Der interessante Schadensfall: Druckstellen im Buchenparkett „Schröder“ aus der Schusslinie

Als Gutachter ist letztlich nur die Expertensicht gefragt. Wie die Parteien das Streitobjekt beschreiben, ist für die Beurteilung irrelevant – das zeigt dieser Fall. In den Hauptrollen: ein nicht anwesender Verleger, ein unwilliger Hausherr und Hauskater „Schröder“.„Schröder“ aus der Schusslinie Im Beweisbeschluss dieses Falls standen fünf Fragen: 1. Sind bemänglungswürdige Druckstellen im Holz des Buchenparketts vorhanden? 2. Ist die Oberflächenversiegelung des Buchenparketts schadhaft? 3. Ist das Buchenholz, das im Wohnzimmer des Antragstellers liegt, minderwertig? 4. Kann man mit einem Abschliff und einer Neuversiegelung den Bodenparkettboden in einen nutzbaren und wieder gebrauchstauglichen Zustand bringen? 5. Wie hoch wären die Kosten für eine Reparatur anzusetzen? Schadensbild Der Gutachter lud alle beteiligten Parteien zum Termin, um sich das Bild des Buchenparkettbodens anzuschauen. Erschienen warletztlich nur der Bauherr und der bevollmächtigte Anwalt des Verlegers, allerdings aus irgendwelchen Gründen vertreten durch einen Kollegen des mit der Sache befassten Juristen. Allein wegen der Formulierungen in der Gerichtsakte und den Fragestellungen hatte sich der Experte darauf eingestellt, einen Parkettboden vorzufinden und den dann sachverständig beurteilen zu müssen. Er ließ sich den zeitlichen Hergang der Schadensentwicklung erläutern. Dazu stellte er Fragen nach Aufbau, Dicke, Oberflächenbehandlung, Verlegeart und letztlich auch nach Nutzschichtdicke des Parketts. Wir senden ihnen die kompletten Unterlagen inklusive Rechnung zu, sagte der Verlegervertreter, der bedauerte, dass der Verleger nicht zugegen war und Auskunft geben konnte. Der Hausherr machte keine Anstalten zu helfen. Dann ging’s zur Sache. Zu Punkt 1 (Sind bemänglungswürdige Druckstellen im Holz des Buchenparketts vorhanden?) traf der Gutachter seine Feststellungen und hielt sie in seinem Protokoll fest. Auf der gesamten Fläche waren ungewöhnlich tiefe Eindrücke in der Oberfläche des Holzes sichtbar. Der ebenfalls beim Ortstermin anwesende Kater „Schröder“ sei dafür verantwortlich, gaben die Bauherren zu. Dass allerdings die Eindrücke derart tief ausfielen, hatten sie nicht erwartet. Da müsse etwas mit dem Parkett nicht in Ordnung sein. In der Tat, die Eindrücke waren tatsächlich ungewöhnlich tief im Holz eingeprägt. Das war nach den Erfahrungen des Sachverständigen keiner noch so schweren und agilen Katze zuzutrauen. Es folgte die Bearbeitung der Frage 2: Ist die Oberflächenversiegelung des Buchenparketts schadhaft? In der ganzen Fläche des Bodens zeigten sich Abplatzungen der oberen Versiegelungsschicht. Die mattanteilfreie Grundierung zeigte sich in den schadhaften Bereichen als glänzende Flecken unterschiedlicher Größe. Mit einem speziellen Ritzprüfer machte der Sachverständige einen kreuzweisen Gitterritzschnitt und prüfte anschließend den Haftverbund innerhalb der Versiegelungsschichten mit einem nicht definierten Klebeband. Die Versiegelung hing nach dem scharfen Abriss nahezu komplett darunter. Die Haftung war suboptimal und Schröder für die Abplatzungen ebenfalls nicht verantwortlich. Die Frage 3, ob das eingesetzte Buchenholz minderwertig sei, arbeitete der Sachverständige im Kopf ab und hatte die Formulierung für die schriftliche Ausarbeitung in Gedanken schon parat. Und auch Frage Nr. 4 nach den Reparaturmöglichkeiten war mehr für die häusliche Abarbeitung als für eine Untersuchung geeignet. Das galt eigentlich auch für Frage 5. Wie hoch wären die Kosten für eine Reparatur anzusetzen? Der Gutachter überlegte, wie er formulieren sollte, und bat den Hausherren um ein Reststück. Das war nicht mehr vorhanden. Jetzt fühlte er sich bemüßigt, eine mittige Übergangsschiene abzunehmen und nachzuschauen, was tatsächlich vorlag. Siehe da: Es war ein Furnierboden mit einer nur 0,6 mm dicken Auflage auf einem Holzwerkstoffträger. Der Gutachter nahm ein Randstück auf und beendete den Termin. Er hatte gerade noch einmal die Kurve gekriegt. Nachdem er die Unterlagen des Anwalts vorliegen hatte, schickte er das Fußbodenelement in ein anerkanntes Institut, ließ es überprüfen und es stellte sich heraus, dass eine minderwertige MDF-Platte als Träger des furnierten Bodens eingesetzt worden war. Schadensursache Die minderwertige MDF-Platte machte der Gutachter für die erheblichen Druckstellen in dem Boden verantwortlich und nahm den Kater „Schröder “ aus der Schusslinie. Die Fragen zum Überarbeiten durch abschleifen und versiegeln erübrigten sich, denn so ein Boden ist irreparabel. Es kam letztendlich zum mündlichen Termin. Da war endlich auch der Verleger anwesend. Der brachte Licht ins Dunkel und wies darauf hin, dass er den Bauherren durchaus schriftlich und auch nachweislich informiert hatte, dass er eine minderwertige B-Qualität angeboten und auch verarbeitet hatte. Wie der Richter letztendlich entschieden hat ist nicht bekannt, für den Gutachter indes war es eine Lehre, sich nicht auf irgendwelche Formulierungen in Beweisbeschlüssen zu verlassen, sondern in jedem Falle genau hinzuschauen, was wirklich vorliegt. Das ist heute übrigens wichtiger denn je, denn die Sicht von oben hilft auch einem Experten längst nicht mehr. -