Gerflor übernimmt nach DLW-Pleite deren Linoleumgeschäft Spekulationen haben ein Ende

Nach der endgültigen Pleite von DLW Flooring übernimmt Gerflor die Linosparte und damit das Herzstück des einstmals größten deutschen Bodenbelagherstellers. Die Marke DLW soll weiterbestehen. Der Standort Bietigheim-Bissingen wird dichtgemacht.Im Gespräch mit bwd-Chefredakteur Stefan Heinze gab sich DLW-Flooring-Geschäftsführer Hans-Norbert Topp im Mai 2017 noch optimistisch.Die Gerüchte, wonach Gerflor an der DLW-Linosparte dran sei, sind so alt wie die Spekulationen über die Zukunft von DLW. Und spekuliert wurde über das Schicksal des einstmals größten deutschen Bodenbelagherstellers regelmäßig, seit der US-amerikanische Bodenbelagkonzern Armstrong 1998 in Bietigheim-Bissigen das Steuer übernahm. Wirklich überraschen konnte deshalb die Nachricht, die am 5. Februar über den Ticker ging, kaum: „Gerflor übernimmt die Linoleumaktivitäten von DLW.“ Gerflor wir damit zum größten deutschen Hersteller von elastischen Bodenbelägen mit einer Gesamtkapazität von 15 Mio. m² und mehr als 500 Mitarbeitern. Ein Kulturschock wie seinerzeit bei der Übernahme durch die Amerikaner dürfte diesmal weitgehend ausbleiben. Gerflor und DLW arbeiten seit langem in Frankreich zusammen, wo Gerflor bereits seit 2011 exklusiv die Linoleumprodukte von DLW vertreibt. Sollten die Wettbewerbsbehörden dem Deal zustimmen, ermöglicht die Übernahme Gerflor, sein Produktportfolio in elastischen Böden um eine besonders nachhaltige Lösung zu erweitern. Mit dem Linoleumprogramm wird Gerflor seinen Kunden in einigen seiner wichtigsten Marktsegmente wie Gesundheitswesen, Bildung, Wohnen, Sport oder Einzelhandel ein noch breiteres Spektrum an Lösungen anbieten können. Umgekehrt würden DLWs Linoleumaktivitäten von Gerflors globaler Präsenz, Innovationskraft und Kundenbetreuung profitieren. Gerflor wolle sein Know-how nutzen, um die Präsenz und die Markenbekanntheit von DLW weiterzuentwickeln und auszubauen. In Lyon, wo die Gerflor-Gruppe ihren Stammsitz hat, aber auch am Standort der deutschen Gerflor Mipolam GmbH in Troisdorf spricht man von einer Win-win-Situation. Nach der Unterschrift erklärte Bertrand Chammas, CEO von Gerflor SAS: „Diese Vereinbarung sichert die Linoleumaktivitäten von DLW und wird mit neuer Dynamik zukünftiges Wachstum bringen. Wir freuen uns sehr, diese berühmte Marke und ihre erfahrenen Teams begrüßen zu dürfen. Unsere Priorität in den kommenden Monaten ist es, den kaufenden Kunden, Architekten und Entscheidern die Zuversicht zu geben, dass Listungen, Projekte und anstehende Entscheidungen mit der gewohnten DLW-Qualität sowie dem gewohnten Gerflor-Service umgesetzt werden können. Durch Investitionen in Produktion und Entwicklung sind wir zuversichtlich, dem Markt noch attraktivere Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können.“ Delmenhorst, das passtFür Hans-Norbert Topp, Vorsitzender der Geschäftsführung von DLW Flooring, bedeutet das Zustandekommen des Geschäftes mit Gerflor lediglich einen Teilerfolg. Topp war im März 2017 als Sanierer mit dem Ziel angetreten, DLW Flooring als Ganzes wieder wettbewerbsfähig zu machen. Im Gespräch mit bwd gab sich Topp noch im Mai 2017 optimistisch. „Wir sind stark genug, um uns am Markt eigenständig zu behaupten.“ In einer offiziellen DLW-Stellungnahme heißt es nun: „Ich freue mich, dass wir trotz schwieriger Gesamtumstände das Unternehmen und einen Großteil der Arbeitsplätze der DLW Flooring sichern konnten.“ Der Verkauf an den strategischen Investor Gerflor sei für das Linoleumwerk in Delmenhorst eine optimale Lösung. „Das passt inhaltlich sehr gut zusammen. Das Werk in Delmenhorst hat nun nach schwierigen Jahren einen erfahrenen und finanzstarken Gesellschafter, um sich für die Zukunft erfolgreich aufzustellen“, so Topp. Die weltweit tätige Gerflor-Gruppe übernimmt wesentliche Vermögenswerte der insolventen DLW Flooring GmbH. Zur Übernahme zählen der Produktionsstandort sowie alle 270 Beschäftigten in Delmenhorst. Zudem übernimmt der Investor 42 Beschäftigte der DLW in Bietigheim-Bissingen und weitere Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften. Bietigheim-Bissingen ist indes Geschichte. Mitte Januar musste Topp mitteilen, dass der Standort geschlossen werden muss, da kein Investor für diesen Standort gefunden werden konnte. 190 Beschäftigte mussten somit aus insolvenzrechtlichen Gründen zum 15. Januar freigestellt werden. Mit dem Verkauf der Linosparte sei man nun in der Lage, den Beschäftigten in Bietigheim-Bissingen den Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) anzubieten. DLW-Sanierung gescheitert DLW Flooring befand sich seit über einem Jahr in einem umfangreichen Sanierungsprozess. Das Scheitern zeichnete sich ab, als die Geschäftsführung Mitte Oktober 2017 beim zuständigen Amtsgericht ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragen musste, da ein kurzfristig aufgetretener Liquiditätsengpass nicht ausgeglichen werden konnte. Nachdem sich ein potenzieller Investor für den Standort Bietigheim-Bissingen Ende 2017 überraschend zurückzog und es keine weiteren Interessenten mehr gab, hatte dieser Standort keine Perspektive mehr. Da das Unternehmen dort im operativen Geschäft deutliche Verluste schrieb, wäre eine Fortführung des Geschäftsbetriebs zu Lasten aller Gläubiger gegangen, was aus rechtlicher Sicht nicht zulässig ist. Als wesentliche Gründe für das mangelnde Investoreninteresse nannte Topp das fehlende Grundvertrauen in das Unternehmen, nachdem es vor knapp 2,5 Jahren schon einmal in der Insolvenz war. Zwar zeigten die erst vor etwa einem Jahr eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen Erfolge, wie alle Seiten bestätigten, sie kamen aber zu spät. Die notwendigen Investitionen an diesem Standort waren den Investoren zu riskant, eine Gesamtlösung somit nicht möglich. sh Mit starken Marken international aufgestelltGerflor ist ein weltweit führender Hersteller und Vertreiber von Bodenbelägen, Wandverkleidungen und Zubehör, mit 3.700 Mitarbeitern, 16 Produktionsstätten, fünf Entwicklungs-Zentren und Kunden in mehr als 100 Ländern. Im Jahr 2017 erzielte Gerflor einen Umsatz von 860 Millionen Euro, davon über 70 % in internationalen Märkten. Schwerpunktmäßig bedient Gerflor die Marktsegmente Gesundheitswesen, Wohnungswesen, Bildung, Sport, Transport, Einzelhandel, Industrie, Büros, öffentliche Gebäude und Gastgewerbe. Bekannte Gerflor-Marken sind Taraflex, Mipolam, Taralay, Gradus, Romus, Connor Sports und Sportcourt. Linoleum aus DeutschlandDie DLW Flooring GmbH hat ihren Stammsitz im süddeutschen Bietigheim-Bissingen. Das Unternehmen steht seit über 130 Jahren für Bodenbeläge für Bauvorhaben zum Beispiel im Gesundheits- oder Bildungswesen, für den Ladenbau, Büros oder Hotels. Unter der Muttergesellschaft Armstrong ging das Unternehmen 2014 in die Insolvenz und wurde dann an den niederländischen Investor Fields verkauft. Mit etwa 730 Beschäftigten erwirtschaftete das Unternehmen zuletzt einen Jahresumsatz von rund 133 Millionen Euro. Während in dem Werk am Stammsitz vor allem PVC und Vinyl produziert wurden, stellt DLW in Delmenhorst Linoleum her. Es ist das einzige Linoleumwerk in Deutschland.