Der interessante Schadensfall Aufwölbungen im Parkett – falsche Beurteilung der Belegreife Ohne Vorbehandlung wäre nichts passiert

Eine falsche Beurteilung der Belegreife eines Unterbodens verleitete zu Maßnahmen, die den späteren Schaden maßgeblich beeinflussten. Zur Aufklärung des Schadensfalles musste der Gutachter alle Register seines Fußboden-Know-hows ziehen.Deutlich erkennbare Aufwölbung des Parketts infolge des Quelldrucks.Ohne Vorbehandlung wäre nichts passiert In einem etwa 30 bis 40 Jahre alten Gebäude wurde im nicht unterkellerten Wohnzimmer in den Wintermonaten ein Parkettboden verlegt. Der Boden löste sich nach etwa einem halben Jahr teilweise vom Unterboden und wölbte sich im Randbereich auf. Der hinzugezogene Gutachter kam wegen eines Einstellungsfehlers bei der elektrischen Messung der Holzfeuchte (HF) zu dem Ergebnis, dass die zum Zeitpunkt der Parkettverlegung noch nicht vorhandene Belegreife dieses Bild verursacht hätte. Das Ergebnis war nicht befriedigend und ging in die zweite Instanz beim Landgericht. Der jetzt beauftragte neue Sachverständige veranlasste einen weiteren Ortstermin und nahm zunächst die Objektfakten auf: Ein Zehn-Millimeter-Einstab-Zweischichtparkett war mit einem Kunstharzlösemittelklebstoff auf einem Zementestrich mit Schnellhärterzusatz verklebt worden. Der Estrich wies eine Vorbehandlung mit einer quarzsandbestreuten Epoxidharzbeschichtung auf. Die unter dem Estrich befindliche Wärmeisolierung war sowohl oberseitig als auch zur Massivdecke hin von einer 0,2 Millimeter dicken PE-Folie abgegrenzt. Das Wohnzimmer war nicht unterkellert. Das Schadensbild beschrieb der Experte wie folgt: Die Parkettelemente zeigten bei Betrachtung im Gegenlicht eine leichte Stauchung an den Hirnenden des zweischichtigen Parketts als Indiz für einen vorhandenen Quelldruck. In Wandnähe war der Boden auf einer Teilfläche lose oder nicht ausreichend mit dem Unterboden verbunden. Der Bruch war ausschließlich als Kohäsionsbruch in der Klebstoffschicht erkennbar. Die Benetzung an den Parkettstäben und auf der Epoxidharzbeschichtung war fachgerecht. Allerdings wiesen nur wenige Bereiche helle Bruchstellen auf, während überwiegend die Trennung vor dem Abbinden des Klebstoffs stattgefunden haben musste. Die im Randbereich bereits einmal freigeschnittenen Parkettstäbe waren um einige Millimeter zur Wand hin verschoben und aus dem Klebebett gehoben. In Raummitte ergaben sich nach Feststellung des Experten keine Fadenbildungen des Klebstoffs, das heißt, infolge des von allen Seiten gleichen Drucks gab es keine Verschiebung des Parketts zur Wand hin. Die Holzfeuchtemessungen wurden zunächst elektrisch vorgenommen. Der Mittelwert betrug 13,2 Prozent HF – bei einer relativen Luftfeuchte von 66 Prozent und einer Temperatur von 20,8°C. Gravimetrisch wurden später die Ergebnisse mit einer Darrprüfungsserie abgesichert, wobei für die getrennt gemessen Ober- und Unterschicht mit 12,6 Prozent sich in etwa die vorher elektrisch gemessenen Holzfeuchten bestätigten. Weiterhin unternahm der Gutachter exakte Untersuchungen der Stababmessungen, um einen möglichen Einfluss einer plastischen Verformung des Holzes in seine Überlegungen mit einbeziehen zu können. Dafür ermittelte er die Breiten der Stäbe aus dem Aufwölbungsbereich des Bodens mit zirka 70,5 Millimeter, der er die gemessene Durchschnittsfeuchte von 12,6 Prozent HF zuordnete. Auf der Suche nach der Schadensursache Zwei vom Bauherrn vorgehaltene Rückstellmuster wiesen Breiten von im Mittel 70,25 Millimeter bei einer durchschnittlichen Holzfeuchte von 9,5 Prozent auf. Die Rückstellproben und die Stäbe aus dem Schadensbereich wurden in einer Trockenkammer bei einem definierten Trockenklima gelagert, bis sie eine Lieferbreite von 70 Millimeter aufwiesen. Daraufhin erfolgte eine Auffeuchtung auf exakt 70,4 Millimeter Stabbreite. Sowohl die Rückstellproben als auch die Stäbe aus den Schadensbereichen erreichten etwa die gleichen Abmessungen und ließen den Schluss zu, dass plastische Verformungen nicht stattgefunden hatten. Sie bestätigten darüber hinaus die richtige Anlieferungsfeuchte des Parketts, das bei einer Breite von 70 Millimeter exakt die nach Norm geforderte Holzfeuchte von acht Prozent aufwies. Auch das differentielle Quellmaß des auf Fichtenträger aufgebauten Ahorn-Zweischichtparketts konnte der Sachverständige mit 0,20 auf diese Weise ermitteln. CM-Prüfungen des Estrichs ergaben Werte von 1,6 und 1,8 Prozent CM-Feuchte im oberen Bereich des Estrichs und etwa 2,0 bis 2,1 Prozent im unteren Drittel. Über die Wasserdampfteildrücke bei den gegebenen Luftfeuchten und Temperaturen (Oberflächentemperatur des Holzes 19,8°C und der Wärmeisolierung mit 17,3°C) stellte der Sachverständige fest, dass es keinen Feuchtestrom aus der Tiefe nach oben gab, da die jeweiligen Teildrücke in etwa gleich groß waren. Das war folgerichtig, da sich aus rein physikalischen Gründen bei niedrigeren Temperaturen in den unteren Schichten höhere Materialfeuchten zwangsläufig einstellten. Jetzt hatte sich der Gutachter mit der Epoxidharzbeschichtung zu befassen. Er maß im Labor ihre Schichtdicke mit im Mittel 0,125 Millimeter und ließ sich die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl von dessen Hersteller mit geschätzten 20000 schriftlich mitteilen. Durch Multiplikation von 20000 u 0,125 ergab sich der Diffusionswiderstand von lediglich 2,5 Meter. Somit war die Epoxidharzbeschichtung nicht DIN-gerecht. Allerdings waren die Abdichtungsmaßnahem nicht schadensrelevant. Die Ursache lag woanders. Das Parkett war mit einer sehr großen Menge Lösemittelkleber verklebt worden. Der Gutachter zitierte bei der Gerichtsverhandlung den Artikel „Quellung von Parkett durch organische Lösemittel aus Kunstharz-Lösemittelklebstoffen“ aus ’boden wand decke‘, 1994, von A. O. Rapp über die Problematik beim Einsatz dieser Kleber: „Höher siedende, weniger flüchtige Lösungsmittel führen zum verzögerten Abbinden. Bei Fertigparkett oder wenn nach zu kurzer Wartezeit geschliffen und versiegelt wird, bleibt die Verklebung in Einzelfällen über Wochen plastisch, da die ohnehin schwerer flüchtigen Lösungsmittel durch die Lackschicht beim Verdunsten zusätzlich gebremst werden. In dieser Zeit quillt der Boden unbehindert unter dem Einfluss von Luftfeuchte und den Lösemitteln aus dem Klebstoff.“ (siehe Grafik auf Seite 74). Epoxidharzgrundierung wurde zum Verhängnis Jetzt konnte der Gutachter unter Heranziehung physikalischer Zusammenhänge und der Baustellenprüfungen die Beantwortung der Beweisfragen vornehmen. Seine Messungen haben ergeben, dass der Estrich zum Zeitpunkt der Begehung absolut verlegereif war. Das war er auch zum Zeitpunkt des Einbaus im Winter des Vorjahres, obwohl dort wegen der niedrigen Außentemperaturen die Werte mit 1,5 Prozent im oberen und 2,5 Prozent im unteren Bereich des Estrichs noch differenzierter und ausgeprägter waren. „Auch zu diesem Zeitpunkt bestand schon absolute Belegreife wegen der Temparaturabhängigkeit der Feuchte des hygroskopischen Zementestrichs“, sagte der Experte. Allerdings hatte der Verleger gerade diesen Zusammenhang nicht erkannt und eine Epoxidharzgrundierung vorgenommen, die ihm letztendlich zum Verhängnis wurde. Diese schloss den Boden ab und sorgte durch die Aufrauung mit Quarzsand dafür, dass der nachfolgende Lösemittelkunstharzklebstoff in viel zu großer Menge aufgebracht wurde. Dessen Lösemittel brachte das Holz zum Aufquellen. „Der Fehler bestand darin, ein nur zehn Millimeter dickes, zweischichtiges, fertig versiegeltes Parkett auf dieser nicht saugfähigen rauen Abdichtung mit einer großen Menge Kunstharz-Lösungsmittelklebstoff zu verkleben. Zirka 500 Gramm Lösemittel pro Quadratmeter wurden zwischen der Epoxidharzabdichtung und der Parkettversiegelung ,eingesperrt‘ und wirkten so lange auf nur fünf Kilogramm Holz pro Quadratmeter ein. Da nach unten nichts entweichen konnte, mussten vom Holz zehn Prozent seiner Masse an Lösemitteln aufgenommen werden, um dann durch die Versiegelung nur langsam zu entweichen. Da organische Lösemittel quellend wirken, quoll das Parkett innerhalb der ersten Woche(n) ungehindert, da der Klebstoff aufgrund der nur langsam verdunstenden Lösemittel nur entsprechend langsam erhärtete.“ Der oben ausgeführte Nachweis des Gutachters, dass eine plastische Verformung des Holzes nicht eingetreten war, unterstütze dessen Auffassung, dass der Quellung des Parketts kaum Widerstand entgegengesetzt wurde und sich der Boden nahezu frei ausdehnen konnte. Das Lösemittel hat in der Anfangsphase für die seitliche Verschiebung und das Herausheben aus dem Klebebett im Randbereich des Bodens gesorgt. Die Vorschädigung war ausschlaggebend dafür, dass in den Sommermonaten durch den Anstieg der relativen Luftfeuchten sich der Boden bis zur Wand ausdehnte und sich aufwölbte. Die vermutete noch nicht erreichte Belegreife in dem kalten Boden war also nicht Ursache des Schadens, der dazu führte, dass das gesamte Parkett inklusive Estrich anschließend entfernt werden musste.