netto-Hausmesse in Balsthal Vom Parkett- zum LVT-Land?

Auch 2018 zeigte die Hausmesse der netto Einkaufsgruppe wieder aktuelle Trends in der Schweizer Bodenbelagbranche. Der perfekte Ort für bwd, um mit den Herstellern über den dortigen Markt und die Vorlieben der Kunden zu sprechen.Bereits zum 35. Mal fand die netto-Hausmesse in Balsthal statt. Am 7. und 8. März 2018 präsentierten über 80 Aussteller ihre Neuheiten in der 2.700 Quadratmeter großen örtlichen Tennishalle – darunter Unternehmen wie Bauwerk, Balsan, Desso, Dura, Haro und Quick-Step. Joerg Grieder , Geschäftsführer der netto Einkaufsgruppe AG, zeigte sich zufrieden: Über 350 Personen hatten die Messe an beiden Tagen besucht, davon waren circa 80 Prozent Verbandsmitglieder. Die netto bilanziert unter dem Strich ein positives Jahr 2017. Zwar hätten die Umsätze in Summe etwas unter Vorjahr gelegen, bezogen auf die Menge habe es jedoch Zuwächse gegeben. Das Bodenbelagsvolumen in der Schweiz taxiert Grieder ohne Stein und Keramik auf rund 21 Millionen Quadratmeter. „Anteilsmäßig konnten LVT-Beläge zulegen, Parkett wurde etwas weniger gekauft“, sagt Grieder . Könnte dies etwa bedeuten, dass sich die Schweiz, traditionell ein Parkettland, zum LVT-Land entwickelt? Marcel Lanz, Verkaufsleiter Schweiz bei Haro, kann dies nicht bestätigen. Den leicht rückläufigen Parkettabsatz in der Schweiz führt er nicht auf die wachsende Nachfrage nach LVT-Belägen zurück: „Der Designbelag nimmt vor allem dem Laminat- und Teppichboden Anteile weg“, sagt Lanz. Insgesamt sei der Parkettmarkt in der Schweiz weiterhin gut: „Wir haben hier europaweit betrachtet den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Parkett.“ Allerdings seien verglichen mit anderen Ländern in Europa die Preise für Parkett in der Schweiz inzwischen am niedrigsten. Der starke Wettbewerb bei Parkett sorgt auch im traditionellen Hochpreisland für Preisverfall. Auch Beat Hochstrasser, Leiter Bodenlegergeschäft Bauwerk Schweiz, führt den harten Preiskampf auf den gestiegen Konkurrenzdruck zurück. „Jeder versucht den anderen über den Preis auszustechen und so dreht sich die Spirale nach unten.“ Hochstrasser bleibt trotzdem gelassen: „Bauwerk gewinnt immer noch Marktanteile. Zwar ist Massivparkett bei uns kein Thema, aber die Landhausdiele funktioniert sehr gut.“ Die Frage nach dem Trend beantwortet Hochstrasser klar: „Fischgrät, französisch Fischgrät und Muster sind wieder im Kommen. Es geht in Richtung kleinteiliges Holz.“ Dryback statt Loose LayAber Verlegetrends lassen nicht nur im Schweizer Parkett-, sondern auch im LVT-Segment beobachten. So erkennt Karin Wehrli, Leitung Einkauf und Verkauf bei der Eich Handels AG, hier eine starke Tendenz zu Dryback-Böden: „Ich schätze, dass die Klebevarianten am Schweizer Gesamtmarkt heute 60 bis 70 Prozent ausmachen, der Klick-und-Loose-Lay-Markt ist hier eher gering.“ Für Katharina Haderer, Key-Account Manager Austria/Switzerland bei Quick-Step, lautet das Stichwort im Bereich LVT definitiv Rigid Core: „Im Spätsommer werden wir ein entsprechendes Produkt auf den Markt bringen, das die Komponenten von WPC- und SPC-Böden vereint.“ Die Befürchtung, dass sich durch die einfache Verlegung Nachteile für den Bodenleger ergeben könnten, hat sie nicht: „Es geht bei Rigid Core nicht um den DIY-Aspekt, sondern vor allem darum, dass der Bodenleger beim Verlegen Zeit sparen kann“, betont Haderer. Zuwachs von TeppichfliesenNeben Parkett und LVT kam auch der Teppichboden auf der netto-Hausmesse nicht zu kurz. Anna-Maria Schwendich, Sales Department & Marketing bei Dura, konnte bei den Teppichböden keinen Rückgang beobachten: „Gerade die Wolle wird bei uns super angenommen, weil die Schweizer damit ihre Chalets und Ferienwohnungen ausstatten.“ Fabio Grazia, General Manager Sales & Marketing Schweiz bei Tarkett, sieht die Situation differenzierter: „Wir konnten zwar eine Zunahme bei unseren Teppichfliesen verzeichnen, aber insgesamt hat der Teppichboden auch in der Schweiz immer noch einen schweren Stand.“ Der Ansicht, dass das textile Produkt über kurz oder lang im Land der Eidgenossen bedeutungslos werden könnte, ist er nicht. Es gebe noch immer Auguren, die einen künftigen Teppichbodenhype prognostizieren. Eileen Wesolowski eileen.wesolowski@holzmann-medien.de Es wird eine Marktbereinigung stattfindenbwd Herr Grieder , wie stellt sich die augenblickliche Situation im Schweizer Fachhandel für Bodenbeläge und Raumausstattung dar? Grieder Die Situation ist natürlich geprägt von Veränderung. Die Handelslandschaft wird sich weiter konsolidieren. Das betrifft auch die Einkaufsgruppen. Es wird eine Marktbereinigung geben. bwd Welche Voraussetzungen sind für das Überleben besonders wichtig? Grieder Der Fachhandel wird künftig mehr bieten müssen als lediglich Produkte. Entscheidend wird sein, ob es ihm gelingt, Netzwerke anzubieten, die dem Kunden produktübergreifend vom Fußboden über die Innendekoration, die Beleuchtung bis hin zum Mobiliar einen Mehrwert bieten. Hierbei unterstützen wir unsere Mitglieder. Mit den entsprechenden Netzwerken können sich unsere Mitglieder im Markt besser positionieren. Überlebenswichtig ist selbstverständlich ein qualifizierter Nachwuchs. Das Engagement, das wir als netto in diesen Punkt stecken, unterscheidet uns von anderen Marktteilnehmern. Wir investieren seit Jahren in die Nachwuchswerbung. Mit dem Lehrlingscamp haben wir uns über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung erworben. bwd Aber der Einkauf bleibt doch das Herzstück oder? Grieder Natürlich lebt eine Einkaufsgesellschaft wie die netto AG in erster Linie vom Umsatz und dem Einkaufsvolumen. Aber dass wir darüber hinaus für unsere Mitglieder mehr als bisher maßgeschneiderte Dienstleistungen anbieten, ist essenziell. bwd Nennen Sie uns Beispiele! Grieder Zum Beispiel der IT-Bereich. Wir erleben derzeit bei unseren Mitgliedern einen Generationswechsel. Wir sind gefordert, die Ansprüche und Bedürfnisse der nachrückenden Generation zu bedienen. IT rangiert als Schlüsseltechnologie hier ganz weit oben. Oder nehmen Sie als zweites großes Thema mit Blick auf unser Kernthema Einkauf die Warenbeschaffung. Die Industrie hält doch beispielsweise bei Teppich oder Parkett kaum mehr Lager vor. Die Frage lautet: Wie kann ich genügend Ware zur richtigen Zeit beschaffen? Das läuft heute zum Teil über Vorfinanzierung. Wir müssen beispielsweise mit der Industrie in die Vorleistung gehen, damit das Material gesichert ist. So weit sind wir schon. bwd Stichwort Preise. Befindet sich die Schweiz hier noch immer in einer Komfortzone? Grieder Das würde ich so pauschal nicht mehr sagen. Was den Preis anbelangt, sind wir schon aus dieser Zone gefallen. LVTs oder Parkett kaufen wir zum Teil beim Hersteller in Deutschland teurer ein, als beim Händler in der Schweiz. Alle reden ständig von teuer verkaufen, aber keiner legt den Hebel um. Die Frage ist, wie kommen wir aus dieser Spirale jemals wieder raus. Wärend „Geiz ist geil“ in Deutschland am Abklingen ist, ist es in der Schweiz gerade en vogue.Stefan Heinze