vdp-Vorsitzender Schmid: "Die Preise galoppieren davon!"

Die weltweit gestiegene Nachfrage nach heimischem Fichtenholz geht auch an den deutschen Parkettherstellern nicht spurlos vorüber: Während die Auftragsbücher so voll sind wie schon lange nicht mehr, fehlt es am Trägermaterial für Mehrschichtparkett, sagt Michael Schmid, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Parkettindustrie (vdp) und Geschäftsführer der Parkettfabrik Jakob Schmid Söhne GmbH.

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Michael Schmid ist Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Parkettindustrie (vdp) und Geschäftsführer der Parkettfabrik Jakob Schmid Söhne GmbH. - © Jaso

bwd Herr Schmid, wie geht es den deutschen Parkettherstellern in der momentanen Situation?
S chmid: Wie berichtet hat sich bei den vdp-Mitgliedsbetrieben der Absatz durchaus positiv entwickelt. In meinem Betrieb liegen die Auftragseingänge in den ersten vier Monaten dieses Jahres schon um 25 Prozent über dem Vorjahreszeitraum, und das letzte Jahr war ja auch schon bombastisch! Dass wir branchenweit ein Gesamtwachstum von zehn Prozent verzeichnen würden – damit hat keiner gerechnet!

bwd Derzeit ist Holz als Baustoff äußerst knapp. Wie sehr sind die Parketthersteller davon betroffen?
S chmid: Sorge bereitet uns vor allem die Preisentwicklung bei Fichtenholz, das bei Mehrschicht-Parkett als Träger zum Einsatz kommt. Hier findet derzeit eine Preistreiberei statt, die wir so noch nicht gesehen haben. Betroffen davon sind nicht nur Kon­struktions- und Lattenhölzer, sondern zunehmend auch die hochwertigeren Qualitäten. Die Preise für die nach wie vor hoch im Kurs stehende Eiche sind bislang zwar noch einigermaßen stabil, doch zeichnet sich auch hier bereits eine Preissteigerung ab. So extrem wie derzeit war es noch nie!

bwd Wie kommt es zu solch einer Entwicklung?
S chmid: An Holz mangelt es jedenfalls nicht, eher im Gegenteil: Wir haben ein Überangebot. Das ist das Werk von Borkenkäfer und langanhaltender Trockenheit . Dieses Überangebot trifft auf eine massiv gestiegene Nachfrage aus China und den USA. Diese Länder haben die Corona-Krise zum jetzigen Zeitpunkt schon so gut wie überstanden und sind derzeit in einem wahnsinnigen Bau-Boom. Als Folge davon kaufen sie die Weltmärkte leer. Die USA, die wegen eines Handels- und Zollstreits mit Kanada von dort derzeit wenig bis kein Baumaterial geliefert bekommen, importieren plötzlich massenweise Holz aus Europa und sind bereit, dafür nahezu jeden Preis zu zahlen.

bwd Wer profitiert davon?
S chmid: Vor allem diejenigen Sägewerke, die Fichtenholz verarbeiten. Sie werden angesichts dieser Entwicklung mit unmoralischen Angeboten geradezu überhäuft. Für meinen Betrieb bekomme ich zwar im Moment noch genug Fichtenholz, muss dafür aber auch mehr bezahlen: Eine erste Erhöhung um zwölf Prozent gab es vor einigen Wochen, Anfang Mai kam eine weitere Erhöhung auf meinen Tisch geflattert. Diesmal sind es 20 Prozent! In Österreich stehen die Parketthersteller vor einer fast noch größeren Herausforderung, denn dort ist Fichtenholz um 30 bis 50 Prozent im Preis gestiegen! Hier wie dort werden viele Hersteller nicht umhinkommen, ihre Preise zu erhöhen...

bwd ...und damit auch ihre Ertragslage zu verbessern?
S chmid: Das wird sich erst zeigen. Aber: Die Preise im Einkauf galoppieren schneller, als es im Verkauf darstellbar ist. Viele Hersteller werden nun die unmittelbare Verteuerung wenigstens zu einem gewissen Teil weitergeben. Die Erhöhung bei den Lieferanten ist aber dermaßen hoch, dass sie nicht zusätzlich noch eine weitere Schippe drauf­legen können. Schließlich geht es auch darum, den Marktanteil von Parkett stabil zu halten. Er liegt derzeit bei sieben bis acht Prozent und würde durch eine zu starke Verteuerung womöglich sinken.

bwd Wobei die Hersteller elastischer und synthetischer Böden ja auch über knappe und damit teure Rohstoffe klagen...
S chmid: Auch hier ist eine große Verteuerung im Spiel, auch Parkettkleber sind davon betroffen. Die Inflation kommt momentan auf uns zugaloppiert wie ein apokalyptischer Reiter! Für den einen oder anderen Bauherren bedeutet das alles eine gewisse Tragik, denn er zahlt am Ende einen Teil der Zeche. Der andere Teil bleibt womöglich am Handwerker hängen – zumindest dann, wenn sein Angebot keine Preis­anpassungs-Klausel enthält.

bwd Besteht die Gefahr eines totalen Stillstands?
S chmid: Momentan sehe ich das nicht. Natürlich fehlt es entlang der gesamten Wertschöpfungskette an Planungs­sicherheit, auch bei der Angebotskalkulation. Im Moment schaffen es die Hersteller aber, lieferfähig zu bleiben und die große Nachfrage zu bedienen. Aber auch ich kann im Moment nur meine Stammkundschaft zuverlässig bedienen. Jetzt zahlen sich langjährige Geschäftsbeziehungen aus, in denen die Partner vertrauensvoll und fair miteinander umgegangen sind.

bwd Was ist die Herausforderung für die Zukunft?
S chmid: Wir sollten die Krise als Chance begreifen und daraus lernen. Um den aus dem Tritt geratenen Welthandel wird sich die Politik kümmern müssen, wir Holzverarbeiter sollten uns mit dem Klimawandel und seinen Folgen befassen. Erste Schritte in die Richtung sind gemacht: Derzeit werden im Schwarzwald Testwälder mit verschiedenen Baumarten angelegt, um herauszufinden, für welche Hölzer unsere veränderten Klimabedingungen optimal sind. Um weiterhin Parkett aus regionaler und nachhaltiger Forstwirtschaft verabeiten zu können, müssen wir für neue Holzarten offen sein.

bwd Vielen Dank für das Gespräch.