Böden aus Holz Mehr Mut zur Vielfalt

Parkett bietet so viele Möglichkeiten. Doch der Trend zur Eichenlandhausdiele der vergangenen Jahre hat die Kreativität stark eingeengt. Mit etwas mehr Mut, eigenen Ideen und einem größeren Holzartenmix könnten Hersteller etwas daran ändern.Es gibt wohl keinen Baustoff, der so viele verschiedene Anwendungsbereiche oder Beanspruchungsanforderungen abdeckt, wie der Fußboden aus Holz – sei es vom schlichten Wohnzimmer über das repräsentative Schloss, von der Tanzfläche in der Gaststätte über den Residenzsaal des Nobelhotels, vom Speisesaal eines Bahnhofs über die Shopping Mall eines Flughafens oder vom kleinen Fitnesscenter über die internationalen Sporthallen dieser Welt. Kaum eine andere Bodenausstattung ist so vielseitig und passt sich dem jeweiligen Anspruch an wie Parkett. Ein Holzfußboden kann in nahezu jedem Raum seine Stärken ausspielen, kann ihn gestalten, gliedern, beherrschen oder ihm einfach nur als langfristig funktionierender Belag dienen. Unterschiedliche Kriterien für BodenhölzerDieser Vorzug ist nicht nur den technischen, optischen und gestalterischen Eigenschaften des Werkstoffs zu verdanken. Auch die grenzenlosen Möglichkeiten, Parkett zu verarbeiten und in unterschiedlichster Form auf den Boden zu bringen, spielen eine Rolle. Ein wichtiges Kriterium, das zum Beispiel jedes Bodenholz erfüllen muss, ist dessen Härte. Da Bodenbeläge täglich mit Füßen getreten werden, müssen sie in erster Linie robust sein. Hölzer haben eine große Bandbreite unterschiedlicher Härtegrade, technisch bei uns zumeist als Brinellhärte bezeichnet. Diese reicht von den weicheren Nadelhölzern mit ihren bevorzugten Anwendungen in mäßig beanspruchten Bereichen mit Holzarten wie Lärche, Kiefer oder Douglasie über die mittelharten Kirsch- oder Nussbaumholzarten mit etwas höherer Beanspruchbarkeit über die robusten Ahorn-, Buchen-, Eschen- oder Eichenhölzer bis zu den knochenharten Exoten mit extremen Nutzungsmöglichkeiten wie Wenge, Jatoba oder Ipe. Unterschiedliches Verhalten von HolzIn engem Zusammenhang mit den Härten steht die Rohdichte. Sie kann ebenfalls ein Kriterium für die Auswahl der qualitativen Eignung je nach Anwendungszweck sein, wird aber wegen der Korrelation zur Härte nur indirekt herangezogen. Immer wieder entscheidend ist hingegen das differenzielle Quell- und Schwindmaß der Hölzer. Dieser Wert sagt etwas über das Verhalten von Holz gegenüber Raumluftfeuchtewechseln und über das Ausmaß der Fugenbildungen in trockenen Winterperioden aus. Unter Parkettfachleuten liefert auch die Feuchtewechselzeit eine beliebte Zuordnung. Sie gibt die Geschwindigkeit an, mit der sich Holz unterschiedlichem Klima anpasst. Mit der Feuchtewechselzeit wollen Handwerker eine Aussage darüber treffen, wann ein bestimmtes Erscheinungsbild sichtbar werden könnte. Daneben gibt es den Wärmedurchlasswiderstand. Er ist von Holz zu Holz unterschiedlich, wird aber bei den für Parkett eingesetzten Dimensionen nur geringfügig ins Kalkül gezogen. Holz punktet mit einer vielfältigen FarbauswahlWeitere Qualitätsparameter für die Auswahl von Bodenholz sind das E-Modul, Eigenschaften der natürlichen Resistenz gegenüber biologischem Abbau, die Verarbeitbarkeit beim Trocknen, Verkleben, Schleifen oder Oberflächenbehandeln sowie das immer zu berücksichtigende Stehvermögen und die Formstabilität. Aber die wohl wichtigste Größe ist die Holzfarbe. Sie ist äußerst variabel und reicht von hellgelb bis dunkelbraun, von rötlich bis tiefrot, von fast weiß bis nahezu schwarz, von grünlich bis golden, von eschefarben bis nussbaumbraun, von kirschrot zu olivbraun oder von hainbuchenweiß bis ebenholzschwarz. Parkett bietet unzählige optische Farbvarianten. Umgang mit natürlichen MaterialienDiejenigen, die sich für Holz auf dem Boden entscheiden, umgibt also eine ungeheure Vielfalt – allein schon durch die Werkstoffauswahl. Gleichzeitig gilt es, das richtige Parkett für den jeweiligen Anwendungszweck mit der dazugehörigen Beanspruchung zu finden. Dabei müssen jedoch genau die Kompromisse eingegangen werden, die den Umgang mit natürlichen Materialien so interessant machen. Denn die Natur bietet alles, aber nicht den idealen Werkstoff. So bedeutet zum Beispiel eine hohe Härte aufgrund der hohen Rohdichte und der damit oftmals verbundenen Reaktion auf Feuchtewechsel zuweilen auch eine größere potenzielle Fugenbildung oder Verformungsneigung. Intensive Farbigkeit kann aufgrund hoher Inhaltstoffkonzentrationen Probleme bei der Verleimung oder Oberflächenbearbeitung nach sich ziehen. Für den Fachmann ergeben sich daraus genau diejenigen Herausforderungen, die er kennen muss und mit deren Wissen er sich profilieren kann. Doch nicht nur der Werkstoff selbst bietet eine unvergleichliche Vielfalt. Auch die Verarbeitung zu unterschiedlichen Parkettelementen erweitert die Produktpalette. Fragt man Hersteller nach ihrer Produktvielfalt, hört man oftmals Größenordnungen von zwei bis 3.000 verschiedenen Artikeln, die zum Teil lagermäßig vorgehalten werden. Hersteller bieten Variation in allen FacettenDiese enormen Zahlen kommen aufgrund der unterschiedlichen Hölzer, Parkettarten, Sortierungen und Abmessungen zustande. Denn es gibt nicht nur Mosaik-, Stab- oder Hochkantlamellenparkett, sondern auch mehrschichtiges Parkett im Dielen- oder Stabformat sowie Massivdielen, Holzpflaster oder Tafelparkett in allen Längen, Breiten und Dicken. Damit lassen sich wiederum unterschiedliche Muster verlegen, vom einfachen Verband über Fischgrät oder Würfel bis in die ganze Bandbreite der historischen Muster oder Fantasieböden. Darüber hinaus können Handwerker die Oberfläche des Holzes auf verschiedene Weise bearbeiten: vom Versiegeln in allen Variationen bis hin zum Wachsen und Ölen mit allen Zwischenstufen und Modifikationen. Seit einigen Jahren werden Parketthölzer sogar wieder gebürstet, gefast, gehobelt, handbehauen und eingefärbt. Die Eiche dominiert den MarktDie Möglichkeiten, mit Parkett Räume zu gestalten, sind so vielfältig wie bei keinem anderen Werkstoff, der auf dem Boden liegend seine nutzungsgerechte Funktion erfüllen soll. Doch in der Realität wird das Potenzial nicht einmal annähernd ausgeschöpft. Schaut man in die Ausstellung der Groß- und Holzhändler oder besucht die verschiedenen Flagshipstores der Hersteller, gewinnt man den Eindruck, dass es nur noch eine einzige Holzart gibt: die Eiche in Form der Landhausdiele. Sie wird zwar immer wieder neu in Szene gesetzt und in ihrer ganzen Pracht präsentiert, das Muster bleibt aber schlicht und eintönig. Zugegeben: Man variiert die Oberflächenbehandlung, ihre Bearbeitung, Abmessungen und Formate, verändert die Kantenprofilierung, den Astanteil oder versucht, die Möglichkeiten der Holzstruktur und Sortierung auszuloten. Der Wettbewerb findet in den Astlöchern stattDie Designabteilungen in den Unternehmen gewinnen die Oberhand und verkaufen die vorhandenen Nuancen mit bewundernswerter Wortakrobatik. Sie sprechen von warmen Erdtönen, elegant seidenmatten Oberflächenfinishs, rauchigen, schwarzen oder Anthrazittönen, die subtil und authentisch daherkommen, zurückhaltend anmuten und Behaglichkeit, Individualität, Exklusivität oder noble Eleganz vermitteln sollen. Die Versiegelungen und Öle reichen von matt bis roh und scheinbar unbehandelt, die Farbgebung, für die in den letzten Jahren viele neue Möglichkeiten entwickelt wurden, von weißlich angehaucht, gräulich, bräunlich, bernsteinfarben bis ins "tiefdunkle“ schwarz. Der Wettbewerb findet in den Astlöchern statt oder in den Rissen, die farbneutral oder kontrastierend gefüllt und – sofern es denn stimmt – handbearbeitet werden. Dabei verwischt jedoch die Grenze von natürlich vorhandenen, nachgearbeiteten und zusätzlich aufgebrachten Alters- und Gebrauchsspuren immer mehr. Verantwortung übernehmenDie Dominanz der Eichenlandhausdiele schafft allerdings auch Probleme. Aufgrund der Dielengroßformate sind den Herstellern hinsichtlich Ausbeute und Rohstoffausnutzung natürliche Grenzen gesetzt. Die Verfügbarkeit des gefragten Holzes ist limitiert, die Preise für die erforderlichen Formate und Sortierungen steigen, die reinen Konfektionierer von billigen Trägerplatten und Standardauflagen nehmen zu. Die mit heimischen Ursprüngen einstmals ausgeschifften Containerladungen kommen nun gefüllt mit Standardabmessungen kostengünstig über die Meere der Welt in unsere Märkte zurück und füllen die Regale der Anbietermärkte. Dass Eiche auf diese Weise zur Massenware verkommt, macht den Umgang mit diesem Holz für all diejenigen, die Verantwortung für die weit über einhundert Jahre gewachsene Ressource verspüren, nicht leichter. Mehr Holzartenmix nötigDie Parkettindustrie hat inzwischen reagiert und ist trotz lebensnotwendiger Volumenausrichtung nicht ohne Kreativität. In den letzten Jahren sind der beschriebenen Situation zufolge Musterböden, zusammengesetzt aus Großmodulen, Fischgrät herkömmlich und in ungarisch/französischer Variation, einzeln und als leicht verlegbare Dielen, Leiterböden und selbst klassische Tafelböden in den Mittelpunkt gerückt worden. Zusätzlich versucht man in zarten Ansätzen, alternative Holzarten zu protegieren. Der Buche wurde wieder etwas Leben eingehaucht, was aufgrund der Verfügbarkeit und auch ihrer fußbodentechnischen Eigenschaften folgerichtig ist. Allein der gegenwärtige Modetrend spricht gegen dieses Holz, dessen Eigenheiten man kennen muss. Die Esche ist ebenfalls ein einheimischer Klassiker, wenn es um den Ersatz von Eiche geht. Diese scheitert allerdings immer wieder an ihrem erheblichen Anteil dunklen Kernholzes und an der seit einigen Jahren um sich greifenden Eschenwelke. Man könnte noch den Ahorn nennen, den Nussbaum oder die Douglasie – nichtsdestotrotz bleibt es schwierig, Alternativen zu finden, solange die gegenwärtigen Einrichtungstrends den Parkettmarkt bestimmen. Dabei ist für die Parkettbranche durchaus mehr Selbstbewusstsein angesagt. Mit Fußboden gestaltenGalt früher die These, die Möbelindustrie und deren Nachfrage bestimmen, welche Hölzer aktuell und zukünftig die Wohn- und Einrichtungsmode beherrschen, ist dort ein deutlicher Wandel eingetreten. Der Fußboden ist, ohne anmaßend zu sein, gerade in jetzigen Zeiten spartanischer und minimalistischster Einrichtungen, gekennzeichnet von wenigen fokussierenden Designelementen, zum Wohnmöbel und Gestaltungselement "Nummer 1“ geworden. Der Boden nähert sich somit wieder der Bedeutung, die er vor einigen Jahrhunderten hatte, als mit einfachen, raumgliedernden Dielenkonstruktionen die Einteilung der Thron- und Festsäale in den feudalen Herrschaftshäusern vorgenommen wurde. Mut zu eigenen TrendsWas spricht gegen den Versuch, eigene Trends zu setzen, die auch die Belange der gesamten Parkettbranche berücksichtigen? Auf diese Weise könnten Hersteller der überflutenden Eichennachfrage Herr werden. Auch wenn es in Zeiten von Nachhaltigkeit und Umwelterhalt sicherlich nicht ganz einfach werden dürfte, für die Vielfalt der ganzen Holzbandbreite zu argumentieren. Denn neben den immer wichtiger werdenden einheimischen Hölzern waren tropische Holzarten mit ihren fantastischen Fußbodeneigenschaften schon immer ein Treiber der Parkettnachfrage. Der Markt braucht langfristig Besonderheiten und nicht nur eingefärbte, sondern farbechte Hölzer aus fernen Ländern. Auf exotische Hölzer zu verzichten ist daher nicht der richtige Weg. Übernutzung der Eiche ist alternativlosDass man dabei auf eine verlässliche Herkunft setzen muss, um die aktuelle Eichenproblematik sinnvoll anzugehen, ist jedoch selbstverständlich – ohne jegliche Alternative und Grundvoraussetzung. Denn genauso wenig wie ein Tropenholz per se dem Raubbau unterliegt, ist die derzeitige Übernutzung der Eiche alternativlos. Für Hersteller, die den Druck auf dieses Holz immer mehr spüren, und für die Handwerker, die eine Spielwiese benötigen, sich mit erworbener Kompetenz im Markt zu differenzieren und zu behaupten, könnte vermehrte Parkett- und Mustervielfalt mit einem größeren Holzartenmix langfristig ein Weg sein, sich im Markt zu behaupten. Dass Parkett weiterhin erfolgreich sein wird, dafür spricht alleine seine natürliche Herkunft.