Delaminierung von Deckschichten bei Mehrschichtparkett Thema ist noch nicht vom Tisch

Delaminierungen von Deckschichten bei Mehrschichtparkett schienen unter Kontrolle zu sein. Doch neue Schäden in teilweise großem Umfang widersprechen dieser Einschätzung. Wilhelm Nürnberger, Vorsitzender der Fachgruppe Holz, berichtet.Der Sachverständige des Parkettlegerhandwerks Wilhelm Nürnberger erinnerte im Rahmen der ZVPF-Herbsttagung 2017 in Pirmasens zunächst in einem kurzen Rückblick an die "beispiellose Erfolgsgeschichte von Parkett“. Die Absatzzahlen sind seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts stetig nach oben gegangen. Gerade die Entwicklung von Parkettversiegelungen mit der Folge, dass die Pflege gegenüber geölten und gewachsten Böden vereinfacht wurde, sorgte für einen Nachfrageschub und ein sehr positives Image der Holzfußböden. Auftretenden technischen Problemen durch Kantenverleimungen und Abrissfugen begegnete man mit Ölkunstharzsiegeln sowie Grundierungen. Dem generellen Problem von Fugen bei massivem Parkett – verstärkt durch die Zunahme von Fußbodenheizungen – wirkte man mit der Entwicklung abgesperrter Produkte entgegen. Sie setzten ihrerseits einen wahren Siegeszug von Parkett in Gang. Der in den 90er Jahren aufkommende Trend zu Zweischicht-Produkten wurde vom Handwerk sehr begrüßt und in der Folge mit viel Engagement unterstützt, weil die circa zehn Millimeter starken Dielen in der Altbaurenovierung keine Höhenprobleme verursachten, mit ihrem geringen Wärmedurchlasswiderstand optional auf Fußbodenheizungen funktionierten und mit allen technischen Konsequenzen für die Untergrundvorbereitung zu verkleben waren. Neben der Verbandverlegung konnten wieder klassische Muster wie Würfel oder Fischgrät auf den Boden gebracht werden. Falscher Leim als AuslöserFür die konkurrierenden Dreischichtschiffsböden aus dem Baumarkt wurde mit diesen Produkten, die ausschließlich in die Hand des Fachmannes gehörten, ein wirksames Gegengewicht geschaffen. Das Wort Delaminierung gehörte bis dato nicht zum Wortschatz der Parkettleger. Die Produkte wurden immer weiter optimiert und die Verlegeeinheiten zunehmend größer, bis sie gar die Optik von Landhausdielen übernahmen. Der Anteil von Mehrschichtparkett stieg bis auf etwa 80 Prozent an. Alles schien gut, bis ein Paukenschlag für Unruhe in der Branche sorgte. Ein Leimhersteller hatte einer nicht kleinen Zahl von Zweischichtparkett-Produzenten, darunter viele Markenanbieter, einen nicht alterungsbeständigen Leim für die industrielle Verbindung von Nutzschicht und Trägerplatte geliefert – mit unübersehbaren Folgen für die gesamte Branche. Vor allem nach dem ersten Abschleifen und Neuversiegeln beziehungsweise in der darauf folgenden Heizperiode – verstärkt durch eine eingeschaltete Fußbodenheizung mit ihren raumklimatischen Belastungen und eine Kantenverleimung durch die Versiegelung selbst – kamen die mit dem nichtalterungsbeständigen Leim verbundenen Vorschädigungen an den Tag. Die Decklamellen lösten sich oft erst nach vielen Jahren, Reparaturen waren in der Regel nicht möglich. Es half zumeist nur eine Totalsanierung. Gewährleistung war vorbeiDas Hauptproblem bestand laut Nürnberger darin, dass der Lieferant des Leimes, der Parketthersteller ebenso wie der Händler oder gar der Handwerker längst nicht mehr in der Gewährleistung waren. Während die Ersteren aber weit von den Kunden entfernt sind, stehe der Handwerksbetrieb aufgrund seiner regionalen Verbundenheit weiterhin in unmittelbarem Kontakt mit seinem Kunden. "Gerade für alteingesessene Betriebe mit ihren langjährigen Stammkunden und Geschäftsbeziehungen, die nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft gerichtet sind, ein unhaltbarer Zustand“, sagte Wilhelm Nürnberger. Die Folge: Ein Vertrauensverlust, nicht nur dem Handwerksunternehmer gegenüber, sondern auch in Bezug auf das Produkt Parkett ganz allgemein."„Der Imageschaden für unser Handwerk und dieses Produkt ist kaum in Zahlen auszudrücken.“ Schließlich ziele die Werbung für Parkett auf die bis zu zweimalige Renovierbarkeit sowie eine 30- bis 40-jährige Lebensdauer ab und plötzlich sei der Parkettboden bereits nach wenigen Jahren völlig wertlos und müsste herausgerissen werden. "Die Sache mit den Delaminierungen ist nicht ausgestanden“, so Nürnberger, da das Leimversagen noch nicht überall offen zutage getreten sei: "Weitere Schäden sind zu erwarten, deren Ausmaß im Moment noch völlig unbekannt ist.“ Aber nicht nur die Schäden, die ihre Ursache in der Vergangenheit hätten, bedrohten das Image des Parketts. Der Sachverständige berichtete über mehrere aktuelle Fälle, die ihre Ursache genau in den gleichen Verleimungsschwächen hätten, weil sie aus Produktionen um die Jahrtausendwende entstanden waren. Nürnberger erwähnte, dass in jüngster Zeit neue Schäden in teilweise erheblichem Umfang mit Decklagen-Delaminierungen aufgetreten seien, teilweise in Objekten von mehreren tausend Quadratmetern. Weitere Schäden absehbarDiese stünden zwar nicht mit den Schäden aus der Zeit der Jahrtausendwende in Zusammenhang, nagten aber nicht minder am Image des Parketts und aller seiner Protagonisten. Nicht nur er, sondern eine Reihe von Sachverständigenkollegen hätten ähnliche Erfahrungen gemacht (bwd berichtet in den nächsten Ausgaben). Laut Nürnberger werden die Ablösungen oftmals durch Luftfeuchteschwankungen und hierdurch entstehenden Quelldruck hervorgerufen oder durch mechanische Gehbelastung ausgelöst. Es seien ebenfalls Schäden mit Aufspaltungen in der HDF/MDF-Trägerschicht aufgetreten oder mit Loslösungen innerhalb von Sperrholz- oder Multiplexplatten. Oftmals seien Trägerplatten von schlechter Qualität oder verfahrenstechnische Fehler wie geringe Leim- bzw. Klebstoffaufträge ursächlich, wie kürzlich ein bekanntes Institut einem Produkt asiatischer Herkunft nach der Untersuchung bescheinigte. Es sei unwahrscheinlich, dass von solchen fehlerhaften Chargen nur geringe Mengen im Umlauf seien, befürchtet Nürnberger und forderte Konsequenzen aus den Schäden. Aufgrund dieser Problematik wurden in der jüngsten Vergangenheit wissenschaftliche Untersuchungs- und Forschungsprojekte, die sich eingehend mit möglichen Prüfungen der Verleimungsfestigkeit im praktischen Handwerksgebrauch und auch in der Qualitätsprüfung innerhalb der Fertigung beschäftigten, initiiert: Das Projekt des WKI-Instituts (unterstützt vom projektbegleitenden Ausschuss, dem auch die Fachgruppe Holz im ZVPF angehört),das Cornetprojekt (IHD, HFA, FEP),Untersuchungen des Parkettlegermeisters Prof. Andreas Rapp.Aus diesen Prüfungen und Untersuchungen heraus gelte es jetzt, allgemeingültige Verfahren zu finden, die künftig sicherstellten, dass die aufgetretenen Schäden bereits im Vorfeld der Verlegung weitestgehend verhindert würden. Die Branche erwarte, dass speziell bei Mehrschichtparkett nur bewährte und erprobte Produktionsmethoden, Materialien und Hilfsstoffe verwendet werden. Es sei der Wunsch der etablierten Parkettlegebetriebe, dass die Hersteller Testverfahren durchführen, die eine 30- bis 40-jährige Lebensdauer (wird in der Sperrholzproduktion für Innenräume durch Wassereinlagerung angewandt) des Parketts simulierten. Diese Tests sollten in der laufenden Produktion in einem kontinuierlichen und engen Rhythmus stattfinden und insbesondere auch nach Fertigstellung jeder neuen Rohstoffcharge bzw. Produktionsumstellungen vorgenommen werden. Prüfmethoden anwendenNürnberger verwies in diesem Zusammenhang auf eine Prüfmethode im Schlussbericht eines Projektes von Dr. Dirk Lukowsky vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung (WKI) in Braunschweig, in dem eine Verschiebung von Träger- und Nutzschicht bei 24-stündiger Wasserlagerung von Ein-Zentimeter-Abschnitten mit Bleistiftmarkierungen festgehalten und jede Verschiebung als Fehler bewertet wird. Diese einfach durchzuführende und zu bewertende Prüfung entspreche in der Beanspruchung der amerikanischen ANSI-Prüfung. Der Sachverständige hatte diese Methode selbst angewandt und ihre Durchführbarkeit mit wenig aufwendigen, aber aussagekräftigen Tests praktizieren können. Im Cornet-Projekt hingegen werden Mindestproduktqualitäten mit Untersuchungen bei 100-stündiger Lagerung bei 60 °C im Trockenschrank vorgenommen und prozentuale Delaminierungen bewertet. Eine zweite Prüfung erstreckt sich auf sechs Stunden Wasserlagerung bei 24 °C und 18 Stunden Trocknung bei 80 °C. Nürnberger bezweifelte aber, dass mit dieser Methode eine 30- bis 40-jährige Lebensdauer von Parkett wirksam simuliert werden könne. Nürnberger verwies auch darauf, dass es mittlerweile Hersteller gebe, die noch härter prüften, als es in den sehr strengen japanischen JAS-II-Tests vorgegeben werde. Dabei ist dem Sachverständigen klar, dass man mit einem einzelnen Test nicht die ganze Bandbreite der Parkette mit ihren unterschiedlichen Verleimungen und Trägern erschlagen kann. So würde Parkett mit HDF-Trägern den Wasserlagerungstest scheinbar schadlos überstehen, weil der Aufbau einen gewissen Spannungsabbau möglich mache. Hier sei es unabdingbar, andere Prüfmöglichkeiten zu entwickeln.Nürnberger hatte in diesem Zusammenhang 73 Hersteller von Parkett angeschrieben, um zu erfahren, wie getestet werde. Anzahl der Fälle sehr geringDie zwölf Rückläufer zumeist namhafter mitteleuropäischer Produzenten bewertete er als positiv. Die zum großen Teil mündlichen Antworten der Händler waren allerdings ernüchternd: "Wer soll das bezahlen?“, "Tests sind nicht bekannt.“, "Das ist Sache des Herstellers.“, "Mit Herstellern von Problemprodukten brechen wir die Beziehungen ab.“, lauteten die Antworten. Der Sachverständige wies in seinem Schlusswort darauf hin, dass die gesamte Anzahl der Delaminierungsfälle gegenüber der in Europa produzierten Mehrschichtparkettmenge nur sehr gering sei und seines Wissens nach keine in Deutschland oder Österreich hergestellten Produkte von den neueren Schäden betroffen seien. Dennoch würden die Auswirkungen alle – sowohl Hersteller, Importeure, Großhändler, Händler sowie Parkettleger – zu spüren bekommen: "Wir sitzen alle in einem Boot. Deshalb gilt es, gemeinsam Schaden abzuwenden und nur noch dauerhaft funktionierende Produkte auf dem Markt zuzulassen, um den Ruf des Parketts zu wahren.“So gehen Sie auf Nummer sicherIm Falle eines Renovierungsauftrages bei Mehrschichtparkett ist Vorsicht angebracht. Folgende Tipps gab der Vorsitzende der Fachgruppe Holz, Wilhelm Nürnberger, seinen Kollegen im Rahmen seines Vortrags: Hinterfragen Sie, ob es sich um ein Mehrschichtparkett ungefähr aus der Zeit der Jahrtausendwende handelt.Entnehmen Sie im Zweifel im Randbereich einen Streifen unter der Fußleiste und führen Sie eine Wasserlagerung gemäß den Vorschlägen des WKI in Braunschweig durch. Anhand der potentiellen Verschiebung zwischen Nutz- und Trägerschicht können Sie leicht erkennen, ob das Produkt der Sanierung auch wirklich standhält.Schlagen Sie im Falle eines begründeten Verdachts einen Totalaustausch oder das Aufpolieren des Bodens vor.