Risse im Parkett: Wann sind sie zulässig?

Parkettsachverständiger Jochen Michalik referierte in Kassel über Risse im Parkett. Trotz der Vielfalt an Riss-Definitionen finden sich klare Vorgaben für die Einordnung von Rissen und die Erstellung von Gutachten.

  • Bild 1 von 6
    Es kommt auch auf die Tiefe an
    © Michalik
    "Endriss", der durch fachgerechtes Kappen des Holzes in der Fertigung zu vermeiden gewesen wäre.
  • Bild 2 von 6
    © Michalik
    1  „Seichter Riss“ (links) und „Abrissfuge“ (rechts).
  • Bild 3 von 6
    © Michalik
    Risse können unter anderem auch durch eine falsche Klimatisierung im Zuge der Nutzung entstehen.
  • Bild 4 von 6
    © Michalik
    2  „Windriss“, der direkt an einem Spiegel des Eichenholzes sichtbar wurde.
  • Bild 5 von 6
    © Bilder: Michalik
    3  Feiner, unbedeutender „Haarriss“, der im Zuge der Trocknung aufgetreten ist.
  • Bild 6 von 6
    © Pitt
    3  Jochen Michalik, Parkettlegermeister, staatlich geprüfter Holztechniker, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Parkettlegerhandwerk, Restaurator im Parkettlegerhandwerk und Mediator.

Um genau zu beschreiben, was Risse sind, bedient sich der Sachverständige und Holztechniker Jochen Michalik zunächst allgemeiner Definitionen: „Ein Riss beschreibt eine Stelle, an der etwas gerissen, zerrissen oder eingerissen ist“, oder: „Risse im Holz sind eine Trennung der Fasern in Längsrichtung.“ So jedenfalls lauten entsprechende Formulierungen. Detaillierter und genauer sind die Bezeichnungen von Rissen, die allein schon durch ihre Namensgebung die Art oder die Lage im Holz­ be­schreiben. Dazu gehören die Be­griffe „Kernriss“, „Frostriss/Ring­­- schäle“, „Trockenriss“, „Schilferriss“, „Seitenriss“, „Kantenflächen­riss“, „Endriss“, „Oberflächenriss“. Dazu zählen wiederum „Haarrisse“, „tiefe Risse“, „durchgehende Risse“ oder „Schwindrisse“. Risse im Schnittholz werden nach ihrer Länge, ihrem Verlauf zur Längsrichtung des Holzes, ihrer Lage und ihrer Tiefe beurteilt.

Es gibt allerdings noch weitere Rissbeschreibungen, bei denen allein der Begriff bestimmte Vorstellungen von der Art des Risses hervorruft. Dazu gehört die Bezeichnung „seichter Riss“. Darunter versteht man einen Riss, dessen Tiefe maximal ein Zehntel der Gesamtstärke des Holzes ausmachen darf. „Tiefe Risse“ reichen demgegenüber tiefer als ein Zehntel ins Holz. Allerdings verlaufen diese Risse nicht durchgehend so wie Risse der Gruppe, die nach der Tiefe definiert sind. Rissbezeichnungen sind allerdings nicht immer eindeutig. Das gilt zum Beispiel für die „Blitzrisse“. Als „Blitzrisse“ bezeichnen Sachverständige häufig „Abrissfugen“, „Blockabrisse“, „Block­abrissfugen“ oder „Blitzfugen“. Schaut man allerdings in die DIN 4074 Teil 1 „Sortierung von Kanthölzern“, sind dort „Blitzrisse“ als Risse definiert, die am stehenden Baum entstanden sind — also als Folge eines Blitzeinschlages. Diese sind radial gerichtet und in der Regel an einem Nachdunkeln (Verkohlen) des angrenzenden Holzes zu erkennen. „Blitzrisse“ und „Ringschäle“ sind im Schnittholz grundsätzlich nicht zulässig, weil sie je nach Einschnitt und Lage im Stamm im Schnittholzquerschnitt in unbegrenztem Ausmaß auftreten und dadurch die Tragfähigkeit des Kantholzes erheblich beeinträchtigen können.

Entstehung des Risses

Weiterhin kann man Risse nach den Ursachen ihrer Entstehung unterscheiden. Das gilt für die oben genannten „Blitzrisse“ genauso wie für „Frostrisse“ oder „Kernrisse“, denn diese sind in der Zeit des Wachstums des Baumes entstanden. Es gibt Risse, die bei der Holzernte auftreten, oder Risse, die durch das Eigengewicht des Baumes verursacht wurden, durch das Lagern im Wald oder aber beim Transport ins Sägewerk. Dort können wiederum beim Bearbeiten, bei der Trocknung des Holzes oder bei innerbetrieblichen Transporten Risse im Holz entstehen.

Wie viel Riss darf sein?

Denkbar sind weiterhin Risse im Holz, die in der nächsten Stufe — bei der Lieferung vom Herstellwerk des Parketts zum Verleger oder zum Verbrauchermarkt — durch nicht eingehaltene Holzfeuchte verursacht sind. Nach der Verlegung sind durch Veränderung von raumklimatischen Verhältnissen ebenfalls Rissbildungen im Holz möglich. Wenn durch technische Fehler große Spannungen das Holz belasten, können im Laufe der Nutzung weitere Risse auftreten.

Risse sind also ein allgegenwärtiges Erscheinungsbild im Umgang mit Holz. Ob diese zulässig oder unzulässig sind, darüber geben die bestehenden Normen klar Auskunft. Innerhalb der Parkettsortierungen sind Risse genau beschrieben. Zunächst wird dort zwischen „zulässig“ und „nicht zulässig“ unterschieden. In den Klassen „Kreis“, „Dreieck“ und „Quadrat“ sowie auch in der „freien Klasse“ werden die jeweiligen Merkmale der Sortierung dargestellt. Grundlage für die Gültigkeit dieser Sortierklassen bildet die VOB Teil C DIN 18299:2012-09. Dort wird in den „allgemeinen Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“ unter Punkt 2.3.2 festgelegt: Stoffe und Bauteile, für die DIN-Normen bestehen, müssen den DIN-Güte- und DIN-Maßbestimmungen entsprechen. Auf die Parkettarbeiten bezogen ist in der VOB Teil C in der DIN 18356:2012-09 festgelegt, dass in den Angaben zur Ausführung die Holzart, die Art des Parketts, die Güte und die Maße der Parketthölzer, die Verlegart sowie die Verlegrichtung in einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung anzugeben sind (Punkt 0.2.7). Einzelangaben sind demgemäß erforderlich, wenn Parkett aus einer anderen Sortierung hergestellt werden soll (Punkt 0.3.2.1.1), wobei nach Punkt 3.2.1.1. Parkett aus Parketthölzern der Sortierung „Kreis“ herzustellen ist.

Breite, Tiefe und Länge festhalten

Eine Verknüpfung findet die Verlegenorm 18356 „Parkettarbeiten“ in der europäischen Herstellungsnorm DIN EN 13489:2002-09, die explizit auf das Thema „Risse“ in den Sortierregeln eingeht. Dort ist zum Beispiel in der Tabelle 1 „Sortierregeln für Quercus spp. Eiche“ die Zulässigkeit beziehungsweise Unzulässigkeit von „seichten Rissen“ und „Blitzrissen“ in den jeweiligen Klassen beschrieben. Auch im wichtigen Anhang B „Grundsätze für die freie Sortierung“ ist in der Tabelle B.1 „Sortierung von Laubhölzern“ eine Einordnung der Merkmale „seichte Risse“ beziehungsweise „Blitzrisse“ beschrieben. Was bedeuten diese Zusammenhänge nun für die Sachverständigenpraxis? Es kommt vor, dass bei einer Ortsbesichtigung durch Inaugenscheinnahme Risse festgestellt werden. Um überhaupt eine fachliche Bewertung vornehmen zu können, ist zunächst die Art des Risses festzuhalten: Breite, Tiefe und Länge sind wichtige Kriterien, die Risse beschreiben, genauso wie deren Anzahl — jeweils auf die Fläche bezogen. Wichtig kann auch die Feststellung sein, ob die Risse sich bewegen lassen. Die Frage „Ist der Riss neu oder war dieser bei der Verlegung schon vorhanden?“ erlaubt ebenfalls Rückschlüsse. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Verlegung impliziert zumeist auch die Frage nach der zu jenem Zeitpunkt gültigen Norm. Selbstverständlich ist das Produkt genau zu  benennen, um mit den jeweiligen Merkmalen der Sortierung die richtigen Einordnungen vornehmen zu können.

Risse genau messen und dokumentieren

Zu guter Letzt geben raumklimatische und holztechnologische Bedingungen bei der Ortsbesichtigung weiteren Aufschluss. Der Sachverständige muss sich bei der darüber hinausgehenden Frage „Was ist erlaubt?“ an der gültigen Norm orientieren oder auch an der vertraglichen Festlegung. Wichtig ist dabei zu wissen, dass „freie Klassen“ oder selbst beschriebene Merkmale ebenfalls der für den jeweiligen Holzfußboden gültigen Norm entsprechen müssen. Alles, was dort als erlaubt beschrieben ist, gilt dann als zulässig. Zulässig sind weiterhin alle Merkmale hinsichtlich der Größe oder der Menge, sofern sie die Festigkeit oder Haltbarkeit des Parkettbodens nicht beeinträchtigen. Nicht erlaubt sind demgegenüber unzulässige Risse, die nicht in den vorab dargestellten Normen beschrieben wurden, sowie jene, die durch eine nicht fachgerechte Klimatisierung/ein nicht fachgerechtes Bewohnen entstanden sind. Hier gilt es für den Sachverständigen, in jedem Falle die Risse zu messen und zu dokumentieren.

Fazit

Fazit: Eine fachgerechte Beurteilung von zulässigen Rissen erfordert eine für den Sachverständigen genaue Zusammenstellung von Fakten. Dann lässt sich eine ebenso klare Aussage treffen, wie sie in den Normen mit den Begriffen „zulässig“ und „nicht zulässig“ beschrieben ist. Hilfreiche Fakten sind der Vertrag/das Angebot und eventuell die Rechnung oder auch die Musterbeschreibung des Holzfußbodens. Fakten sind ebenfalls die ermittelten Daten bei der Ortsbesichtigung (Klima, Messungen der Risse, Art der Risse) mit ihren dafür gültigen Normen oder Vereinbarungen. Wichtig ist nicht zuletzt Anhang B mit den Sortierregeln der gültigen Norm.