Der interessante Schadensfall Dämmschichtkonstruktion ohne Wärmeschutzberechnung Nicht ganz dicht: Fehlstellen gefährden die Tragfähigkeit

Wenn extreme Unebenheiten und Feuchtigkeit zum Totalschaden führen, wird der Traum vom Wintergarten schnell zum Albtraum. Dieser Schadensfall, bei dem es um einen neu angelegten Wintergarten geht, zeigt, dass Ungenauigkeiten beim Dichten und Dämmen bodenloser Leichtsinn sind.Nicht ganz dicht: Fehlstellen gefährden die Tragfähigkeit Das ältere Einfamilienhaus eines Ärzteehepaars sollte für den Ruhestand noch mal so richtig gemütlich hergerichtet werden. Dafür waren umfangreiche Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen vorgesehen. Der Bauherrin größter Wunsch war ein Wintergarten mit Blick auf einen angrenzenden Wald und den großen See in unmittelbarer Nähe. Das Ehepaar fand einen Auftragnehmer für Wintergartenbau. Der Untergrund setzte sich aus verschiedenen Elementen zusammen: einerseits eine alte Betondeckenkonstruktion, worunter sich eine Garage befand, andererseits war teilweise noch Erdreich vorhanden. Zunächst stellte der Auftragnehmer Streifenfundamente in dem Teilflächenbereich her, in dem das Erdreich vorlag. Im Anschluss betonierte er eine Bodenplatte auf. Die Betondeckenkonstruktion war bereits von einem Dachdecker mittels einer Bitumenschweißbahn sach- und fachgerecht abgedichtet worden. Die Bezugshöhen für die Endfußbodenhöhe im Wintergarten waren durch die Betondeckenkonstruktion der Garage vorgegeben. Zudem wollte die Bauherrin keine Stufe im Übergangsbereich von Wohnzimmer beziehungsweise Küche zum Wintergarten haben. Als Subunternehmer des Wintergartenbauers fungierte der Auftragnehmer für die Estricharbeiten. Er entschloss sich wegen der Höhenproblematik zur Reduzierung der Dämmschichtkonstruktionen, ohne vorher eine Wärmeschutzberechnung vorzunehmen – dazu verwendete er Dämmmaterialien in unterschiedlichen Dicken und Qualitäten. Sein Arsenal reichte vom Fünf-Millimeter-PE-Schaum bis zu 20-Millimeter-Hartschaumdämmplatten. Auch Styroporplatten waren aufgrund der Unebenheiten innerhalb der Betondecken- sowie der neu hergestellten Bodenplattenkonstruktion verwendet worden. Ein unschönes Knacken Für die Heizkörper im Wintergarten mussten entsprechende Heizrohre auf der Rohbetonkonstruktion verlegt und die Dämmmaterialien angearbeitet werden. Eine Zementestrichkonstruktion in einer Dicke von 40 Millimeter wurde hergestellt. Auf der unbeheizten Fußbodenkonstruktion verlegte der Handwerker Naturstein beziehungsweise keramische Fliesen/Platten. Etwa ein Jahr nach Nutzungsbeginn beklagten die Bauherrn Absenkungen und Risse innerhalb der gesamten Fußbodenkonstruktion. Und auch der Tisch im Wintergarten wackelte erheblich. Dazu kam es beim Begehen des Wintergartens im Bereich des Tisches zu deutlichen Knackgeräuschen, die den Bauherrn den Angstschweiß auf die Stirn trieben. Ein Sachverständiger wurde hinzugezogen. Er sollte die gesamte Fußbodenkonstruktion überprüfen und die Ursache für die Risse finden. Da die Konstruktion in der Zwischenzeit von jeweils vier längs und quer verlaufenden Rissen durchzogen war, entschied sich der Sachverständige, diese großflächig zu öffnen. Dazu wurde die Konstruktion bis zur Dämmung mittels einer Trennflex aufgeschnitten und eine Probeplatte von zirka 50 mal 50 Zentimeter entnommen. Was dann zum Vorschein kam, verschlug dem Sachverständigen die Sprache. Im Rissbereich, also genau unterhalb der Risse innerhalb der Fußbodenkonstruktion, verliefen die unmittelbar auf der Betondecke befestigten Heizrohre. Die angearbeitete Dämmschichtkonstruktion wies erhebliche Lücken, teilweise sogar große Fehlstellen im Format von 20 mal 20 Zentimeter auf. Solche Stellen muss der Auftragnehmer für Estricharbeiten bei der Herstellung eigentlich pflichtgemäß mit Dämmmaterialien oder losen Schüttungen auffüllen, um Hohlräume zu vermeiden. Dies war nicht geschehen, so dass die Estrichkonstruktion im Bereich der Heizrohre frei schwingend wie eine Brücke vorlag. Bei der geringsten Belastung bog sich die Estrichkonstruktion durch und brach schließlich. Vom Oberbelag unabhängig kam es daher zu Rissbildungen, die mit Absenkungen von sechs Millimeter einhergingen. Eindeutig ließen sich so die Knackgeräusche erklären. Darüber hinaus klagten die Bauherrn über muffigen Geruch sowie Verfärbungen des Natursteins beziehungsweise Keramikbelags in einem Bereich, in dem die Bodenplatte ganz neu hergestellt worden war. Der Sachverständige öffnete die Fußbodenkonstruktion nun auch dort, wo die Verfärbungen vorlagen. Da es sich bei der neuen Bodenplatte um eine erdreichangrenzende Konstruktion handelte, hätte diese nach den anerkannten Regeln des Fachs/der Technik sowie der gleichfalls geltenden DIN 18195 sach- und fachgerecht abgedichtet werden müssen. Weder unter noch über der Betonkonstruktion war allerdings eine Abdichtungsebene in dem Teilflächenbereich vorhanden. Elektronische Messungen bestätigten, dass innerhalb der Beton- sowie innerhalb der Estrichkonstruktion in dem Bereich erhöhte Feuchtigkeit festzustellen war. Außerdem fiel beim Öffnen der Konstruktion sogleich der muffige Geruch auf. Der Auftragnehmer für Estricharbeiten hatte hier keine ordnungsgemäße Abdichtung hergestellt. Die für die Bauherrn unangenehme Folge: Ungehindert war die Feuchtigkeit aus dem Erdreich in die Konstruktion und somit auch bis ins Innere des Wintergartens eingedrungen; die Ursache für den muffigen Geruch war also Feuchtigkeit. Auch der Bodenbelag hatte sich durch diese extreme Feuchtigkeitsentwicklung von unten bereits verfärbt. Eine Überprüfung unterhalb der Fensteranlagen im Außenbereich des Wintergartens bestätigte dazu, dass keine ordnungsgemäßen Abdichtungsmaßnahmen vorgenommen worden waren. Die Fensteranlagen hatte der Auftragnehmer zwar mit Dämmmaterialien „unterfüttert“, zum Außenbereich hin aber keineswegs ordnungsgemäß mit einer PVC- oder Bitumenschweißbahn abgedichtet. Nur ein PVC-Streifen war offensichtlich an die Kunststoffrahmen der Fenster angeklebt. Er hing lose bis zum Erdreich herunter. Weiterhin waren in diesen Bereichen Leerrohre vom Inneren des Wintergartens zum Garten ebenfalls nicht ordnungsgemäß abgedichtet, sondern bloß notdürftig mit Sand zugeschüttet worden. Extreme Unebenheiten Feuchtigkeit aus dem Außenbereich konnte daher ungehindert seitlich, das heißt unterhalb der Fensterkonstruktion, in die Fußbodenkonstruktion eindringen – die bereits erwähnten Schäden, also Verfärbungen und Geruchsentwicklungen, waren die Folge. Nachdem er sämtliche Sachverhalte festgestellt hatte, blieb dem Sachverständigen nur eine sach- und fachgerechte Maßnahme zur Sanierung: Die ganze Fußbodenkonstruktion musste hinunter bis zur Betonsohle entfernt werden. Gemäß der DIN 18195 waren vor den weiteren Abdichtungsmaßnahmen die teilweise als extrem zu bezeichnenden Unebenheiten innerhalb des Untergrunds auszugleichen. Dafür eignete sich etwa das Aufbringen der zementären Verbund-Ausgleichsschicht. Im Anschluß an die entsprechenden Abdichtungsmaßnahmen wurden Dämmmaterialien unter Beachtung der Wärmeschutzverordnung in einer geschlossenen Ebene verlegt. Mit entsprechenden Schüttmaterialien erfolgte eine vollvolumige Schließung der Hohlräume zwischen den Heizrohren. Im Anschluss wurde ein modifiziertes Schnellestrichsystem mit geringerer Schichtdicke eingebaut als vorgegeben. Der Auftragnehmer für Dachdeckerarbeiten führte zusätzlich zu ordnungsgemäßen Abdichtungsmaßnahmen im Wintergarten auch die Abdichtungsmaßnahmen im äußeren Bereich unter den Fensteranlagen aus. Durch sach- sowie fachgerechte Vorgehensweise konnte in der Folge von außen keine Feuchtigkeit mehr in den Wintergarten und damit in die Fußbodenkonstruktion eindringen. Nur durch Unachtsamkeit, also durch Pfusch des Wintergartenbau-Auftragnehmers – beziehungsweise seines Subunternehmers – war es zu eklatanten Baumängeln gekommen, die zu diesem sehr großen Schaden führten.