Der interessante Schadensfall: Schwimmend verlegter Parkettboden zeigt Aufwölbungen, die dann von selbst wieder verschwinden Leisten bringen Wahrheit ans Licht

Die Beanstandung einer Kundin war beim Ortstermin nicht mehr erkennbar, aber auf Fotos dokumentiert. Um die wahre Ursache zu finden, musste sich der Gutachter an den Leisten zu schaffen machen.In dem Beweisbeschluss des Gerichts standen vier Fragen, auf die der Sachverständige Antworten finden sollte: erstens, ob die Aufwölbungen in der Parkettfläche nach wie vor vorhanden wären, zweitens, ob der Grund eventueller Aufwölbungen ein falsches Raumklima oder zu frühe Verlegung sein könnte. Drittens, welche Maßnahmen zu ergreifen wären, um den Schaden zu beseitigen, und viertens, welche Kosten dabei entstehen würden. Kurz vor dem Ortstermin mit allen Beteiligten warf der Gutachter noch einmal einen Blick in die Gerichtsakte. Darin waren als Anlagen Aufnahmen der Bauherrin aus den streitgegenständlichen Räumen beigefügt, die deutlich sichtbar wellenförmige Erhebungen der Parkettfläche offenbarten. SchadensbildZu Beginn des Gutachtertermins wurden alle Regularien abgehandelt, bevor es an die Beantwortung der Beweisfragen ging, die der Sachverständige noch einmal laut vorlas. Bei der ersten Frage schien die Antwort ganz einfach: Der gesamte schwimmend verlegte Boden lag perfekt, es waren keine Aufwölbungen sichtbar, ein deutliches „Nein“ vermerkte der Gutachter in seinem Protokoll mit Hinweis auf einige Messungen mit der Richtlatte, mit einem elektrischem Feuchtemessgerät sowie auf weitere sachverständige Wahrnehmungen. Jetzt hätte er eigentlich gehen können, denn die drei restlichen Fragen wären durchaus auf Grund seiner bisherigen Untersuchungen zu beantworten gewesen. Er nahm sich jetzt jedoch — mit dem der Akte beiliegenden Foto im Hinterkopf — den genauen Schadenshergang vor: Dabei stellte sich heraus, dass das dreischichtige Parkett, das auf einem Zementestrich mit integrierter Fußbodenheizung lag, ursprünglich geklebt werden sollte. Nachdem aber die vorgenommenen Messungen auch nach acht Wochen zu hohe Feuchtigkeiten angezeigt hatten und sich der Parkettleger auch 14 Tage später aufgrund seiner Feststellungen nicht in der Lage sah, mit den Arbeiten zu beginnen, machte er aus Gründen des drängenden Baufortschritts von seiner Seite aus den Vorschlag, das Parkett schwimmend zu verlegen. Dadurch könnte das Risiko späterer Folgeschäden durch Feuchtigkeit ganz erheblich minimiert werden, weil man mit einer geeigneten Kombiunterlage aus Trittschall- und Dampfsperre ein unterseitiges Eindringen etwaiger Restfeuchte in den Aufbelag verhindern könnte. Der Boden wurde entsprechend verlegt und abgenommen. Der Einzug der Lehrerin verzögerte sich jedoch von Februar auf Juli. Jetzt wurde dem Gutachter klar, dass das Erscheinungsbild, das auf dem Foto in der Gerichtsakte dokumentiert war, durchaus einmal dem realen Zustand des Bodens entsprochen haben könnte. SchadensanalyseAlso machte er sich auf die Suche nach Indizien, die die ehemalige Aufwölbung bestätigen konnten. Er entfernte vorsichtig die Fußleisten in den Randbereichen und vorhandene Schienen innerhalb von Türen. Dabei stieß er zwar auf die Kombifolie, fand aber keinerlei Anzeichen, dass das Parkett einmal unter Quelldruck gestanden haben könnte, der wiederum die Ursache der Erhebungen gewesen sein könnte. Bei der Untersuchung der Randbereiche fielen dem Gutachter allerdings zwei Stellen auf, die ihn stutzig machten: Hinter einem Schrank schien sich auf der Fußleiste Schimmel anzudeuten und in einem Eckbereich eines Raumes deuteten dunkle Verfärbungen auf dem geölten Eichenholz auf analoge Erscheinungsbilder hin. Könnte es nicht sein, dass die zum Zeitpunkt der Verlegung noch im Untergrund vorhandene Restfeuchte dafür mitursächlich wäre und diese sich nachträglich einen Weg an die Oberfläche gebahnt hatte? Weiterhin war es nach Auffassung des Sachverständigen beachtenswert, dass die Räumlichkeiten nach Fertigstellung des Wohnhauses zunächst über Monate nicht bewohnt waren. Auf mögliche Folgen für Raumklima und Parkett wies der Gutachter bei der Beantwortung der Fragen ausdrücklich hin. Zu den eventuellen Schimmelschäden, deren Ausprägung er bildlich dokumentierte, nahm er nicht weiter Stellung, weder zu deren exaktem Nachweis noch zu den eventuellen Ursachen. Erstens, weil er nicht danach gefragt worden war und zweitens sich auch nicht imstande sah, auf dieses Schadensbild näher einzugehen. Inwieweit zu hohe Raumluftfeuchte aus mangelnder Belüftung oder eine zu frühe Verlegung mit Einfluss auf das Raumklima für das Erscheinungsbild mitbestimmend war, ließ sich seiner Auffassung nach nicht mehr seriös ermitteln, nachdem nahezu zwei Jahre seit dem Einzug vergangen waren. SchadensbehebungDer Boden liege aktuell einwandfrei da und könne aus technischer Sicht auch so liegen bleiben — ohne zu den Auswirkungen der auf nachträglichen Feuchteeinfluss hindeutenden Erscheinungsbilder sachverständig etwas sagen zu können, schrieb der Gutachter mit Empfehlung auf weitere Untersuchungen. Ihm war es wichtig, von den Fragen im Beweisbeschluss nicht abzuweichen, durchaus aber darauf hinzuweisen, was er gesehen hatte. In der nachfolgenden mündlichen Verhandlung wurde er vom Richter für dieses Vorgehen ausdrücklich gelobt.