Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit und Haftzugfestigkeit Welcher Kleber ist der richtige?

Um bei der Messung der Oberflächenzugfestigkeit einen möglichst genauen Wert zu erzielen, kommt es unter anderem auf den eingesetzten Klebstoff an. Was zu beachten ist und welche neuen Richtwerte es gibt, steht im neuen BEB-Hinweisblatt.Auf dem Sachverständigentreffen in Schweinfurt im November 2017 stellte Dipl.-Ing Egbert Müller vom Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) den Teilnehmern das überarbeitete Hinweisblatt des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) zum Thema „Messung der Oberflächenzugfestigkeit und Haftzugfestigkeit“ vor, welches das IBF in Zusammenarbeit mit verschiedenen BEB-Arbeitskreisen erstellt und gemeinsam mit der Bundesfachgruppe Estrich und Belag im Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) herausgegeben hat. Dieses beinhaltet unter anderem aktuelle Untersuchungsergebnisse zum Einsatz von PMMA- und PUR-Klebstoffen bei der Messung der Oberflächenzugfestigkeit. Wir haben im Folgenden die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Um Klarheit bei den Begriffen zu schaffen, grenzte Müller zu Beginn des Vortrages die Oberflächenzugfestigkeit von der Haftzugfestigkeit ab. „Bei der Oberflächenzugfestigkeit handelt es sich um einen Kennwert für die Zugfestigkeit einer Fußbodenoberfläche“, sagt Müller. Möchte man hingegen wissen, wie mindestens zwei Schichten eines Fußbodenaufbaus untereinander haften, zum Beispiel Verbundestrich und Spachtelmasse, so wird die Haftzugfestigkeit gemessen. 1Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit Die Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit ist in den meisten Fällen keine Regelprüfung. Das heißt, der Bodenleger muss diese nicht standardmäßig prüfen. Als gewerkübliche Prüfung nutzt er normalerweise die Ritz- beziehungsweise Gitterprüfung oder gegebenenfalls die Hammerschlagprüfung. Ausnahmen sind laut DIN 18560-3 (03.2006) jedoch die Kunstharzestriche. Dort ist eine Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit zwingend erforderlich, da der Untergrund bestimmte Werte aufweisen muss. Notwendige Werte der Oberflächenzugfestigkeit können auch von Produktherstellern vorgegeben werden. Daneben gibt es noch die Fälle, in denen eine Prüfung nach besonderer Vereinbarung erforderlich ist, wenn die Ritz- oder Gitterritzprüfung zum Beispiel kein eindeutiges Ergebnis liefert oder dieses zweifelhaft ist. Prüfzeitpunkt beachtenBei der Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit ist laut Müller vor allem der Prüfzeitpunkt entscheidend. So gilt bei zementgebundenem Untergrund, Zementestrich oder Beton, dass der zu prüfende Fußboden die Nennfestigkeit erreicht haben muss. Bei feuchteempfindlichen Estrichen, wie Calciumsulfat-Estrich, Calciumsulfat-Fließestrich und Magnesium-Estrich, muss die Belegreife für Bodenbeläge erreicht sein. „Ich will ja schließlich wissen, ob mein Bodenbelag auf dem Untergrund wirklich ausreichend fest haften kann“, sagt Müller.Maßgeblich für die Prüfung ist auch, ob der Handwerker den Untergrund wie vertraglich oder planmäßig vereinbart vorbereitet hat. So muss zum Beispiel geklärt werden, ob die Oberfläche angeschliffen, abgeschliffen oder durch Kugelstrahlen behandelt wurde. Daneben sollte die Prüffläche mit einem Industriestaubsauger abgesaugt werden sowie ausreichend trocken sein. Für die exakte Messung der Oberflächenzugfestigkeit werden Prüfstempel auf die Oberfläche aufgeklebt. Dabei sei es in der Regel nicht nötig, eine Nut einzuschneiden (Estriche Festigkeitsklasse < C50/Beton Festigkeitsklasse < C30/37). Wichtig ist jedoch, dass die Bruchbilder nicht „ausfransen“, da sonst eine nichtdefinierbare Prüffläche entsteht. Sollte die Ausbruchstelle überstehen, muss die Prüfung in einem zweiten Schritt wiederholt werden, gegebenenfalls auch mit Einschneiden einer Nut. 2Prüfung der Haftzugfestigkeit Bei der Prüfung der Haftzugfestigkeit handelt es sich ebenfalls nicht um eine Regelprüfung. Häufig wird diese nur im Zweifelsfall und nach besonderer Vereinbarung gemessen, zum Beispiel bei Hohlstellen in Verbundestrichen, Ablösungen von Spachtelmassen, Holzbelägen oder Fliesenbelägen und im Falle von Blasenbildungen bei Reaktionsharzbeschichtungen. Auf der anderen Seite kann der Handwerker die Prüfung auch als Eignungsprüfung beziehungsweise Systemprüfung durchführen, um zum Beispiel die Eignung eines Untergrundes und/oder einer Untergrundvorbereitungsmaßnahme mit dem vorgesehenen Belagsaufbau unmittelbar im System zu testen. Prüfzeitpunkt für die Haftzugfestigkeit ist nach Verlegung des Fußbodenaufbaus. Dabei sollte der Verbundestrich die entsprechende Nennfestigkeit erreicht haben, die Spachtelmasse die Belegreife und die Reaktionsharzbeschichtung die geforderte Aushärtung. „Wichtig ist, nicht zu früh zu prüfen“, sagt Müller. Auch hier sollte die Prüffläche sauber und abgesaugt sowie ausreichend trocken sein. Zur Prüfung der Haftzugfestigkeit wird eine Nut bis maximal fünf Millimeter in die zu prüfende untere Schicht eingeschnitten. Laut Müller sind die quadratischen Prüfstempel mit 5 x 5 Zentimetern den runden Stempeln mit einem Durchmessen von fünf Zentimetern vorzuziehen. Die Prüfung selber erfolgt mit einem elektrisch getriebenen Prüfgerät. Die Prüfgeschwindigkeit, mit der die Prüfstempel abgezogen werden sollen, liegt bei 0,05 ± 0,01 N/mm2s. Handkurbelgeräte weisen demgegenüber eine größere Ungenauigkeit auf, da diese die Prüfgeschwindigkeit nicht genau einhalten können. „Die Ungenauigkeit zwischen einem elektrisch getriebenen Prüfgerät und einem Handkurbelgerät beträgt ungefähr 0,2 bis 0,3 Newton/mm2“, sagt Müller. 3prüftechnisch kritsche untergründe Zu den prüftechnisch kritischen Untergründen zählen vor allem glatte Untergründe. Dazu gehören geglättete Estriche, wie Hartstoff-Estriche, geschliffene Estriche, wie Terrazzo, und Beschichtungen. Bei diesen Untergründen kann es laut Müller passieren, dass der Klebstoff nicht richtig am Untergrund hält. Beim Abziehen des Prüfstempels erfolgt der Bruch dementsprechend nicht in der unteren Estrichschicht, sondern zwischen Untergrund und Klebstoff. Sind die Prüfwerte kleiner als die erforderlichen Werte, ist das Prüfergebnis zu verwerfen. Zu raue Untergründe, wie gefräste Betonbodenplatten, gelten ebenfalls als prüftechnisch kritische Untergründe. Vor allem bei PMMA-Klebstoffen sei Vorsicht geboten, da diese zu geringe Prüfwerte liefern können. „Eine Option könnte sein, die Oberfläche noch einmal planzuschleifen“, sagt Müller. Bei Oberflächen mit Dispersionsgrundierungen, die ebenfalls als prüftechnisch kritisch gelten, können beim Einsatz des PMMA-Klebstoffs Erhärtungsstörungen auftreten. 4Anforderungen an den klebstoff Einmal beim Thema Klebstoff angekommen, ging Müller auch auf die Anforderungen bei der Verklebung ein. Wichtig sei zum einen, dass der Klebstoff die Oberflächenbeschaffenheit des Untergrundes nicht verändern darf. Daneben muss der Prüfstempel vollständig verklebt sein, seitlich neben dem Prüfstempel herausgedrückter Klebstoff muss entfernt werden. Doch welcher Klebstoff ist der richtige? Im BEB-Hinweisblatt „Oberflächenzug- und Haftzugfestigkeit von Fußböden“ aus dem Jahr 2004 ging die Empfehlung des IBF eindeutig hin zum PMMA-Klebstoff, da dieser die Prüfwerte am wenigsten zu beeinflussen scheint. Dies war auf die Ergebnisse aus einer älteren Untersuchungsreihe des Instituts zurückzuführen, bei der die Oberflächenzugfestigkeit bei verschiedenen Untergründen und Klebstoffen gemessen wurde. Bei der Auswertung der damaligen Untersuchungsergebnisse hatte das IBF festgestellt, dass bei PMMA-Klebstoffen in der Regel geringere Prüfwerte als bei PUR- oder EP-Klebstoffen erzielt wurden. Anlässlich der Überarbeitung des Hinweisblattes führte das IBF in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Sachverständige eine neue Vergleichsprüfung zwischen dem PMMA-Klebstoff „Silikal RI/21“ und dem PUR-Klebstoff „MC-Quicksolid“ durch. Im Gegensatz zu den Untersuchungen von vor 20 Jahren konnte das IBF bei der Messung der Oberflächenzugfestigkeit bei Zementestrichen und Calciumsulfat-Fließestrichen mit beiden Klebstoffen praktisch keinen Unterschied mehr feststellen. neue forschungsergebnisseIn einer zweiten Untersuchung wurde bei Betonuntergründen eine gefräste und kugelgestrahlte Oberfläche mit einer glatten und angeschliffenen Oberfläche verglichen. Während der PMMA-Klebstoff bei der gefrästen Betonoberfläche durchschnittlich deutlich geringere Werte lieferte, sorgte der PUR-Klebstoff bei der glatten Betonoberfläche im Durchschnitt für geringere Werte. Bei rauen, wie zum Beispiel gefrästen Betonoberflächen, macht es laut Müller dementsprechend durchaus Sinn, auf den PUR-Klebstoff auszuweichen, da dieser realistischere Werte liefert. Generell gilt: Zur Bewertung des erzielbaren Haftverbundes müssen neben der Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit auch noch weitere Kriterien beachtet werden, zum Beispiel die Sauberkeit, Rauheit oder Saugfähigkeit. Das Gleiche gilt bei der Prüfung der Haftzugfestigkeit, wenn beispielsweise Schwindspannung bei Verbundestrich oder Formänderung bei Holz nicht auszuschließen sind, die das Prüfergebnis beeinflussen können. Anna Rockenfeller anna.rockenfeller@holzmann-medien.de Oberflächenzugfestigkeit von EstrichenDie erreichbaren Werte der Oberflächenzugfestigkeit von Estrichen liegen bei: CT-C25-F4 und CA/CAF-C25-F4: circa 0,7 N/mm2CT-C35-F5 und CA/CAF-C35-F5: circa 0,9 N/mm2CT-C45-F6 und CA/CAF-C45-F7: circa 1,2 N/mm2Die Werte gelten ohne zusätzliche Untergrundvorbereitung. Zur Erreichung der Richtwerte können in vielen Fällen weitergehende Maßnahmen notwendig werden, zum Beispiel weitere Untergrundvorbereitung und/oder Verfestigung. Diese sind vom Planer festzulegen und gesondert zu beauftragen. Diese Werte haben sich geändertIm neuen Hinweisblatt zur Messung von Oberflächenzug- und Haftzugfestigkeit haben sich folgende Anhaltswerte geändert. Oberflächenzugfestigkeit von Estrichen Elastische und textile Bodenbeläge, Keramik und Naturstein: Die Mindestanforderung von ≥ 0,5 N/mm2 bei textilen Belägen, Keramik und Naturstein wurde auf ≥ 0,8 N/mm2 angehoben. Im Bürobereich stieg der Wert von ≥ 0,8 N/mm2 bei textilen Belägen auf ≥ 1,0 N/mm2.Holzfußböden: Keine Änderung. Bei Parkett beträgt der Wert nach wie vor ≥ 1,0 N/mm2 und bei Holzpflaster ≥ 1,2 N/mm2.Reaktionsharzschichten beziehungsweise -estriche: keine Änderung. Die Mindestanforderung beträgt ≥ 1,0 N/mm2.Alle Beläge mit Fahrbeanspruchung und/oder im Außenbereich: Der vorherige Wert von ≥ 1,0 N/mm2 für elastische Beläge im Bürobereich sowie Keramik und Naturstein mit Fahrbeanspruchung wurde auf ≥ 1,5 N/mm2 angehoben. Oberflächenzugfestigkeit von Beton Verbundestriche und Reaktionsharzschichten beziehungsweise -estriche: Keine Änderung. Die Werte liegen ohne Fahrbeanspruchung bei ≥ 1,0 N/mm2 und mit Fahrbeanspruchung bei ≥ 1,5 N/mm2. Dieser Wert gilt auch für Beton unter Magnesiaverbundestrich. Haftzugfestigkeit bei Verbundestrichen Im Innenbereich von Gebäuden ohne thermische Beanspruchung und nach Erreichen der Ausgleichsfeuchte: Ohne Fahrbeanspruchung stieg der Wert von ≥ 0,5 auf ≥ 0,8 N/mm2, mit Fahrbeanspruchung ≥ 0,8 auf ≥ 1,0 N/mm2.Im Außenbereich und thermisch beanspruchten Innenbereichen: Die Mindestanforderung stieg von ≥ 1,0 auf ≥ 1,2 N/mm2. Der Terminus „thermisch beanspruchter Innenbereich“ wurde dabei neu in das Hinweisblatt aufgenommen.