Kratzer im Parkett: Was sagt der Gutachter?

Kratzer im Parkett, obwohl nur die Nachbarskatze zu Besuch kommt? Dazu helle, fast weißliche Flecken auf der Parkettoberfläche? Dieser Schadensfall zeigt die Besonderheiten von gefasten Kirschholz-Massivdielen und welche Punkte bei der Pflege von Parkett beachtet werden sollten.

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    Druckstellen und Kratzer im Parkett
    © Pitt
    Bei diesen Kratzern war nicht die Katze Schuld, sondern der Sessel mit den harten Rollen, den der Wohnungsbesitzer über das Parkett zog. Das Kirschholz konnte sich diesem Druck nur ungenügend widersetzen.
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    Helle, weiße Flecken auf Parkettoberfläche
    © Pitt
    Neben den Kratzern traten auf der gesamten Fläche des Dielenbodens helle, fast weißlich abgesetzte Flecken auf und störten das Gesamtbild des neuen Kirschholz-Parketts.
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    Fase im Dielenboden
    © Pitt
    Herausforderung bei der Sanierung: Die etwa 2,5 Millimeter tiefe Längsfase war dem Bauherrn besonders wichtig und durfte bei der Sanierung nicht zerstört werden, da sie den Charakter des Dielenbodens besonders hervorhebe.

Der Bauherr war so stolz auf seinen neuen Dielenboden. Die gefaste Massivdiele dominierte sein lichtdurchflutetes Wohnzimmer als sein ausdruckstärkstes Möbelstück. Genauso hatte er sich die Wirkung des eleganten Holzes vorgestellt, das er in der Ausstellung des Verlegebetriebes ausgesucht hatte.

Der Betrieb hatte sogar eine kostenlose Fahrt in die nahegelegene Fertigung organisiert, um dem Auftragnehmer einen ganz persönlichen Einblick in die Herstellung seines neuen Fußbodens zu gewähren. Doch die Freude währte nur kurz. 

Schadensbild: Kratzer im Parkett und helle, weiße Flecken 

Obwohl der Bauherr allein in dem riesigen Wohnhaus lebte und der Belag entsprechend wenig belastet wurde, stellten sich auf dem Boden immer mehr Druckstellen bis hin zu Kratzern ein. Der Auftragnehmer schob zwar ab und zu den großen Fernsehsessel direkt an den Bildschirm, wenn es ein interessantes Fußballspiel gab, aber das war es auch schon. Allenfalls die Nachbarskatze, die ihn gelegentlich über die Terrasse besuchte, wäre noch zu erwähnen.  

Daneben fiel dem Wohnungsbesitzer im Laufe der Zeit ein weiteres Phänomen auf: In dem Parkettboden zeigten sich immer mehr helle Stellen. Diese waren über den gesamten Boden verteilt und störten zunehmend sein Bild von dem eleganten Kirschholzboden.  

Also entschied der Bauherr, den Parkettleger anzurufen. Der kam, erklärte ihm wegen der Druckstellen und Kratzer etwas über Punktbelastungen und überging geschickt die hellen, weißen Farbflecken, auch, weil sie seine Vorstellung von einem gleichmäßigen Gesamtbild keineswegs störten.  

Derart alleingelassen schärfte der Bauherr seinen Blick für die entsprechenden Stellen und wurde zunehmend sensibler. Endlich entschloss er sich, e inen Privatgutachter einzuschalten, der explizit das Bild der Dellen als auch das der hellen Flecken auf dem Parkettboden beurteilen sollte.  

Vorsicht bei Belastung des Parketts mit schweren Gegenständen 

Der Gutachter nahm zunächst die Fakten auf: Bei dem eingebauten Parkett handelte sich um 21 Millimeter starke, längsgefaste Massivdielen in der Holzart Black Cherry, werkseitig grundiert und zweifach acrylversiegelt, verschraubt auf einem Lagerholz. Der Boden war zum damaligen Zeitpunkt etwa 18 Monate alt.  

Die Dellen und Druckstellen zeigten sich vornehmlich im Bereich der Verandatür, vor dem Fernseher und an einigen anderen Stellen, teils als etwas tiefere Kratzer, ausgebildet durch die Belastung des Bodens mit schweren Gegenständen.  

Des Weiteren zeigten sich hell abgesetzte Flecken unterschiedlicher Ausformung auf der gesamten Fläche des Dielenbodens. Sie waren deutlich aus allen Blickrichtungen auf dem in weiten Teilen frei liegenden und dem Licht ausgesetzten Holz erkennbar und störten das hochwertig erscheinende Gesamtbild.  

Der Gutachter beriet sich mit seinem Auftraggeber. Er erklärte ihm, dass die Holzart Kirsche aufgrund seiner Brinellhärte zwar durchaus als Hartholz einzuordnen wäre, daraus könne man aber nicht ableiten, dass es keine Dellen oder Kratzer in dem Fußboden gäbe. Das gelte insbesondere dann nicht, wenn man mit einem Sessel (speziell mit sehr harten Rollen) über das Parkett fahre. Mit dem Zusammenhang von holzeigener Druckfestigkeit und aufgebrachter Kraft pro Fläche überzeugte der Gutachter den ehemaligen Mathematiklehrer, diese nahezu unvermeidlichen Erscheinungsbilder dem Werkstoff zuzuschreiben.  

Bearbeitungsfehler in der Oberfläche des Holzes

Ganz anders sah es allerdings bei den hellen Farbflecken aus, diese hatten ihren Ursprung in der Fertigung. Hierbei handelte es sich um Holzausrisse, nicht fachgerecht ausgehobelte Fehlstellen und andersartige Bearbeitungsfehler in der Oberfläche des Holzes. Sie waren vor Beginn der industriellen Schleifarbeiten ausgekittet und nur unvollständig wieder beseitigt worden.  

Der Verarbeiter hatte einen sehr hellen, farbstabilen Kitt eingesetzt, der zwar im Bild der einzelnen Dielen zum Zeitpunkt der Fertigung unterging, jedoch im Nachhinein durch das erhebliche und bekannte Nachdunkeln der Holzart Black Cherry unter starker Einstrahlung des UV-Lichtanteils der Sonne deutlich ins Auge fiel. Aufgrund des stetig veränderten Holzfarbtons hatten sich die hell verbliebenen Kittstellen in der gesamten Parkettfläche zunehmend abgesetzt und zu einem unschönen Gesamtbild geführt.

Auf die Frage nach der Sanierung musste sich der Gutachter die Gegebenheiten genau vor Augen führen. Ein notwendiger Abschliff könnte bei der etwa 2,5 Millimeter tiefen Längsfase, die den Dielencharakter hervorhob, zu ungleichmäßigen Erscheinungsbildern an den Kanten führen. Aber genau auf dieses charakteristische Gestaltungsdetail seines Dielenbodens erhob der Bauherr besonderen Anspruch.  

Auch die Oberflächenbehandlung durch filmbildendes Versiegeln würde sich wegen nicht gänzlich zu vermeidender Kantenverleimung schwierig gestalten. Da die verkitteten Bereiche oberflächennah waren, empfahl der Gutachter, den Boden maschinell in den erforderlichen Arbeitsgängen abzuschleifen, die Fasen nachzufräsen und anschließend den Boden zu ölen.

Das erschien ihm zwar eine Herausforderung für den Handwerker, wäre aber durchaus machbar. Der Gutachter schrieb seine Erkenntnisse nieder und die nicht anwesenden Parteien erhielten eine Durchschrift über den Bauherrn. Letztendlich kam es zum Kompromiss: Wohnungsbesitzer, Verleger und der nahegelegene Hersteller teilten sich die Kosten für die vorgeschlagene und optisch überzeugende Reparatur.

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