Vergrauungen und Kratzer auf Parkett: Ist der Mieter schuld?

Ein massives Stabparkett aus Ahorn zeigte kurz nach dem Auszug des Mieters partielle Vergrauungen und zahlreiche Kratzer. Hatte der Mieter den Parkettboden schlecht behandelt oder lag die Ursache für die Vergrauungen in einer fünf Jahre zurückliegenden Renovierung des Bodenbelags?

Schleiffehler auf Ahornparkett
Die Oberfläche zeigte eine ganze Palette von Schleiffehlern: Die Spuren einer Grobkörnung aus der fünf Jahre zurückliegenden Renovierung glichen einem mit dem Rechen gezogenen Kiesweg. - © Humm

Der Mieter eines Reihenhauses kündigte seinen Mietvertrag, weil er sich ein eigenes Haus gebaut hatte. Bei der Vorbesprechung zum Auszug und der Besichtigung durch die Vermieterin kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung, da die Vermieterin eine vertragswidrige Abnutzung des Parkettbodens im Wohnbereich reklamierte und die Beseitigung dieses Schadens forderte. Falls der Mieter den Schaden nicht bis zum Mietende selbst beheben würde, drohte die Vermieterin mit dem Einbehalt der Kaution in nicht unbeträchtlicher Höhe.

Mieter soll den Parkettboden ausbessern

Umgehend nach der Besichtigung legte sie ihrem Mieter den Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs vor, in dem eine umfassende Überarbeitung angeboten wurde. Darüber hinaus behielt sie sich einen weiteren Einbehalt wegen des durch die Schleifarbeit notwendigen Substanzverlustes vor.

Indes, der Mieter war nicht willens, diese Forderungen unwidersprochen hinzunehmen. Er war sich sicher, den Boden pfleglich behandelt zu haben, und beharrte auf seinem Standpunkt, dass er im Rahmen einer normalen Nutzung der Mietsache geblieben war.

Parkettboden zeigt partielle Vergrauungen und Kratzer

Allerdings war er verunsichert, weil das Erscheinungsbild des Parkettbodens durch eine fortschreitende partielle Vergrauung beeinträchtigt wurde. Um Sicherheit für seine Position gegenüber den Forderungen der Vermieterin zu erlangen, entschloss er sich daher, einen Sachverständigen zu beauftragen.  

Zum Hintergrund: Im Wohnbereich des Reihenhauses war vor 20 Jahren ein massives Stabparkett aus Ahorn im Fischgratverband verlegt worden. Vor fünf Jahren hatte ein Bekannter der Vermieterin im Rahmen des Mieterwechsels die Oberfläche frisch abgeschliffen und lackiert. Im Übergabeprotokoll wurden keine Auffälligkeiten vermerkt.

Abnutzung durch Mieter oder Fehler bei Renovierungsarbeiten?

Der Sachverständige fand das Haus zum Zeitpunkt des Ortstermins bereits ausgeräumt vor, die gesamte Bodenfläche lag weitgehend frei von Teppichen und Möbeln zur Begutachtung bereit. Das Erscheinungsbild des Parketts war bei der laienhaften und oberflächlichen Betrachtung wohl noch irgendwie einheitlich gesehen worden, wobei eine Vielzahl vergrauter Stellen als Abnutzung bewertet wurde. Für das geschulte Auge eines Fachmanns war die vorliegende Parkettfläche jedoch als das traurige Ergebnis einer unprofessionellen Bearbeitung erkennbar.

Neben den vergrauten Stellen, die offensichtlich durch einen fehlerhaften Lackauftrag verursacht waren, zeigte die Oberfläche eine ganze Palette von Schleiffehlern, mit denen die Parkettfläche misshandelt worden war. Auch bei normalem Lichteinfall waren die Spuren einer Grobkörnung so deutlich verblieben, dass sich dem Sachverständigen der Eindruck eines mit dem Rechen gezogenen Kiesweges aufdrängte.

Alle Schleifgänge waren der Einfachheit halber parallel zu den Wänden ausgeführt worden und die Holzrichtung des diagonal liegenden Fischgratverbandes war schlicht ignoriert worden. Eine Vielzahl von Kuhlen machte klar, dass das sanfte Einsetzen der Schleifwalze für den Bearbeiter so herausfordernd gewesen sein muss, wie das sanfte Kommenlassen des Kupplungspedals für einen Fahrschüler.

Mangelhafte Qualität der Lackierung

Die Qualität der Lackierung schloss nahtlos an das Schleifbild an: Die Abschnitte des Rollauftrags waren nicht ausreichend überlappend ausgeführt worden, wodurch Fehlstellen und ganze Fehlerstreifen auf dem Ahornparkett verblieben waren. Diese Fehlleistungen bei der Oberflächenbearbeitung waren für den Sachverständigen offensichtlich. Trotzdem ließ er es nicht dabei bewenden, da die Wahrnehmung von visuellen Gegebenheiten auch immer eine subjektive Komponente beinhaltet.

Da ist es nur natürlich, dass die beteiligten Parteien dieselbe Sache jeweils unterschiedlich sehen, weil sie den Sachverhalt aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufnehmen. Die Wahrnehmung des Sachverständigen ist für die beteiligten Parteien nicht schon deshalb überzeugend oder beweiskräftig, weil er den Status eines Fachmanns hat. Daher liegt es im eigenen Interesse des Gutachters, den beteiligten Parteien nicht nur seine subjektive Perspektive nahezubringen, sondern diese auch mit nachvollziehbaren und beweisbaren Fakten und Zahlen zu untermauern.

Um den Sachverhalt in dem vorliegenden Fall objektiv aufzuklären, musste der Gutachter mit Hilfe einer speziellen Messung die Lackschichtstärke prüfen. Im Sachverständigenwesen sind Schichtstärkenmessungen entweder über Mikroskopiertechnik oder über Ultraschallmessung durchführbar. Da die Mikroskopiertechnik eine Probeentnahme voraussetzt, kommt für Ortstermine eher die zerstörungsfreie Ultraschallmessung in Betracht.

Repräsentative Anzahl an Messungen notwendig

In der Autobranche wird diese als bewährte Messmethode übrigens besonders häufig angewandt, weil Metall als Trägermaterial klare Grenzen für Reflektionsmessungen gibt. Bei Holzwerkstoffen ist die Oberfläche diffus und hat keine klaren und glatten Grenzen. Daher sind für Holzoberflächen besondere Messapparate erforderlich und es bedarf einer repräsentativen Anzahl von Messungen, um eine aussagekräftige Messreihe zu erstellen.

Schichtdickenmessgerät
Mit einem Schichtdicken-Messgerät begab sich der Sachverständige auf Spurensuche und überprüfte die Dicke der aufgetragenen Lackschicht. - © Humm

Der erfahrene Sachverständige ist in der Lage, die Messungen so durchzuführen, dass er die Lackschichtdicke an mehreren relevanten Stellen des Bodens auf wenige Tausendstel Millimeter genau bestimmen kann. Mit einer entsprechend teuren Apparatur ist es ihm sogar möglich, Aussagen über die Anzahl der Schichten und deren jeweilige Dicke treffen zu können.

Im vorliegenden Fall kam ein gängiges Gerät zum Einsatz, das nur die gesamte Beschichtungsdicke mit einem Messwert erfasst. Das reichte aber aus, um ermitteln zu können, ob die Lackierung fachgerecht ausgeführt worden war. Da die Schichtdicke zwischen 38 und 50 Tausendstel Millimeter lag, war nachvollziehbar, dass ein "satter" Rollauftrag mit circa 100 bis 150 Milligramm Lack pro Quadratmeter ausgeführt worden war.

Eine genauere Berechnung der Auftragsmenge hätte der Sachverständige vornehmen können, wenn der Festkörperanteil des eingesetzten Lackes bekannt gewesen wäre. Für den aktuellen Fall war diese weitergehende Bestimmung jedoch nicht maßgeblich und damit entbehrlich. Es konnte auch dahingestellt bleiben, ob noch eine dünne Grundierung, möglicherweise als Spachtelauftrag, ausgeführt worden war.

Von ausschlaggebender Bedeutung war die Feststellung, dass an den vergrauten Stellen die Beschichtungsstärke unter der Messgrenze des Schichtstärkenmessgerätes lag, also unter 10 bis 20 Tausendstel Millimeter.

Fehler für Laien nicht immer ersichtlicht

Nach den Feststellungen des Sachverständigen war also zweifelsfrei geklärt, dass die gerügten Vergrauungen auf Fehlstellen bei der Lackbeschichtung zurückzuführen waren und nicht auf eine übermäßige Nutzung durch den Mieter. Denn im Laufe der Nutzung vergrauten die unzureichend geschützten Stellen immer stärker und wurden optisch zunehmend auffällig.

Am Anfang der Nutzung und bei Übergabe der Mietsache war die Auffälligkeit noch nicht in diesem Maße gegeben und für das Auge eines Laien nicht zwingend ersichtlich. Diese Erklärung war auch für die Vermieterin einleuchtend und nachvollziehbar. Der Mieter bekam seine Kaution daraufhin zurückerstattet.

So machen Sie nicht die gleichen Fehler – Tipps zur Parkett-Pflege

  • Der Auftrag einer Lackbeschichtung mit zweimaligem im Kreuzgang ausgeführtem Auftrag schützt den Auftragnehmer vor reklamations­trächtigen Fehlstellen.
  • Das "Schwemmen" eines Parkettbodens mit einer einmaligen Schicht ist Stress für das Parkett und widerspricht den Vorgaben der meisten Lack­hersteller für ihre Produkte.
  • Bei den gängigen einkomponentigen Wassersiegeln liegt der Fettkörper­anteil bei circa 30 bis 35 Prozent. Daher verbleibt nach einem Rollauftrag von etwa 100 bis 120 Gramm je Quadratmeter ein Trockenfilm von 30 bis 40 Tausendstel Millimetern.
  • Die Vorgaben für die gängigen Lacksysteme sehen mindestens zwei Rollaufträge vor. Ein Trockenfilm von 60 bis 70 Tausendstel Millimetern sollte bei normaler Beanspruchung mindestens verbleiben. Denn wo zu wenig Lack ist, kann der Schutz des Parketts nicht gewährleistet werden.
  • Eine fachgerechte Schleifarbeit ist für das Gelingen der Lackierung unabdingbare Voraussetzung.