bwd im Gespräch mit Alexander Friesen, Prokurist und Vertriebsleiter Deutschland bei Interface Modularen Mehrwert bieten

Binnen Jahresfrist konnte Interface zusammen mit ausgewählten Großhandelspartnern sein Engagement im Kleinobjekt ausbauen. Seit Juni ergänzt eine kompatible LVT-Kollektion das textile Fliesen- und Plankenangebot. Was treibt das Unternehmen an? bwd Im Gespräch mit bwd kündigte Interface vor Jahresfrist eine neue Großhandelsoffensive an. Was ist daraus geworden? Friesen Unsere Strategie, neben dem klassischen Objektgeschäft das anonyme, kleine Projektgeschäft mehr in den Fokus zu stellen, traf auf den Wunsch einzelner Großhändler, künftig enger mit uns zusammenzuarbeiten. Als ersten strategischen Großhandelspartner haben wir die Mega gewonnen und ich darf sagen: Wir haben zusammen in den ersten Monaten gute Ergebnisse erzielt. Mit Jordan werden wir Mitte September einen weiteren Großhändler als engen Partner vorstellen. bwd Heißt das, dass Sie sich ausschließlich auf diese beiden Großhändler konzentrieren? Friesen Nein, wir werden natürlich künftig auch mit anderen Großhändlern zusammenarbeiten. Aber strategisch nehmen die Mega und Jordan eine besondere Rolle ein, die wir mit entsprechender Manpower, einem individuellen Servicepaket und mit Produkten, die sonst so im Markt nicht erhältlich sind, dokumentieren. bwd Können Sie das konkretisieren? Friesen Sowohl für die Mega als auch für Jordan gibt es einen eigenen Ansprechpartner im Vertrieb, der sich ausschließlich um diesen Großhändler kümmert und der sich mit der Struktur des betreffenden Großhändlers auskennt. Jan-Patrick Brödje unterstützt beispielsweise als Key-Account-Manager Großhandel ausschließlich die Mega und ist für deren Niederlassungsleiter und Kunden bundesweit Ansprechpartner. Was die Produkte anbelangt, wird, um ein Beispiel zu nennen, noch im September die Interface-Joka-Kollektion am Markt vorgestellt. bwd Wollen Sie damit sagen, dass Interface als Marke in den Eigenkollektionen dieser Großhändler sichtbar bleibt? Friesen Ja. bwd Da mussten Sie vermutlich gewichtige Argumente in die Waagschale werfen. Friesen Das Thema der Stunde lautet Modularität. Es gibt hier einen ganz klaren Boom, von der auch die Teppichfliese profitiert. Der Großhandel hat entsprechend für sich die Vorteile der modularen Systeme erkannt. Uns kommt zugute, dass wir diesen Trend mit unseren Produkten optimal bedienen können. Interface stellt seit 50 Jahren Teppichfliesen her, ist Weltmarktführer und überzeugt nicht nur mit Design, sondern auch mit der Qualität, die dahinter steckt. bwd Aber es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob man Planer und Architekten bedient oder den Großhandel und dessen Kunden aus dem Handwerk. Friesen Da haben Sie Recht. Beim Projektgeschäft unter 500 Quadratmeter muss das Servicepaket ganz anders geschnürt sein als im großen Objekt. Wir sind deshalb mit unseren Marketingaktivitäten vor Ort in den Großhandelsniederlassungen. Wir geben Schulungen und leisten Überzeugungsarbeit. Es stimmt ja, Interface war lange Zeit bei Bodenlegern, die sich im Kleinobjekt tummeln, nicht bekannt. Auf Interface stieß man in erster Linie, wenn man sich an Ausschreibungen beteiligt hat. bwd Wir würden behaupten, dass der Bodenleger noch immer gewisse Vorbehalte gegen Teppichfliesen hat, zumal wenn diese nicht verklebt werden. Friesen Es gibt sicher Bodenleger, die negative Erfahrungen gemacht haben. Der Sicherheitsaspekt rangiert beim Handwerker ganz weit vorne. Und natürlich haben wir uns die Frage gestellt, wie schaffen wir es, dem Bodenleger die Angst vor lose verlegbaren Systemen zu nehmen. Es reicht nicht, wenn wir wissen, dass es perfekt funktioniert. Bei dieser Aufklärungsarbeit kommt dem Großhandel eine bedeutende Rolle zu. Wenn er sagt: es funktioniert und wenn du Fragen zur Verlegung hast, schicken wir dir den Anwendungstechniker von Interface auf die Baustelle, hat das Gewicht. bwd Ein wesentliches Argument für modulare Beläge ist die Gestaltungsfreiheit. Nutzt der Handwerker den kreativen Spielraum am Boden aus? Friesen In erster Linie sind es eher Architekten, die den Fußboden als Gestaltungselement begreifen, um beispielsweise Flurbereiche abzugrenzen, Wohlfühlbereiche zu markieren oder Übergänge zu schaffen. Aber wir stellen fest: Auch Objekteure erkennen zunehmend den Mehrwert, der sich über kreative Fußbodengestaltung mit Fliesen und Planken realisieren lässt. Aber auch hier gilt: man muss Überzeugungsarbeit leisten. Bis ein Handwerker die ersten 500 Quadratmeter verlegt, dauert es. Aber wenn er es einmal gemacht hat, tut er es wieder. bwd Worin liegt die Hemmschwelle? Friesen Sie liegt sicher auch darin begründet, dass hier häufig nach einem Verlegeplan gearbeitet werden muss. Das ist für viele Neuland. Wir beschäftigen bei Interface übrigens drei Architekten und Designer, die nichts anderes tun, als Verlegepläne für das Projektgeschäft zu erstellen. Wir machen die Erfahrung: Ist der Objekteur erst einmal angefixt, bietet er von sich aus die Gestaltung an und: Die Bauherren bezahlen diese Leistung bereitwillig. bwd Seit Juni bietet Interface mit „Level Set“ eine LVT-Kollektion an. Im Office-Segment, wo Interface in erster Linie zuhause ist, spielen LVT-Beläge aber keine Rolle. Wie geht das zusammen? Friesen Im Office-Segment sind die LVT-Volumina nicht so groß, das stimmt. Dennoch gibt es auch hier partiell Bereiche, wo LVT eingesetzt wird. Ausgehend von den USA haben wir aber gemerkt, dass Architekten gerne mehr mit LVT arbeiten würden, indem sie Kunststoff-Designbeläge mit modularen textilen Belägen kombinieren. Unsere Strategie ist es, in der Kombination von textilen Planken und Fliesen mit LVT ein modulares System anzubieten und uns damit auch Marktsegmente zu erschließen, wo die textile Fliese bisher außen vor war. Denken Sie an den Ladenbau oder das Hospitality-Segment. bwd Wer produziert die Interface-LVT-Kollektion? Friesen Wir beziehen die Produkte von einem südkoreanischen Hersteller, der nach unseren Parametern produziert und weltweit liefert. Wir arbeiten in den USA schon länger mit diesem Hersteller auf Projektbasis zusammen. Mit Beginn des Jahres haben wir die Zusammenarbeit ausgedehnt. bwd Was zeichnet „Level Set“ aus? Friesen Die Kollektion ist optisch natürlichen Materialien nachempfunden. In Kombination mit unseren Teppichfliesen entsteht so ein abgestimmtes Gesamtbild. Man kann alle unsere Teppichbodenfliesen aufgrund der identischen Gesamtdicke von 4,5 mm passgenau und nahtlos mit der LVT-Kollektion kombinieren und mit dem klebstofffreien TacTiles-System von Interface verlegen. Dazu kommt: Die Rückenkonstruktion verbessert den Trittschall um 16 dB. bwd Kollidiert das LVT-Engagement nicht mit dem Interface-Bekenntnis zu nachhaltigem Handeln? Friesen Wir haben mit der Teppichfliese in Sachen Nachhaltigkeit seit 1996 Pionierarbeit geleistet. Die hohe Messlatte legen wir auch bei unseren elastischen Bodenbelägen an. Wir haben die absolute Kontrolle und Transparenz, was die Produktion von „Level Set“ anbelangt. Die Produktion erfolgt fair und nachhaltig. Alle elastischen Bodenbeläge von Interface verfügen über Umweltproduktdeklarationen, sogenannten EPDs. bwd Das Interface-Versprechen „Mission Zero“ verpflichtet das Unternehmen bis zum Jahr 2020 vollkommen nachhaltig zu sein. Ist das angesichts des neuen Engagements bei Kunststoffbelägen noch realistisch? Friesen Hier wird man differenzieren müssen. Was den textilen Belag anbelangt, sind wir davon nach wie vor überzeugt und arbeiten mit Hochdruck daran. bwd In einem rückläufigen Markt für textile Bodenbeläge verkündet Interface in schöner Regelmäßigkeit Wachstum, ohne dabei zum Beispiel auch für Deutschland konkrete Zahlen vorzulegen. Was können Sie ad hoc vermelden? Friesen Wir haben in Europa 2016 einen Umsatz in Höhe von 240 Millionen Euro erzielt. Wir wachsen in Deutschland jährlich weiterhin zweistellig und haben, was die Manpower anbelangt, diese in den letzten vier Jahren verdoppelt. bwd Vielen Dank für das Gespräch. Mit Alexander Friesen sprachStefan Heinze am Firmensitz von Interface Deutschland in Krefeld.