Der interessante Schadensfall Linoverformung über Parkett

Der Systemanbieter von Spachtelmasse und Grundierung empfiehlt unter Linoleumbelägen auf Holzunterkonstruktionen genau die im vorliegenden Fall eingesetzten Produkte. Allerdings mit einer Einschränkung. Die hatte der Verleger offenbar überlesen.Bei Um- und Erweiterungsarbeiten wurden in diversen Klassenzimmern eines älteren Schulhauses neue Bodenbeläge eingebaut. Bestehende alte Linoleumböden, schwimmend verlegt auf Filzkarton, wurden vom Baumeister ausgebrochen und entsorgt. Die verbleibenden Bodenkonstruktionen, bestehend aus drei gekreuzten Lagen Blindboden Fichte, mit Kokosdämmmatten in den untersten Zwischenräumen und zuoberst einem aufgenagelten Massivparkett Eiche mit Nut-/Federverbindung, erhielten die notwendigen Vorarbeiten zur Aufnahme eines neuen Endbelages. Dazu wurden die Massivparkettböden, mit mehr oder weniger planen Riemenoberflächen, mit einer 2K-Dispersionsgrundierung vorbehandelt und darauf eine faserarmierte Spachtelmasse, gemäss Herstellervorgaben und in der erforderlichen Dicke, aufgetragen. Auf die Spachtelmasse erfolgte die vollflächige Verklebung von neuen Linoleumbelägen. Nach dem Entfernen von Einbauschränken und dergleichen erforderte die Unterkonstruktion während den Vorbereitungsarbeiten auch in einigen Bereichen zusätzlich Ergänzungen. Dazu wurden Holzwerkstoffplatten eingesetzt und diese auf die Höhe des Massivparketts ausgerichtet. Im Bereich von Zimmereingangstüren lagen Anschlüsse des Massivparketts an Zement- oder Betonböden vor, wobei jedoch die Übergänge nach dem Umbau nicht mehr immer direkt unter den Türen auftreten. Die Spachtelmasse wurde jedoch über Massivparkett und Holzwerkstoffplatten, wie auch bis unter die Türen, das heißt zum Teil über Zement- oder Betonböden aufgetragen. Unter der Spachtelmasse lagen also verschiedene Übergänge vor. Nach dem Einbau des Linoleums erfolgten diverse weitere Montagearbeiten von Schränken, Wandtafeln und Wandelementen. Diese wurden alle auf die neuen Linoleumböden abgestellt. Die Umbauarbeiten begannen im Frühjahr und die Linoleumverlegung konnte sodann im Herbst ausgeführt werden. Der Bezug der Räume erfolgte gegen Ende des Jahres. Im darauf folgenden Frühjahr wurden Verformungen in den Bodenbelägen festgestellt und diese als Mangel beim Bodenverlegebetrieb angezeigt. Schadensbild Beim Augenschein vor Ort durch den Experten konnten Abzeichnungen der Massivparkettriemen in der Linooberfläche festgestellt werden. Diese lagen unterschiedlich intensiv vor. Jeder einzelne Massivparkettriemen trat durch den Linoleumbelag hindurch deutlich sichtbar auf. Die Holzriemen wiesen dabei über die Breite Bombierungen nach oben auf, d.h. die Massivparkettelemente lagen konvex verformt vor. Stirnseitig angesetzte Wandfriese beim Massivparkett in Schiffbodendessin zeichneten sich ebenso deutlich ab. Auch die Ergänzungsarbeiten in den Unterkonstruktionen mit Holzwerkstoffplatten wurden erkennbar. Stellenweise lagen Absenkungen im Bereich der nachträglich montierten Holzwerkstoffplatten vor. Das Linoleum wies in den Kanten bei den Höhendifferenzen sogar Brüche auf. Dazu traten in der Bodenbelagsoberfläche Dunkelverfärbungen auf. Diese lagen immer im Bereich der Bombierungen, also bei Überhöhungen vor. In den Stossbereichen des Massivparketts, und dadurch Vertiefungen im Linoleumbelag, erschien die Oberfläche im Originalfarbton hell und sauber. Betroffen waren vor allem die stark beanspruchten Zonen in den Bodenflächen, wogegen Randbereiche kaum bis keine dunklen Verfärbungen aufwiesen. Die unnatürlichen Verformungen in der Bodenkonstruktion sowie Verfärbungen in der Linoleumoberfläche konnten ausschliesslich im Bereich von bestehenden Unterkonstruktionen aus alten Massivparkettböden festgestellt werden. Einige neu eingebaute Linoleumbeläge auf neuen Unterkonstruktionen (Estrichen) wiesen keine Unregelmässigkeiten auf. Weiter stellte der Experte fest, dass in den Schulzimmern viele Stühle mit Rollen aus hartem Kunststoff standen, ohne weiche Schicht der Räder. Beurteilungsgrundlagen Der Systemanbieter von Spachtelmasse und Grundierung empfiehlt in seinen technischen Unterlagen unter Linoleumbelägen auf Holzunterkonstruktionen genau die eingesetzten Produkte. Dieser Aufbau wird auch von anderen Spachtelmassen- und Klebstoffherstellern empfohlen sowie in der allgemeinen Verlegepraxis von Linoleumböden angewendet. Im Detail, und objektbezogen, jedoch schränken die Spachtelmassenhersteller diese Methode zum Teil ein und empfehlen diesen Systemaufbau nur auf vollflächig aufgeklebten Holzböden über Zement- oder Calziumsulfatestrichen anzuwenden. Aufgenagelte Massivholzböden auf Holzunterkonstruktionen erfordern demnach zusätzlich den Einsatz einer Zwischen- oder Entkoppelungsplatte, ordentlich befestigt auf dem Massivparkett, bevor die Spachtelarbeiten ausgeführt werden können. Auf harten Endbelagoberflächen sollten „weiche“ Stuhlrollen eingesetzt werden. Dies umschreibt auch das technische Merkblatt Nr. 12 der ISP. Harte Kunststoffrollen auf hartem Belag schmutzen schnell und intensiv an. Die verschmutzten und dadurch aufgerauten Rollenoberflächen führen sodann aus den Drehbewegungen der Rollen zu Schleifwirkungen im Bodenbelag. Übermäßig rasche Abnutzungserscheinungen auf den Bodenoberflächen können eintreten. In der Regel bieten Stuhlrollenhersteller harte Rollen für den Einsatz auf weichen Belägen, und weiche Rollen zum Einsatz auf harten Bodenbelägen an. Die Rollen können bei den meisten Qualitätsstühlen ausgetauscht werden. Schadensanalyse Die Ursache der Massivparkettabzeichnungen durch den Linoleumbelag hindurch ist auf eine fehlende Zwischen- oder Entkoppelungsmatte/-platte zurückzuführen. Die Spachtelmassenschicht, auch in ordentlicher Stärke vorliegend, konnte die Verformungen des Massivparketts nicht auffangen, respektive verformte sich mit dem Holz, da die speziellen Spachtelmassen plastische und verformbare Eigenschaften aufweisen. Dazu herrschten in den Holzbodenkonstruktionen, vor allem in den Massivparkettriemen, unterschiedliche Ausgleichsfeuchtigkeiten vor, bevor die Ausebnungsarbeiten mit Voranstrich und Spachtelmasse ausgeführt wurden. Dies wurde deutlich erkennbar an den heute unterschiedlichen Erscheinungsbildern der Bodenoberflächen bei identischem Holzunterbau. Dazu beigetragen haben außergewöhnlich auftretende Baufeuchtigkeiten sowie eventuell auch Wasserschäden während der Bauphase, welche unkontrolliert auf das Holz dergesamten Bodenkonstruktion einwirken konnten. Zusätzlich führte das Sommerklima zu erhöhten Ausgleichsfeuchtigkeiten im Holz. Die Verformungen der Massivparkettriemen wurden sodann ausgelöst durch Austrocknungen des Holzes, wobei das Massivparkett unterseitig schwinden konnte, oberseitig aber durch Spannungen aus dem Gegendruck der mehrere Millimeter dicken Spachtelmasse in der Originalbreite verblieb. Dies führte, ähnlich einem Bimetall, zu den konvexen Verformungen der einzelnen Massivparkettriemen. Bei den Übergängen vom Massivparkett zu Beton- oder Ergänzungsplatten lagen mangelhafte Bodenkonstruktionen vor, indem die verschiedenen Unterkonstruktionen ein unterschiedliches Verhalten aufwiesen oder zum Teil nicht sachgerecht miteinander verbunden wurden und in der Höhe absinken konnten. Mit einer ausreichend starken Zwischenplatte über die gesamte Fläche hätten auch derartige Veränderungen sowie das Abzeichnen von Übergängen zwischen den unterschiedlichen Materialien überbrückt werden können. Die dunklen Verfärbungen über den Überhöhungen im Bodenbelag sowie unter harten Stuhlrollen waren auf eine intensive Abnutzung der Linoleumoberfläche und nie vermeidbare Anschmutzungen zurückzuführen. Die harten, ungeeigneten Stuhlrollen wirkten wie Schleifpapier auf dem Bodenbelag und die tägliche Nutzung/Verschmutzung erzeugte die Verfärbungen. Schadensbehebung In allen Zimmern mit Verformungen in der Unterkonstruktion erforderte der bestehende Linoleumbelag einen Ersatz. Nach dem Ausbau musste eine Entkoppelungsplatte montiert werden und darüber konnte ein Neuaufbau mit Primer und Spachtelmasse ausgeführt werden. Zuoberst dann wurde das neue Linoleum aufgeklebt. Im Bereich von nachträglich fest eingebauten Wandschränken und dergleichen wurde aus Verhältnismäßigkeitsgründen der bestehende (neue) Linoleumbelag abgeschnitten und der Neuaufbau bis vor die Einbaumöbel ausgeführt. Alle Stühle mit harten Rollen erforderten eine Umrüstung auf weiche Stuhlrollen. Bernhard Lysser ist Experte ISP und Mitglied von Swiss Experts, derschweizerischen Kammer technischer und wissenschaftlicher Gerichtsexperten.