Verlegepraxis Bedenkenanmeldung erhöht die eigene Sicherheit und generiert Zusatzgeschäft Warum vornehme Zurückhaltung fehl am Platze ist

Wer schreibt, der bleibt das sollte bezogen auf die Bedenkenanmeldung jeder Bodenleger wissen. Fachunternehmer Ralf Wollenberg sagt, warum dies nicht nur die eigene Existenz sichert, sondern interessante Zuverdienstmöglichkeiten erschließt.Warum vornehme Zurückhaltung fehl am Platze ist Laut VOB/B, § 4, Nr. 3, hat der Auftragnehmer Bedenken anzumelden, wenn er mit der vorgesehenen Art der Ausführung aus technischer Sicht nicht einverstanden ist. Dies ist gegeben, wenn der vom Bauherrn oder Architekten vorgegebene Aufbau nicht dem Stand der Technik entspricht. Handelt es sich dabei um offensichtliche Fehlplanungen, so hat der Bodenleger darauf schon bei der Abgabe seines Angebots hinzuweisen. Beispiele für fachlich falsche Ausschreibungen sind: Der Auftraggeber verlangt, einen neu eingebrachten, noch zu feuchten Anhydritfließestrich mit einem Vorstrich gegen aufsteigende Feuchtigkeit abzusperren. Ein textiler Belag ohne Stuhlrolleneignung soll im Großraumbüro eingesetzt werden. Der Auftragnehmer ist auch verpflichtet seine Bedenken anzumelden, wenn der Auftraggeber Spachtelmasse, Kleber und Bodenbeläge bereitstellt und diese für die vorgesehene Anwendung nicht geeignet sind. Für den Handwerker bedeutet das: Führt er auch nur Lohnleistungen aus, so muss er doch die vom Bauherrn bereitgestellten Beläge, Fußleisten oder auch Klebstoffe und Spachtelmassen auf Eignung prüfen. Stellt der Bauherr zum Beispiel einen ungeeigneten Teppichboden zur Verfügung, sollte der Bodenleger darauf beharren, dass ihm das dazugehörige technische Merkblatt ausgehändigt wird. Geht daraus hervor, dass der Textilbelag für die beabsichtigte Anwendung nicht geeignet ist, muss der Bodenleger Bedenken anmelden. Wenn der Auftraggeber Grundierung, Spachtelmasse und Kleber bereitstellt, sind die Produkte auf Eignung für den vorgesehenen Einsatzbereich zu überprüfen. Keinesfalls sollte also der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten versuchen, etwa mit PVC-Kleber den Synthesekautschukbelag zu kleben, nur weil der Auftraggeber diesen zu der Baustelle geliefert hat. Leider haben Bodenleger ihre Prüfpflicht schon häufig vernachlässigt. Im blinden Vertrauen darauf, dass der Auftraggeber die richtigen Klebstoffe schon geliefert haben werde, sind diese Produkte verarbeitet worden. Zum Teil waren die Folgen verheerend. Die daraus entstandenen Schäden gingen zu Lasten des Bodenlegers. Der Auftragnehmer muss ebenfalls Bedenken anmelden, wenn die Leistungen der Vorhandwerker so ausgeführt sind, dass er als Boden- oder Parkettleger seine Arbeit nicht technisch sicher erledigen kann. Konkret: Stellt der Boden- oder Parkettleger fest, dass Vorhandwerker/Vornutzer den Unterboden zum Beispiel mit Öl verunreinigt haben, sind Bedenken anzumelden. Das gilt auch, wenn er bei der CM-Messung feststellt, dass der vorgefundene Zementestrich nur eine Dicke von zwei bis drei Zentimeter hat. Der Auftragnehmer für Bodenbelag-/Parkettarbeiten muss Bedenken anmelden, wenn er feststellt, dass die örtlich vorhandenen raumklimatischen Bedingungen nicht normgerecht sind, die vorgefundenen Räume also zu kalt, feucht oder warm sind. Der Handwerker sollte auch nach Bedenkenanmeldung nicht einfach seine Arbeiten aufnehmen bzw. fortsetzen. Will er nicht in Regress genommen werden, muss er die mündliche oder besser! schriftliche Anweisung des Auftraggebers abwarten, wie mit den angemeldeten Bedenken umzugehen ist. Weist der Auftraggeber diese Bedenken zurück, obschon der Bodenleger aufgrund seiner Erfahrung absehen kann, dass es mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an seinem Gewerk kommt, sollte er dringend die Arbeit einstellen und einen Rechtsbeistand einschalten. Immer wieder kommt es im Schadensfall bei Architekten sowie Bauherrn zu einem akuten Gedächtnisschwund. Kann der Verleger dann nicht gerichtssicher beweisen, dass er Bedenken angemeldet hat, trägt er die Kosten. Diese Ausführungen beziehen sich auf die VOB, Teil B, DIN 1961. Diese DIN gilt grundsätzlich für alle Gewerke und ist nicht bodenlegerspezifisch. In der DIN 18365, Punkt 3.1.1 Bodenbelagarbeiten, sind Beispiele dafür genannt, wieso es auf der Baustelle oft nicht passt. Die aufgeführten Punkte dienen als Richtschnur. So heißt es im ersten Satz bei Abschnitt 3.1.1, der Bodenleger habe „insbesondere“ die folgenden Prüfpunkte zu beachten das bedeutet: Er hat auch dann Bedenken anzumelden, wenn ihm auf der Baustelle Tatbestände auffallen, die ebenfalls einen negativen Einfluss auf sein Gewerk haben könnten. So könnte es sein, dass in einem Büro ein Teil als Werkstatt genutzt und mit Gabelstapler sowie Ameisen befahren werden soll obschon der vorgesehene Bodenbelag nicht für solche Beanspruchungen ausgelobt ist. Prüfen ohne Ende natürlich auch die Wände Wird im Zuge eines Umbaus oder einer Umrüstung statt des bisherigen Textilbelags jetzt ein Kunststoffbodenbelag verlegt, ohne dass die Rollen der genutzten Bürostühle gewechselt wurden, hat der Bodenleger auch darauf hinzuweisen. Überhaupt stellt sich die Frage: Was und inwieweit muss der Auftragnehmer prüfen? Antwort: Er muss sämtliche Bauteile prüfen, die von ihm mit Bodenbelag oder Sockelleisten ausgestattet werden. Das gilt nicht nur für den Untergrund, auf dem er seine Beläge aufbringen will. Ebenso hat er die Wandflächen in Augenschein zu nehmen, an denen er seine Sockelleisten montieren will. Die genannten Prüfungen haben mit handwerksüblichen Methoden zu erfolgen. Bei der normalen Baustellenprüfung ist es vom Handwerker nicht gefordert, dass er teure Labor- oder Maschinentechnik einsetzt. Ebenso kann bei einer Unterbodenprüfung von dem Bodenleger nicht verlangt werden, dass zerstörende Maßnahmen vorgenommen werden, um den ganzen Fußbodenaufbau auf Eignung zu prüfen. Eine schriftliche Anfrage an Auftraggeber/Architekt zur normgerechten Feuchtigkeitssperre bei erdreichberührenden Bauteilen macht aber Sinn. Kann dies nicht geklärt werden, etwa weil in einem Altbau Plan-/Ausführungsunterlagen nicht mehr zur Verfügung stehen, sollte der Auftragnehmer unbedingt vorsorglich Bedenken anmelden. Noch besser ist es, wenn er auch gleich Problemlösungen anbietet. Dies könnte bei erdreichberührenden Estrichen und der unzureichenden Abdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit ein Vorstrich sein. Nur bei einer Prüfung nach der CM-Methode muss der Bodenleger bauteilzerstörend arbeiten. Dabei kann er auch gleich feststellen, ob der Estrich, auf dem er sein Gewerk aufbringen soll, ausreichend dick ist. Bodenbelagarbeiten werden in der Sanierung auf Altuntergründen vorgenommen. Sind bei alten Keramik- oder Betonwerksteinplatten in der Ausschreibung nicht weitergehende Reinigungsmaßnahmen aufgeführt, sind unbedingt Bedenken anzumelden auch eine Möglichkeit, einen lukrativen Nachtrag zu schreiben. Genauso ist es mit Unterböden, auf denen alte, nicht definierbare Klebstoffreste haften. Häufig handelt es sich im Altbau um Kunstharz-, Bitumen- oder Linoklebstoffe. Auch hier sollten Bedenken angemeldet werden. In Kooperation mit dem technischen Dienst der jeweiligen Klebstoff- und Spachtelmassenlieferanten ergeben sich in diesem Fall immer wieder Möglichkeiten, über Schleif- oder Fräsarbeiten lukrative Nachträge zu schreiben. Zu den Prüfpflichten des Bodenlegers gehört es auch, die Wandflächen, auf die er Sockelleisten aufbringen will, auf Ebenheit/Feuchtigkeit zu überprüfen. Bei frisch verputzten, tapezierten Wänden hat es eine Unzahl Schäden mit aufgebrachten Hartkernsockelleisten gegeben, weil die Feuchtigkeit aus den Wänden in die Leisten gezogen ist und diese dann gequollen sind. Ohne Anmelden von Bedenken geht der Schaden zu Lasten des Auftragnehmers für die Bodenbelagarbeiten. Grundsätzlich möchten wir an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass die DIN 18365 für alle Bereiche gedacht ist, in denen Bodenbelagarbeiten vorgenommen werden. Die DIN gilt mitnichten nur für Neubauten, sie gilt für alle Bauvorhaben. Das heißt: Die ganze Palette an Prüfungen inklusive der Feuchtigkeitsprüfung des Untergrunds hat auch im Altbau zu erfolgen.Ralf Wollenberg wollenberg@sv-fbt.de Im nächsten Heft lesen Sie im Detail alles über die bechriebenen Prüfpflichten und ihre Durchführung .