Mehrschichtig modulare Bodenbeläge (MMF): Potentiale nutzen

Mehrschichtig, modulare Bodenbeläge (MMF) sind nicht nur mehrschichtig, sondern sogar äußerst vielschichtig. Das schafft Chancen und Potentiale, die man allerdings nur nutzen kann, wenn alle wissen, womit sie es wirklich zu tun haben.

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    Mehrschichtig modulare Bodenbeläge: Eine gigantische Spielwiese
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    Mehrschichtig modulare Bodenbeläge sind derzeit die Innovationstreiber im Fußbodensegment.
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    MMF
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    Bestandsflächen einfach und unkompliziert überlegen, das versprechen viele mehrschichtig modulare Bodenbeläge.
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    MMFs
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    Über den Telegrafieeffekt, das Durchzeichnen des Altuntergrundes muss man sich bei ­Rigid-Produkten kaum Sorgen machen.

Fragt man einen Bodenleger, ob modulare Multilayer im täglichen Geschäft ein nennenswertes Thema sind, schüttelt er zumeist den Kopf. Eine Kundenanfrage oder eine Ausschreibung mit der Belags­anforderung MMF kommt höchst selten vor und weiterführende Begriffe wie Rigid oder Rigid Core, EPC oder SPC sind ebenso bekannt wie die vielzitierten böhmischen Dörfer. Selbst für anerkannte Experten der Branche läuft die neue Belagsgeneration nur irgendwo am Rande mit.

Besucht man allerdings die großen Fußbodenmessen, könnte man meinen, es gäbe kaum eine Produktgattung, für die derzeit mehr getrommelt wird und die sich innovativer gibt als die schwimmend verlegbaren mehrschichtigen Fußbodenmodule. Das spiegelt sich auch in Zahlen wider. Der Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA e.V.), der diesen Belägen seit Jahren mit seiner eigenen unzweifelhaft vorhandenen Fußbodenkompetenz auf die Sprünge helfen will, beziffert den Absatz von Belägen auf HDF-Träg er 2018 mit etwa 12 Mio. Quadratmetern. Bei den Produkten auf Polymer- oder Polymerkompositbasis, beide mit weiter steigender Tendenz, lag der Absatz gar bei 62 Mio. Quadratmetern. Positiv entwickelt sich auch der Absatz der dritten, im Aufbau sehr vielfältigen und kaum zu fassenden Variante.

Drei neue Klassen für mehr Transparenz bei MMF

Dabei ist man immer noch in der Findungsphase, was sich auch darin offenbart, dass man vor kurzem die bis dato geltenden, an den Produktaufbau angelehnten Klassen 1, 2 und 3 durch die Bezeichnungen "Wood" (Polymere, d.h. elastische Deckschichten auf hölzernem Kern), "Polymer" (heterogene LVT-Produkte) und "Mixed" (Träger aus Zement, Gips, Kork o.Ä.) angepasst hat. Polymer wird darüber hinaus in klassische "LVT-Klickprodukte" und "Rigid auf unterschiedlicher Basis" untergliedert (rigid – engl. starr).

Die Verbandsprotagonisten wissen, wie man allein mit der Namensgebung die Positionierung am Markt stabilisieren und voranbringen kann. LVTs, die ursprünglich von den homogenen Vinylbelägen mittels der Bezeichnung "Laminated Vinyl Tile" abgegrenzt wurden, dienen als Beispiel. Sie traten ihren Siegeszug erst so richtig an, seit man das Attribut "laminated" durch das höherwertig klingende "luxury" ersetzte und seitdem von "Luxury Vinyl Tiles" spricht. Ein wahrer Geniestreich des Marketings.

Aber nicht nur der Marketingansatz, sondern insbesondere auch die Schaffung der notwenigen Klarheit in den Begrifflichkeiten sind die vorrangigen Aufgaben und Ziele des Verbandes, der sich vor allem Transparenz dem Kunden gegenüber auf die Fahnen geschrieben hat. Da hilft zwar auch die Normierung, aber noch wichtiger sind klare Aussagen und Übereinstimmungen zu der neuen Produktgeneration unter den Marktpartnern. Falsche Vorstellungen, die von ständig neuen Trittbrettfahrern bei den Kunden geweckt werden, können zu Rückschlägen bei der Akzeptanz führen. Darin ist sich der MMFA einig.

Eine Gefahr: Fehlentwicklungen

Die Gefahr der Fehlentwicklung ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Wer denkt nicht an die vor allem produktionsgesteuerten Laminatbeläge, die sich in den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts zunächst auf dem für sie komplett neuen Feld des Fußbodens zurechtfinden mussten. Das schafften sie erst im zweiten Anlauf, dann aber umso eindringlicher. Deren damalige Förderer, die zum großen Teil auch auf der MMF-Bank sitzen, leiteten mit zielgerichteten Innovationen und begleitenden Forschungsvorhaben eine im Fußbodenbereich beispiellose Erfolgsstory ein, von der viele profitierten.

Auch die Entwicklung der MMF-Böden hat zahlreiche neue Mitstreiter auf den Plan gerufen, die mit immer neuen Produktvarianten offensiv den Markt erobern wollen und dabei auch vor vollmundigen Versprechungen nicht zurückschrecken. "Rigidböden kann man ohne Bedenken bei bodentiefen Fenstern und im Wintergarten verlegen. Sie verändern ihre Dimensionen unter Sonneneinstrahlung nicht. Man braucht sie nicht zu akklimatisieren, sie sind sofort einsatzbereit, selbst auf nicht perfektem Untergrund wie alten Fliesen. Da zeichnet nichts durch. Verlegungsflächen von bis zu 400 m² stellen kein Problem dar, selbstverständlich ohne störende Schienen. Feuchtraum- oder Stuhlrolleneignung bedeuten ebenfalls keine Schwierigkeit für die Alleskönner, die sich auch auf fußbodenbeheizten Estrichen pudelwohl fühlen." So oder ähnlich lauten die Produktanpreisungen zumindest vordergründig. Im Kleingedruckten werden die Ansprüche dann gerne zurückgeschraubt oder mit Bedingungen unterlegt, die in der Praxis kaum umsetzbar sind. Vorsicht ist also geboten!

Es gelten die bestehenden Gesetze

Wenn man zum Beispiel die dünnen, zu klickenden Vinylbeläge ohne Spachtelung allein auf Dämmunterlage verlegt, gelten auch weiterhin die Gesetze der schwimmenden Verlegung. Nachgiebigkeiten, Bewegungsfugen, das Durchscheinen von Untergrundungenauigkeiten auf den glänzenden Oberflächen, das Auftreten von Kopffugenöffnungen, all das muss bedacht werden. Hat man sich eigentlich schon über Hohlstellen oder den Gehschall Gedanken gemacht? Das sind Themen, die in der Praxis mit Sicherheit akut werden, wenn das Fachhandwerk seine Leistung mit allen Verantwortlichkeiten an den Mann bringen muss.

Die Skepsis, dass alles doch nicht so einfach wie versprochen gelingen könnte, ist sicherlich der Hauptgrund, warum das erfahrene Fachhandwerk bisweilen zögert, wobei die fehlende Kenntnis, wie und ob das vielschichtige Material bei Luftfeuchtewechseln oder Temperaturschwankungen tatsächlich reagiert, eine fachgerechte Verlegung ausschließt. Dabei winken Flächen. Alte Fliesen einfach zu überlegen, dank steifer Trägerplatten, die die Unebenheiten ohne Abzeichnung schlucken, dabei unterstützt von zielgerecht eingesetzten Unterlagen, das schafft Potentiale. Nicht nur in Küchen- oder Eingangsfluren, sondern auch im Bad. Denn im Fokus liegen die Wasserfestigkeit und Dimensionsstabilität harter Beläge, die logischerweise dann ohne den bereits in seinen Eigenschaften bekannten Holzkern daherkommen.

Unzählige Möglichkeiten

Schon winkt der Objektbereich beispielsweise mit repräsentativen Arztpraxen oder mit stylischem Ladenbau, selbst wenn die Erfahrung mit alternativen "Hartkernen" auf sehr dünnen Beinen steht. Den Entwicklern der MMF-Böden schwebt vor, jedes Dekor und jede Optik herstellen zu können, um zunächst mit diesem Feature den Kunden einzufangen und dann das Produkt für den jeweiligen Anwendungszweck mit beliebiger Zusammensetzung aus der Schublade zu holen. Die individuelle Problemlösung getreu ihrem Ziel, einen Bodenbelag zu schaffen, der so viele Vorteile unterschiedlicher Produktgattungen in nur einem Produkt in sich vereint, wie kein anderer, ist gefragt. Man könnte innerhalb der Aufbauvarianten variabel spielen und beispielsweise mit unterschiedlichen Leimen zwischen den Schichten die Elastizität oder gar die antistatischen Eigenschaften beeinflussen oder den Oberflächenschutz weiter verbessern.

An Möglichkeiten gibt es mit MMFs gar viele. Sie haben dabei die Einordnung in klassische Produktkategorien aufgehoben und den Entwicklern eine große Spielwiese geschaffen, auf der sie sich tummeln können. Das Rennen ist eröffnet, die Fußbodengesetze sind aber deswegen nicht außer Kraft.

Drei neue Klassen bei mehrschichtig modularen Bodenbelägen

  1. Wood (Holzwerkstoffträger mit Polymer- oder Korkoberfläche)
    Alle Produkte auf holzbasiertem Träger (mindestens 65 % Gehalt an Holzpartikeln/-fasern im Träger) mit Polymerauflage oder mit Kork-Auflage (Dicke Kork < 2,5 mm).
  2. Polymer (Polymerträger mit Polymeroberfläche)
    Substrate auf Polymer- oder Polymerkompositbasis mit Polymerauflage und/oder Polymerlacksystem.
    Mit zwei Unterkategorien
    - LVT: LVT-Klickprodukte
    - Rigid Products: EPC/SPC
    Alle anderen Polymer-Klickprodukte auf Basis von EPC (Expanded Polymer Core) oder SPC (Solid Polymer Core).
  3. Mixed (Alle anderen Aufbauten)
    Hinweis: Zur Produktkategorie "Mixed" gehören beispielsweise MMF-­Module mit Klicksystem und textiler Oberfläche oder solche auf mineralischem Trägermaterial.