Grün und gut Nachhaltigkeit als „Must-have“?

Das Thema Nachhaltigkeit ist aus der Fußbodenbranche nicht mehr wegzudenken. Wir haben einige Stimmen zu dem Thema eingeholt und bei Herstellern nachgefragt, wie sie das Thema umsetzen.Ich weiß gar nicht, ob der Begriff in der Gesellschaft überhaupt schon richtig angekommen ist. Im Immobilienbereich ist er es sicherlich, auch bei Industrieunternehmen oder Organisationen. Nicht umsonst hat mittlerweile fast jedes Produkt eine EPD. Dahinter steckt aber auch ein kommerzieller Aspekt. Mit einem von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen oder Leed-zertifiziertem Gebäude kann ein höherer Profit erzielt werden. Bei vielen Produkten ist jedoch nicht klar, was das Thema Nachhaltigkeit eigentlich bedeutet. Ein Nichtfachmann tut sich schwer, nachhaltige Produkte von nichtnachhaltigen zu unterscheiden.↓ Der Begriff Nachhaltigkeit wird heute inflationär verwendet, sodass es für Endverbraucher immer schwerer wird, sich daran zu orientieren. Von der nachhaltigen Geldanlage zur nachhaltigen Unternehmensstrategie bis hin zum nachhaltigen Katzenfutter. Wer braucht das und vor allem: Wem nützt das? Wenn Nachhaltigkeit das Leitmotiv bei der Entwicklung von Produkten ist, macht es maximalen Sinn. Wenn Nachhaltigkeit aber zur Worthülse im Rahmen einer Marketing-Aktivität verkommt, führt es Verbraucher bewusst in die Irre. Nein, der Hype hat noch nicht nachgelassen. Er muss allerdings mit neuer Bedeutung belegt werden, um die Erwartungen zu erfüllen.↓ Das Thema ist heute nicht mehr so im Fokus wie vielleicht noch vor ein oder zwei Jahren. Viele Dinge, wie phthalatfreie Weichmacher, sind bei namhaften Herstellern mittlerweile zum Standard geworden. Wir haben uns aber beispielsweise mit der Umweltmanagementnorm ISO 14001:2004 dazu verpflichtet, bei allen Entscheidungen die Umweltaspekte zu berücksichtigen und die Umweltsituation zu verbessern. Bei der Produktion unserer Bodenbeläge legen wir Wert auf einen sorgsamen Einsatz aller Ressourcen, den Schutz von Wasser- und Luftqualität oder die Reduktion von Abfall. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind für jeden Kunden wichtige Schlagworte. Aber nur so lange es keinen Einfluss auf den Einkaufspreis hat. Kurz gesagt: Mehr bezahlen möchten die wenigsten.↓ Das Thema ist ein “Must-have” und in unserem Unternehmensleitbild festgeschrieben. Die Kunden fordern nachhaltige Produkte mehr denn je. Das können wir mit unserem Haro Parkettboden, aber auch mit unseren Design-, Laminat- und Korkböden bieten. Exemplarisch dafür ist unser Designboden Disano, der zu 100 Prozent frei von PVC und Weichmachern ist. Alle unsere Produkte sind nachhaltig und haben den „Blauen Engel“. Alles andere würde auch gar nicht in unsere Unternehmensphilosophie passen. Allerdings kann unser Produkt leider nicht selbst erzählen, dass es gut ist. Wir brauchen deshalb für eine überzeugende Kommunikation zum Kunden gut geschulte Mitarbeiter. Wenn die Verkaufsmitarbeiter im Handel von unseren Produkten und unserer Art des nachhaltigen unternehmerischen Handelns überzeugt sind, dann gelingt es auch, den Kunden davon zu überzeugen, für Haro Böden den einen oder anderen Cent mehr auszugeben.↓ Nachhaltig handeln heißt für uns, heute und zukünftig verantwortungsvoll zu handeln. Als Vorreiter in der Branche haben wir bereits Anfang der 80er Jahre, trotz fehlender Marktakzeptanz, den ersten lösemittelfreien Klebstoff auf den Markt gebracht. 2011 haben wir konsequenterweise die letzten lösemittelhaltigen Produkte aus dem Portfolio gestrichen. Seit 2010 beschäftigen wir uns überdies mit den Ökobilanzen unserer Produkte und haben selbstständig erste Umweltproduktdeklarationen erarbeitet. Aktuell können wir elf EPDs bereitstellen, sieben weitere befinden sich in der Verifizierungsphase. Unsere Vorreiterrolle untermauern wir außerdem durch die Entwicklung und Produktion sehr emissionsarmer Verlegewerkstoffe. Planer und andere Zielgruppen beschäftigen sich heute mehr mit nachhaltigen Systemen als früher. Wenn die Sinnhaftigkeit erkannt wird, dann ist auch die Bereitschaft da, einen höheren Preis zu bezahlen.↓ Nachhaltigkeit ist Bestandteil all unserer größeren Projekte – mal wird sie explizit angefragt, mal einfach vorausgesetzt. Interface hat schon 1994 die „Mission Zero“ gestartet, mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 vollständig nachhaltig zu wirtschaften. Momentan sind wir in der Branche europaweit der Hersteller mit dem durchschnittlich geringsten CO2-Fußabdruck von 6,8 kg CO2e/m2. Aktuelle Zahlen von 2016 zeigen außerdem, dass Interface seit 1996 seine weltweiten Treibhausgasemissionen um insgesamt 95 Prozent und den Wasserverbrauch um 86 Prozent reduzieren konnte. Der durchschnittliche CO2-Fußabdruck der Produkte konnte seit 2008 um 35 Prozent reduziert werden. Im Moment sind 58 Prozent der verwendeten Rohstoffe recycelt oder biobasiert. Dabei müssen die Produkte nicht unbedingt mehr kosten als konventionelle Lösungen. Im Gegenteil: Ganzheitliche Produktlösungen sparen dem Nutzer – auf den gesamten Lebenszyklus gesehen – sogar Geld.↓ Kork ist als Ernteprodukt und CO2-Speicher ein ökologisch nahezu perfektes Rohmaterial: Durch unsere Verpflichtung, jedes Produkt durch den Mehrwert von Kork nachhaltiger zu machen, werden gleichzeitig die Korkeichenwälder, ein sensibles Ökosystem, bewahrt. Für uns gehört zur Nachhaltigkeit auch die Nutzung logistischer Möglichkeiten: 90 Prozent unserer Waren lassen wir auf dem Seeweg transportieren. Und unseren Energiebedarf decken wir zu rund 60 Prozent durch Biomasse – auch aus Korkresten, die nicht mehr verarbeitet werden können. Wir setzen auf Zertifikate des Eco-Umweltinstitutes, Labels wie das Kork-Logo und „Green Gard“ oder arbeiten mit dem WWF zusammen. Nachhaltigkeit wird als Standard vorausgesetzt, dabei ist die Bereitschaft der Händler, mehr zu zahlen, praktisch nicht gegeben. Nüchtern betrachtet ist das Gesetz des Marktes stärker und der Wettbewerbsdruck enorm.↓ Uns erreichen unverändert Anfragen zur Nachhaltigkeit. In der Novellierung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) im April 2016 wurde das Thema „Nachhaltigkeit“ noch einmal fest verankert. Schon seit 2006 tragen „nora“-Bodenbeläge – als erste elastische Bodenbeläge überhaupt – den „Blauen Engel“. Auch bei unseren Produktions- und sonstigen Arbeitsprozessen achten wir auf ein ressourcenschonendes Vorgehen. Zum Beispiel konnten wir durch den Einsatz moderner Messtechnik, wie der Online-Dickenprofilmessung vor dem Vulkanisieren, in den letzten fünf Jahren jeweils durchschnittlich rund ein Prozent der Einsatzmenge von Rohstoffen bei gleicher Mengenausbringung reduzieren. Derzeit läuft bei uns auch ein Projekt auf Hochtouren, dessen Ziel es ist, unseren Energieverbrauch künftig komplett mit erneuerbaren Energien zu decken. Das haben wir gefragtTäuscht es oder hat der Hype um das Thema Nachhaltigkeit nachgelassen? Nennen Sie ein Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen. Wie groß ist der Anteil explizit nachhaltiger Produkte in Ihrem Sortiment? Auf welche Zertifikate und Labels setzen Sie dabei? Wie groß ist die Bereitschaft Ihrer Kunden, für nachhaltige Produkte mehr Geld auszugeben?