Forum Handwerk: Richard Kille - Teppichplanken, Teppichfliesen, Teppichglück Quadratisch, praktisch, flauschig

Auf dem „Forum Handwerk“ referierte Richard Kille über die mannigfaltigen Chancen und Vorteile, die eine Bemaßung von Teppichen als Fliese oder Planke bieten kann. Doch was ist Wunsch und was ist Wirklichkeit?

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    Kille Forum Handwerk 2016
    © Messe Hannover, Rainer Jensen
    Richard Kille legte sich bei seinem Vortrag während des "Forum Handwerk" für die Zukunft der modularen Teppichbodengeneration ins Zeug.
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    Auch bei der Verlegung von modularen Tep­pichelementen spielt die perfekte Unterbodenvorbereitung eine entscheidende Rolle.
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    Ein Hersteller setzt auf Fliesen in gezackter Form: Damit soll dem Phänomen entgegengewirkt werden, dass im Stoßbereich sichtbare Streifen entstehen.
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    Die Auftragsmenge der Haftmilch muss richtig dosiert werden, sonst können die Module bei Bedarf nicht schadensfrei entfernt werden.

Der Teppichboden hat schwere Zeiten hinter sich. Teilweise gab es einen zweistelligen  Rückgang der Verbrauchszahlen, der sich vor allem im Wohnbereich niederschlug. Im gewerblichen Sektor sieht Richard Kille, Leiter des Kölner Instituts für Fußboden und Raumausstattung sowie Berufssachverständiger Bau jedoch derzeit durchaus eine gesteigerte Nachfrage nach diesem Bodenbelag, der seine Stärke insbesondere aus dem Mehrfachnutzen zieht.

Die Kunden lassen Billigware links liegen und legen Wert auf Optik und Technik. Gerade das Thema Schall spielt im Zuge großzügiger Büro- und Gewerbeflächen mit ihren raumgestaltenden Glasfronten in Kombination mit viel Beton eine immer größere Rolle. In diesem Bereich kann ein Teppichboden für den Planer mit seinen akustischen, aber auch wärmetechnischen Vorzügen ein willkommener Problemlöser sein. Und auch im Wohnbereich gibt es Anzeichen, dass der Teppichboden wieder Fuß fasst, befindet Kille. Dort, wo Massenware auf den Flächen ausgelegt war, kommt wieder hochwertige Uni- beziehungsweise bemusterte, flauschige oder gewebte Ripsware zum Einsatz – und zwar ­vermehrt als Fliese, Modul oder im Plankenformat. Kille wagt eine Prognose: In 20 Jahren wird kaum noch jemand sperrige Teppichbahnen durch die Treppenhäuser in die Wohnungen von Mehretagenhäusern transportieren, um sie dort zuzuschneiden und fest und dauerhaft auf den Untergrund zu verkleben.

Diese Art der Verlegung dürfte dann auch laut Experte Kille für die alternativen Beläge Parkett oder PVC der Vergangenheit angehören. Aus seiner Sicht gehört den Teppichmodulen die Zukunft – lose verlegt bieten diese sowohl aus ökologischer als auch aus arbeitsphysiologischer Sicht viele Vorteile. Dabei sind Teppichfliesen, die heute nicht nur quadratisch, sondern auch in „Freiformen“  wie Rhomben, Dreiecken, Parallelogrammen oder amorphen Formen angeboten werden, wahrlich nicht neu.

Alle Formen sind möglich – vom Quadrat bis zur Amöbe

Im Bereich der Hohlraumböden setzt man schon seit Jahrzehnten auf die Produktkategorie der Fliese und auch bei mehrstöckigen Häusern mit engen Fluren macht die Verwendung von Fliesen statt Bahnen Sinn. Weitere Pluspunkte: Weniger Verschnitt und dadurch Schonung der Ressourcen, bessere Ergonomie und Arbeitsschutz. Allerdings gehört auch die Teppichfliesenverlegung unbenommen in die fachlich versierten Hände des Boden- oder Parkettlegers, des Malers oder des Raumausstatters und nicht in die des Endverbrauchers. Dabei könnte man meinen, dass gerade eine Fliese denkbar einfach zu verlegen sei. Wie bei allen modularen Bodenbelägen kommt der sorgfältigen Vorbereitung des Untergrundes jedoch eine entscheidende Bedeutung zu, sagt Fußbodenexperte Richard Kille.

Untergrund muss picobello sein – Verlegung durch Profis

Denn auch bei der Verlegung von Teppichfliesen bewegt man sich im genormten Bereich. Maßgeblich ist dort – wie bei allen anderen Belägen auch – die VOB Teil C inklusive Kommentar. In der Norm DIN EN 1307 ist nicht nur die Maßstabilität der Fliesen, Module oder Planken genau geregelt, sondern auch die lose Verlegung sowie für einige Anwendungsfälle sogar die fachgerechte Verwendung von Antigleit- beziehungsweise Antirutschsystemen.

Dabei ist es natürlich unerläßlich, diese Systeme richtig anzuwenden, um zu vermeiden, dass sie zum Beispiel wegen zu großer Auftragsmengen für eine zu starke Anhaftung am Untergrund sorgen und später nicht wieder schadensfrei entfernt werden können. Beim Auftrag der Haftmilch kommt es auf die Wahl der richtigen Auftragswalze mit der entsprechend dimensionierten Veloursausstattung an. Auch muss der Untergrund hinsichtlich der Saugfähigkeit richtig eingeschätzt werden, um die Viskosität des Haftmittels so zu wählen, wie es der Zustand des Unterbodens verlangt. Kille spricht in seinen Ausführungen noch weitere Fehlermöglichkeiten an: Beispielsweise das Phänomen der sogenannten „Schmatzgeräusche“ beim Begehen – vorrangig ausgelöst durch Unebenheiten im Untergrund. Die Module, die Höhenunterschiede zunächst über­brückten, werden beim Begehen heruntergedrückt. Beim Entlasten können sie dann die angesprochenen Geräusche hervorrufen. Ein Anheben der Fliesen und Angleichen der Unebenheiten mit Talkumpuder sei in Abhängigkeit vom Umfang ein wirksames Hilfsmittel zur Problemlösung bei derartigen Beanstandungen. Um Stoßabzeichnungen unter Doppelbodenelementen zu vermeiden ist laut Kille das Abkleben mit schmalem Kreppband vor dem Aufbringen der Haftmilch hilfreich, weil später die Stoßverbindung durch einfaches Einschneiden aufgetrennt werden kann, wenn man einmal im Nachhinein die Bodenkonstruktion öffnen müsste.

Fliese bleibt Fliese und
Bahn bleibt Bahn

„Teppichfliesen bleiben dennoch Teppichfliesen“, sagt Kille. Dass sie aussehen könnten wie Bahnenbeläge sei ein Trugschluss. Allein ein unterschiedlicher Blickwinkel offenbart, dass der Bodenbelag zwar der Bahnenware ähnelt, doch beim genauen Hinsehen erkennt man, dass es sich um einzelne Module handelt. Deshalb warnt Kille davor, Aussagen der Industrie zu übernehmen und dem Bauherren das Erscheinungsbild einer Bahnenware zu versprechen. Auf dem Markt der modularen Teppichböden gibt es einen Hersteller, der zwei gegenüberliegende Seiten der Fliesen in leicht gezackter Form anbietet. Damit soll dem Phänomen entgegengewirkt werden, dass bei zwei hellen Schmuckfarben im Stoßbereich aneinanderliegender Fliesen unweigerlich breite, sichtbare Streifen entstehen, die durch den Zickzackverlauf der Stöße reduziert werden. Der daraus resultierende Reißverschlusseffekt kann jedoch nicht komplett verhindert werden.

Die Untergrundvorbereitung ist laut Killes Ausführungen auch deshalb so wichtig, ­­
weil heutzutage vielfach flachgewebte, etwa 3,5 Millimeter dicke Elemente jeden Pickel, Farbrest oder Kellenschlag in der Untergrundoberfläche nach einer gewissen Zeit der Nutzung deutlich sichtbar macht. Das könne man dadurch vermeiden, indem man den Untergrund nicht spachtelt, sondern rakelt und mit einer Stachelwalze egalisiert. Erst dann ist er planeben, macht Kille unmissverständlich seine Meinung zu diesem qualitätsentscheidenden Arbeitsgang eines Bodenlegers in Zeiten immer dünner werdender Beläge und optisch offener Fußbodenflächen klar. Auch dem rampenmäßigen Ausziehen „auf Null“ beim Angleichen an Höhenunterschiede mit einer grobkörnigen Spachtelmasse zog er den Zahn, denn mit einer „üblichen Ausgleichsmasse mit einem Größtkorn von 0,7 Millimetern kann man derartige Fußbodenleistungen nicht vollbringen.“

Kuscheliger Betonboden mit gewissen Vorzügen

Zum Ende seines Vortrags beim „Forum Handwerk“ fasste Richard Kille die Gesichtspunkte zusammen, die für einen vermehrten Einsatz von Modulen im Teppichbodenbereich sprechen könnten: In erster Linie betonte er die gestalterischen Aspekte. So kann das Teppichmodul heute in der Optik eines Beton­steinpflasters daherkommen sowie in Loftwohnungen urbanen Stiles alle Wünsche des Fußbodendesigns erfüllen und dabei die technischen Vorzüge eines Teppichbodens in  wärme-, raum- und schalltechnischer Hinsicht in vollem Umfang erfüllen. Dazu stehen nicht nur unendlich viele ansprechende Formate zur Verfügung, sondern auch Freiformen – und zwar sowohl für den gewerblichen, als auch für den Wohnbereich. Unabhängig davon, ob man die Verlegung mittels selbstaufgetragener Haftmilch oder die Möglichkeit selbsthaftender Fliesen nutzt, können im Schadensfall einzelne Elemente einfach ausgetauscht werden, anstatt ganze Bahnen mit viel Aufwand durch neue zu ersetzen.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einzelne Designelemente mit wenigen Handgriffen zu versetzen und auf diese Weise komplett neue Fußbodenbilder zu schaffen. Dadurch können Räume beispielsweise je nach Jahreszeit umgestaltet werden.

Bei einer Renovierung bleibt der wertvolle Untergrund erhalten

Überhaupt sind die Möglichkeiten der Renovierung durch den Austausch vereinfacht. Denn im Gegensatz zu früher entfällt das aufwendige und kraftzehrende Herausreißen sowie das mögliche Zerstören der tragenden Untergrundschichten mit dem dann komplett notwendig werdenden Neuaufbau. Die ökologischen Vorteile sind ebenfalls greifbar: geringe Verschnittverluste und ein Schonen der Ressourcen.  Der Fußbodenaustausch in Ladengeschäften ist innerhalb kürzester Zeit über Nacht möglich, weil der Einsatz von Modulen einen flexiblen Umgang mit bestehenden Einrichtungsgegenständen und Möbeln erlaubt. Dies bietet auch Vorteile im Mietwohnbereich, denn ein notwendiger Belagwechsel kann durch einfaches Überlegen der alten Böden unkompliziert vorgenommen werden. Auch bieten die Teppichmodule logistische Vorteile – von der Lagerung bis hin zum Transport. Im Vergleich muss Bahnenware, die einmal geknickt wurde, weil es im Treppenhaus beispielsweise sehr eng zuging, mit Hilfe einer Andrückrolle mühsam und fachgerecht auf den Boden gebracht werden. Richard Killes Fazit: „Teppichmodule können ein interessantes Zusatzgeschäft werden. Die Botschaft muss beim Endverbraucher aber noch ankommen.“