Porträt: Parkettlegermeister Werner Schulz aus Dömitz Vereinter deutscher Boden(belag)

Der Parkettlegermeister Werner Schulz begeht im kommenden Jahr seine 40-jährige Selbstständigkeit, die bereits in der ­ehemaligen DDR begann. Mit dem Mauerfall 1989 ergaben sich zahlreiche neue Chancen und Geschäfte – aber auch Risiken.

  • Bild 1 von 3
    © Pitt
    Organisationstalent: Werner Schulz dirigiert von seinem Schreibtisch aus die Arbeiten.
  • Bild 2 von 3
    © Pitt
    Ein Stück DDR: 1982 erwarb Schulz den Parkettleger-Meisterbrief.
  • Bild 3 von 3
    © Pitt
    Großer Umkreis: Von Dömitz aus werden Baustellen in Hamburg, Lüneburg und sogar Bremen sowie Braunschweig angefahren.

Das Parkettlegen war  Schulz nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Er stammt aus einem Landwirtschaftsbetrieb in Brandenburg und kam auf beruflichen Umwegen nach Schwerin in eine ehemalige Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH), wo er 1975 den Umgang mit Fußbodenbelägen erlernte.

Nachdem Bemühungen, am IHD in Dresden Holztechnik zu studieren, gescheitert waren, machte sich Schulz im mecklenburg-vorpommernschen Dömitz selbständig und gründete seinen Betrieb genau an jenem Standort, an dem er heute noch besteht. Von hier aus verlegte man Fußböden im regionalen Umfeld, aber oftmals auch in der DDR-Hauptstadt Ost-Berlin. Schulz war zu jener Zeit der einzige selbständige Parketthandwerker in Mecklenburg-Vorpommern und legte 1982 in Schwerin seine Meisterprüfung ab. Der Standort Dömitz litt zwar immer noch darunter, dass sich die Stadt wegen der exponierten Lage an der ehemaligen innerdeutschen Grenze in einem ehemaligen Sperrbezirk befand, die Geschäfte mit Parkettfußböden entwickelten sich aber den Umständen entsprechend gut. „Wir kauften zu der Zeit für unseren Jahresbedarf ganze Lastwagenladungen aus dem Parkettwerk in Wittenhagen, dem ehemals größten Produktionsbetrieb der DDR. Ähnliche Kontingente erwarben wir an Spachtelmassen, Klebstoffen und Versiegelungen, um sie mit unserem eigenen Firmen-LKW auch bei benachbarten Betrieben in der Region zu verteilen. Vieles musste improvisiert werden und Tauschgeschäfte waren dementsprechend die Regel – an ein richtiges Vorankommen war allerdings kaum zu denken“, betont Schulz. „1988 war ich so weit, dass ich die DDR gen Westdeutschland verlassen wollte.“

Neue Möglichkeiten

Kurze Zeit später öffneten sich die Grenzen und es ergaben sich im vereinten Land ungeahnte Möglichkeiten, wenn auch der Standort in Dömitz wegen seiner Lage weiterhin zu leiden hatte. Von ehemals circa 5.000 Einwohnern um 1990 sind heute nur noch knapp 3.000 geblieben. „Leider waren wir darauf nicht vorbereitet und haben aus Unerfahrenheit nicht immer alles richtig gemacht“, erinnert sich der Parkettlegermeister an schwere Zeiten, in denen er sich auch als Amtsvorsteher  der Stadt und in örtlichen Zweckverbänden kommunal engagierte.

Heute gehört zu seinem Geschäft in Dömitz, in dem neben Bodenbelägen aller Art auch Raumausstattungsarbeiten angeboten werden, eine weitere Filiale in dem etwa 20 Kilometer entfernten Dannenberg auf der niedersächsischen Seite der Elbe. Haupteinzugsgebiet ist der Hamburger und der prosperierende Lüneburger Raum, obwohl auch hin und wieder größere Baustellen in weiteren Entfernungen wie  Bremerhaven, Bremen oder Braunschweig ausgeführt werden. Überhaupt hat sich Schulz vermehrt auf Objekte konzen­triert: Vor kurzem erst abgeschlossen ist ein 12.000-Quadratmeter-Auftrag in der Hamburger Hafencity. Dort wurde in der Universität für Baukunst und Metropolentwicklung (HCU) Lino­leumboden im Auftrag der Hansestadt verlegt und alles perfekt zur Zufriedenheit der Architekten abgewickelt. „Das Objektgeschäft muss man kennen. Um zurechtzukommen, muss man das Management der Zusatzangebote und Nachträge beherrschen. Dazu muss man allerdings täglich vor Ort sein“, weiß Schulz. „Ich bin neben meiner Arbeit des Organisierens und Angeboteschreibens auf den Baustellen gefordert, um Einweisungen vorzunehmen, gelegentlich zu helfen oder etwa fehlende Nähte zu verschweißen. Dabei sieht man, ob die Abläufe so vonstattengehen können, wie sie ursprünglich kalkuliert sind, oder ob Bedenkenanmeldungen notwendig werden“, beschreibt der Unternehmer seine Tätigkeiten. Er arbeitet aktuell mit sechs Mitarbeitern zusammen, je drei aus Kroatien und drei aus Ungarn. Das funktioniert sehr gut, zumal das handwerkliche Können mittlerweile vorhanden ist. Häufig werden Wochenenden dazu genutzt, Arbeitstechniken einzuüben. Sprachliche Schwierigkeiten werden in der Regel durch die Deutschkenntnisse der Vorarbeiter aufgefangen. Schulz vernachlässigt  allerdings auch nicht das private Auftragsgeschäft: „Dort sind wir in unserer Region nach wie vor eine feste Größe“, so Schulz. Um finanziellen Ausfällen vorzubeugen, verfolgt der Unternehmer ein eigenes Prinzip – er fordert schon vor Arbeitsbeginn den Materialendverbraucherpreis als Sicherheit. Damit ist das Verlustrisiko weitgehend abgedeckt. Zur Abnahme erscheint er schließlich persönlich mit Blumenstrauß und Pflegemittel und beugt auf diese Weise späteren  Auseinandersetzungen um die Qualität der Arbeit sowie ausbleibenden Zahlungen auf elegante Weise vor.

Viele Jüngere sind weg

Bedauerlich findet Schulz allerdings die Ausbildungssituation. „Hier in Dömitz findet man niemanden, der Parkett- oder Bodenleger werden will. Viele junge Leute sind fortgegangen in andere Regionen, wo mehr Geld verdient werden kann“, bedauert der 64-Jährige. Dabei hat er sich gerade in der Ausbildung immer wieder stark engagiert. Vor Jahren, als ein kommunaler Bildungsträger  die Ausbildung junger Leute zu fördern begann, hatte er sich als Lehrkraft angeboten und sein Wissen in Theorie und Praxis zur Verfügung gestellt – 17 junge Menschen hatten damals unter seiner Anleitung einen Berufs­abschluss als Bodenleger erreicht. „Alle meine Kandidaten haben die Prüfungen bestanden“, sagt der Parkettlegermeister stolz, „und viele von ihnen sind diesem Beruf treu geblieben.“ Organisiert ist Schulz in der Innung Lüneburg/Stade. Er wünscht sich bisweilen etwas mehr Engagement und vor allem mehr Mitglieder, um die Dinge seines Berufsstandes voranzubringen – alleine ließe sich nichts erreichen.

2017 begeht der dann 65-Jährige das 40-jährige Jubiläum seines Betriebes. Ob und wie er dann weitermacht, steht noch in den Sternen. Allerdings ist ein kompletter Rückzug in den sicher wohlverdienten Ruhestand wohl kaum vorstellbar.