Der interessante Schadensfall: Feuchtegefälle im schnellen Ahorn Sachverstand nicht gefragt

Trockenunterböden und Parkett sind wegen der vergleichsweise geringen Biegesteifigkeit der tragenden Komponenten bei perfekten Klimabedingungen eine absolut fachgerechte Lösung. Bei Nichteinhaltung holztechnisch bekannter Rahmen bedingungen offenbaren sie jedoch ihre Schwächen.Sachverstand nicht gefragt Der Parkettboden in dem in einer Bauzeit von drei Monaten errichteten Wohnhaus wölbte sich erheblich. Beim Darübergehen schwankte die gesamte Konstruktion und in den Vitrinen klapperte das feine Porzellan. Der Boden lag keineswegs bestimmungsgemäß und mängelfrei vor. Darin waren sich Bauherr und Verleger einig. Doch wer hatte Schuld? Die beiden wurden sich nicht einig, auch deshalb nicht, weil der Bauherr sich nicht auf den Vorschlag des Auftragnehmers einlassen wollte, abzuwarten: Das legt sich wieder, hatte der gemeint. Jetzt sollte ein Privatgutachter helfen. Schadensbild Der Gutachter fand folgende Situation vor: Ahorndielen, Fixlangen von 2,10 m, 21 mm dick und 144 mm breit waren mit einem Dispersionsparkettklebstoff auf zwei Lagen, kreuzweise verlegter und miteinander zusätzlich verklebter Spanplatten verschraubt und verklebt. Die jeweils 19 mm dicken Platten lagen schwimmend ohne Verbindung mit den darunterliegenden Konstruktionsvollhölzern auf, getrennt durch Filzstreifen auf den Lagern. Die KVH-Lager waren mit verleimten Keilen unterfüttert. Eine Bitumenschweißbahn dichtete den nicht unterkellerten Bereich ab. Der Boden lag erst seit Anfang Mai und hatte sich nach der Verlegung umgehend gewölbt. Der Bauherr hatte sofort bezahlt, weil er zunächst außerordentlich zufrieden war. Während des mitsommerlichen Besichtigungstermins waren die Fußleisten bereits abgenommen. So konnte der Sachverständige feststellen, dass die Randfugen in 10 bis 12 mm Breite an allen festen Bauteilen noch voll funktionsfähig vorlagen. Dennoch: Die bis zu 14 mm hohen Ebenheitsabweichungen waren nicht nur mit der Wasserwaage nachzuvollziehen, sondern auch beim Darüberlaufen merklich spürbar. Zunächst wurde die Holzfeuchte ermittelt. Die mit elektrischem Gerät vorgenommenen Messungen ergaben Holzfeuchten von zirka 13 bis 13,4 Prozent, gemessen in der oberen Schicht des Holzes. An einer Stelle war an einer nach unten führenden Stufe ein seitlicher Einblick in die Konstruktion möglich. Hier konnte ebenfalls gemessen werden. Es zeigte sich ein deutliches Gefälle von oben nach unten mit ca. 10,6 Prozent +/– in der unteren Schicht des Dielenholzes. Die orientierenden Messungen in der Spanplatte mit speziellen Einstellungen des Messgeräts und im Konstruktionsvollholz ließen auf Werte von etwa 10 bis 12 Prozent Holzfeuchte bzw. spanplattenfeuchte schließen. Die Oberfläche war geölt. Schadensursache Für den Gutachter war die Geschichte sofort klar, zumal der sehr feuchte Sommer die hohen Bau- und Luftfeuchten in den noch unbeheizten Räumen begünstigt zu haben schien. Die zeitabhängigen Messwerte wiesen ein Raumklima von zirka 68 Prozent rel. Luftfeuchte und zirka 18 °C Raumtemperatur aus. Der anwesende Parkettlegermeister berichtete, dass er vor zwei Wochen sogar Luftfeuchten von 80 bis 84 Prozent gemessen hatte und aussagefähige Holzfeuchten von über 14 Prozent. Die Daten waren geeignet, die Vermutungen des Sachverständigen zu untermauern. Eindeutig war das Raumklima dafür verantwortlich, dass sich das Ahornholz oberflächlich auf über 13 Prozent angefeuchtet hatte. Auch die Tatsache, dass im Bereich der Verandatür zwischen Rasenfläche und Parkettboden wohl deutlich mehr als ein räumlicher Klimaaustausch (siehe Foto) stattfand, erhöhte den Druck auf das Holz sichtlich. Vornehmlich das Feuchtegefälle von oben nach unten in den Dielen hatte in Verbindung mit der „schwimmenden Verlegung“ des Spanplattenunterbaus auf den KVH-Platten dafür gesorgt, dass sich die Parkettkonstruktion aufwölbte, interessanterweise ohne an die umgebenden Wände anzustoßen. Der Gutachter schrieb: Der hier gewählte Aufbau eines dreilagig hergestellten Verbundes mit zwei kreuzweise miteinander verklebten Spanplatten und darauf sowohl geklebten und verschraubten Massivdielen ähnelt einem dreischichtigen kreuzweise verleimten Fertigparkett. Dies gilt auch hinsichtlich der üblichen Schichtdickenverhältnisse. Grundsätzlich ist eine solche Konstruktion recht formstabil, allerdings nur dann, wenn die äußeren Rahmenbedingungen keinen allzu großen Schwankungen unterliegen. Das war hier nicht der Fall, weshalb die fehlende Befestigung auf den Lagern trotz doppelt kreuzweise Verklebung der insgesamt immerhin 38 mm dicken Platte die Verformung der Konstruktion nicht verhindern konnte. Weitere Faktoren haben neben der fehlenden Arretierung nach unten das Bild begünstigt: Ahornholz verfügt über eine vergleichsweise schnelle Feuchtewechselzeit. Das bedeutet, dass sich das Holz nahezu umgehend in Holzfeuchte und Dimensionsveränderungen auf das umgebende Raumklima einstellt. Dazu kommt, dass eine Oberflächenbehandlung mittels Öl gerade bei dem relativ dichten Ahornholz nur in sehr geringem Maße dazu beiträgt, die Feuchteaufnahme des Holzes zu verzögern. Folge des Feuchtegefälles, das sich in den Dielen recht schnell aufgebaut hatte, war zunächst eine „Vergrößerung der Oberfläche“ verbunden mit einer konvexen Aufwölbung, ohne dass die Randfugen geschlossen wurden. Die Frage nach der Pflegeanleitung war beim Ortstermin bereits in die richtigen Wege geleitet worden. Die Pflegeanleitung war dem Angebot, der Auftragsbestätigung und der Rechnung beigefügt worden. Deren nachweisliche Übergabe war vom Bauherren nicht widerlegt worden. Maßnahmen Der Gutachter empfahl trotz allem abzuwarten, denn aus seiner Sicht war es wahrscheinlich, dass sich in der kommenden Winterperiode das Schadensbild zurückbilden würde – mit durchaus langzeitigem Effekt. Deshalb sollte man recht zügig mit dem Beheizen beginnen, auch um der Gefahr irreversibler Verformungsvorgänge in der gesamten Konstruktion vorzubeugen. Diese von beiden Parteien nicht ganz unverschuldet heraufbeschworene Angelegenheit war damit tatsächlich erledigt, wie ein viele Jahre späterer Besuch auf der Baustelle in anderer Angelegenheit bestätigte. -