind Sie in Österreich aufgenommen worden? Bela Wir sind von Wien gleich mit den anderen Flüchtlingen nach Traiskirchen gebracht worden, wo wir alle einzeln und sehr gründlich verhört wurden. Das war für mich schon sehr beklemmend, da ich von meinen Eltern getrennt wurde und keinerlei Sprachkenntnisse hatte. Nach zehn Tagen brachte man uns nach Kirchschlag in der buckligen Welt in Niederösterreich. In einem privaten Gasthaus haben wir auf 20 Quadratmeter gewohnt. Das Essen war sehr gut, weil eine Fleischhauerei angeschlossen war und sich unsere Quartiergeber wirklich bemüht haben. bwd Wie sind Sie dann zu Ihrem Ausbildungsplatz gekommen? Bela Ich habe schnell Deutsch gelernt und den polytechnischen Lehrgang besucht. Danach wollte ich eigentlich Koch oder Kellner werden, meine Sprachkennnisse waren damals dafür aber noch zu schlecht. Beim Spazierengehen fiel mir eine tolle Fassadengestaltung auf. Da habe ich mir gedacht, das möchte ich auch können. Ich bekam dann 1998 glücklicherweise einen Lehrplatz als Maler- und Bodenleger bei der Firma Wieser in Kirchschlag. In der Berufsschule hat es mir übrigens immer sehr gut gefallen und man hat mich dort ebenfalls sehr gefördert. Ich habe mehrere Auszeichnungen erhalten und durfte die LBS Lilienfeld sogar bei einem nationalen Schachturnier vertreten. bwd Sie haben die Maler- und Bodenlegermeisterprüfung abgelegt. Wie ging es danach weiter? Bela Von 1992 bis 1995 war ich bei der Firma Brumec in Wien als Verkäufer und Baustellenleiter beschäftigt. Dort habe ich sehr viel gelernt. Als nächstes hat man mir den Posten als Geschäftsführer mehrerer Firmen angeboten. Die Firmen hatten alle über 30 Mitarbeiter und das war mir mit 21 Jahren doch eine Schuhnummer zu groß. Dann dachte ich mir, dass ich Verantwortung, wenn schon, auch als Selbständiger, übernehmen kann und habe mein Unternehmen gegründet. bwd Wie hat sich Ihr Betrieb entwickelt? Bela Ich habe ganz klein als Ein-Mann-Betrieb in einem Zehn-Quadratmeter-Büro angefangen. Bereits nach drei Monaten stellte ich zwei Mitarbeiter an, weil sich die Auftragslage rasch gut entwickelte. Wir sind dann kontinuierlich gewachsen, im Umsatz und beim Personal. 2002 habe ich den jetzigen Firmensitz mit insgesamt 530 Quadratmetern Fläche gebaut. Noch reicht der Platz, aber wer weiß: Vielleicht werde ich noch eine Halle auf dem Nachbargrundstück errichten, welches wir kürzlich erworben haben. bwd Worin liegt der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit und worauf führen Sie Ihren Erfolg zurück? Bela Wir machen von der Malerei bis zum Boden alles. Wir sind sowohl in unserer Umgebung, als auch in Graz oder Wien tätig, wo wir viele Hotelrenovierungen durchführen. Wir betreuen beispielsweise aber auch für eine Fertighausfirma an die 70 Objekte pro Jahr. Ein Teil meines Erfolges besteht aus Gegengeschäften. Immer wenn ich etwas Größeres anschaffe, bitte ich vor dem Abschluss meinen Partner um ein Gegengeschäft. Dies funktioniert immer und bringt für beide Seiten Vorteile. Ich habe daher meist ein Auftragspolster für sechs bis sieben Monate. bwd Haben Sie jemals eine Diskriminierung erlebt? Bela Da müsste ich lange nachdenken, ich kann mich an keine erinnern. In der Schule wurde ich gehänselt, wie alle anderen Kinder auch, aber nie wegen meines Status. Heute bin ich sicher ein geschätztes Mitglied der Gesellschaft und ich bemühe mich, dieses Privileg durch z. B. Sponsoring der Feuerwehren oder der örtlichen Sportvereine ein wenig zurückzugeben. bwd Wo sehen Sie Probleme in Österreich oder in der Branche? Bela Ich äußere mich nie politisch, weil ich neutral bleiben will. In der Branche gäbe es aber einiges zu verbessern, so finde ich das Subunternehmertum sehr problematisch. Auch viele ausländische Scheinfirmen machen allen ehrlichen Unternehmen das Leben schwer. Ich bin schon mehrmals gefragt worden, warum ich nur mit Österreichern arbeite und keine ungarischen Subunternehmer beschäftige. Ganz einfach: Ich will ruhig schlafen und keine Grauzonen ausnutzen. bwd Sie sind schon seit langem österreichischer Staatsbürger. Was sagen Sie zur derzeitigen Flüchtlingssituation? Bela Dazu will ich mich ebenfalls nicht äußern, weil ich ja auch ein Betroffener war. Ich bin während meines Dienstes beim Bundesheer auch im Grenzsicherungseinsatz gestanden und habe dabei einige Flüchtlinge aufgegriffen. Das war schon ein sehr merkwürdiges Gefühl für mich, weil ich die Angst dieser Leute sehr genau nachvollziehen konnte. bwd Sie haben eine Familie mit drei Kindern. Womit entspannen Sie sich in Ihrer Freizeit? Bela Ich reise gerne mit der Familie. Dann steh’ ich auf Paragleiten und weil ich auch sehr gerne am Meer bin, versuche ich mich gerade am Küstenpatent. Mit zunehmenden Alter sollte man die Arbeitsleistung ein wenig zurücknehmen und das Leben nicht vergessen. bwd Stichwort Zukunft: Was haben Sie beruflich noch vor? Bela Ich hatte schon einmal 28 Mitarbeiter, es ist aber unter dem Strich außer viel mehr Arbeit und Risiko nicht mehr Geld übrig geblieben. Ich wollte auch Meister einstellen, die mich entlasten, aber die wollten sich nicht auf die Gewinnbeteiligung einlassen.Ich habe daher wieder verkleinert und werde diesen Weg im Sinne von Qualität statt Quantität weiter gehen. Ich möchte mein Niveau festigen und absichern. Nur Wachstum ist kein Ziel für mich, Stabilität ist mir wichtiger. Ich glaube, im zunehmenden Alter verschieben sich einfach die Prioritäten. bwd Dann wünschen wir für die Zukunft alles Gute und bedanken uns für das Gespräch. Mit Bela Böszörmenyi sprach bwd-Redakteur Thomas Mayrhofer.