Mein Standpunkt Steht das Handwerk vor einem Uber-Moment?

Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten, darüber sind sich alle Experten einig. Viele Bodenleger-Handwerker glauben noch, dass unsere Branche gar nicht oder erst viel später davon betroffen sein wird. Das Bodenlegen lässt sich eben nur schwer von einem Roboter erledigen, wie es zum Beispiel in der Reinigungsbranche bereits gang und gäbe ist.

Aber wer vollkommen sorglos in die Zukunft blickt, macht einen Fehler. Es bedarf einer Gesamtsicht der Wertschöpfungskette und einem Verständnis dafür, wie sie sich gerade verändert. Wie entwickelt sich die sogenannte „Customer Journey“ und was bedeutet dies für das Handwerk? Viele Hersteller und Großhändler beginnen derzeit massiv in digitale Direktvertriebskanäle zu investieren. Mit diesen sprechen sie Konsumenten bei der Suche im Internet an und bewegen die Interessenten mittels ausgeklügelter Konfiguratoren zu einer genauen Datenangabe zum Objekt. Ziel dabei ist es, die Datenhoheit zu gewinnen und den Kunden damit an der Angel zu haben. Zwar betonen viele Produzenten, dass sie die Bestellungen und Aufträge dann an ihre Handwerkspartner weitergeben, es bleibt dennoch bei genauer Betrachtung ein schaler Nachgeschmack sowie viele Zukunftsfragen. Wer bestimmt einmal den Gesamtpreis von Material, Montage und Verlegung? Wer bekommt den Gesamtauftrag zu welchen Konditionen? Wird der Handwerker in Zukunft noch einen Anteil am Materialverkauf bekommen? Wer hat die Daten für die Nachbetreuung in der Hand?

Diese Fragen zeigen, dass sich die Wertschöpfungskette auch im traditionellen Handwerk ganz schnell ändern kann. Wenn das nicht aus der Branche heraus geschieht, kommt vielleicht ein Branchenfremder, der die Spielregeln plötzlich neu definiert. Clevere Modelle wurden bereits entwickelt, wie man bei Uber oder AirBnB gesehen hat. So oder so gibt es intensiven Kommunikationsbedarf zwischen den einzelnen Partnern vom Produzenten, über den Großhandel bis hin zum Handwerker. Wer aber soll diese Änderung starten und moderieren? Innung, Industrie, Großhandel oder Branchenpresse? Am besten setzen sich die Beteiligten an einen Tisch und diskutieren diese Fragen. Denn nur wenn es gelingt, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen, wird das Handwerk auch seinen guten Stellenwert behalten. Und daran sind alle Beteiligten interessiert. Haben Sie diesen Prozess schon gestartet?

Ihr Thomas Mayrhofer