Der interessante Schadensfall: Unliebsame Fugenbildung Kontraste stechen ins Auge

Fugen sind nicht immer Folge von Raumklima und Holzschwindung. Unangenehm sind sie, wenn sie trotz noch diskutabler Größenordnung deutlich sichtbar werden. Dies kann bei hellem Trägermaterial durch die Wahl der Holzart begünstigt werden.Der Ausdruck „saumäßige Arbeit“ war noch eine zurückhaltende Beschreibung in der Gerichtsakte über das Erscheinungsbild einer beanstandeten Fugenbildung, wie der Gutachter lesen musste. Verlegt worden war ein dunkelrotbrauner Jatobaboden. Das 10-mm-Parkett war zweischichtig aufgebaut, mit einem querliegenden Fichteträger und einer etwa 3,5 mm dicken fertigversiegelten Deckschicht. Moniert wurden seitens des Kundens Fugenbildungen von etwa 1,0 bis 1,4 mm, vor allem in dem repräsentativen Flureingangsbereich der lichtdurchfluteten Wohnung des mehrstöckigen Chalets an einem Berghang am Rande des Südharzes. Begleitet wurde die Beanstandung des Wohnungsinhabers von ziemlich unflätigen Bemerkungen gegenüber dem Handwerker. Es war also einiges auf der Baustelle zu erwarten, denn der Sachverständige hatte pflichtgemäß auch den mittlerweile nicht nur wegen der bisher unterbliebenen Zahlungen ungnädigen Handwerker zum Ortstermin geladen. Der Gutachter traf diesen unmittelbar vor dem vereinbarten Termin im Hauseingangsbereich und gemeinsam fuhren sie mit dem Fahrstuhl in die Etage der Wohnung mit dem beanstandeten Boden. Man klingelte an Wohnungstür, es wurde geöffnet, der Gutachter eingelassen, dem Handwerker allerdings energisch der Eintritt verwehrt. „Sie will ich in meiner Wohnung nicht mehr sehen“, schallte es ihm entgegen. Der Gutachter versuchte zu vermitteln und erklärte, dass beide Parteien das Recht hätten, an der Besichtigung teilzunehmen, und er andererseits den Termin nicht durchführen würde. Der Hausherr beharrte weiter auf Handwerkerausschluss. Der Gutachter hatte aufgrund seiner vierstündigen Anfahrt ein verständliches, aber nicht rechtlich relevantes Interesse daran, den Termin durchzuführen. Ihm war aber klar, dass das nur in Anwesenheit beider Parteien möglich war, und so suchte er die Telefonnummer des Landgerichts heraus und ließ sich mit dem Richter verbinden, der sich mit der Angelegenheit befasste. Er bat ihn, dem Bauherren seinerseits und höchst richterlich zu erklären, wie er sich zu verhalten hätte. Dieser hatte in der Zwischenzeit mit seinem eigenen nicht erschienenen prozessbevollmächtigten Anwalt telefoniert, mit der Folge, dass er allmählich einsichtig wurde und auch den Handwerker in die Wohnung einließ, wenn auch unwillig. Der Termin konnte stattfinden. Der Auftraggeber begann vehement auf das ihm missfallende Erscheinungsbild hinzuweisen. Noch ehe der Gutachter ihm erklärte, dass in der Gerichtsakte von ihm eine Aussage explizit und ausschließlich zu den vermeintlichen Fugenbildern im Flurbereich verlangt würde, deutete er auf Unebenheiten unter Fußleisten, unsaubere Gehrungsschnitte, stumpfe Stöße zwischen Fußleisten, nicht von Schienen fachgerecht abgedeckte Zwickel im Randbereich hin. Für die sachverständige Bewertung der anderen Punkte bestehe kein Auftrag, somit würde er auch nicht darauf eingehen. Die Stimmung des Bauherrn wurde dadurch keineswegs besser. Schadensbild Der Gutachter schaute sich das Fugenbild im Flur an. In unmittelbarer Wandnähe hatte sich auf einer Länge von etwa einem Meter eine ca. 1,4 mm breite Fuge gebildet, die er bildlich festhielt. Zwei weitere kleinere Fugen im Kopfbereich nahm er ebenfalls auf, dokumentierte sie und beendete den Termin. Nun polterte der Handwerker los und forderte den Gutachter auf, Holzfeuchte- bzw. Raumklimamessungen vorzunehmen, weil er der Ansicht sei, dass das trockene Heizklima der Grund für die Fugenbildungen ist. Der Hausherr stünde in der Verantwortung, denn er habe nachweislich eine Pflegeanleitung erhalten. Der Sachverständige schloss den Termin trotz allem kurzerhand ohne weitere Messungen mit den Worten „Ich habe alles, was ich für die schriftliche Gutachtenerstellung benötige. Sie werden über das Gericht weiter informiert. Auf Wiedersehen.“ ab. Schadensanalyse Er nahm in seiner schriftlichen Ausarbeitung zu den Fugen Stellung, ließ sich aber wegen verschiedener technischer Zusammenhänge nicht auf eine größenordnungsgemäße Einstufung ihrer Hinnehmbarkeit ein. Sie seien dennoch zweifelsfrei nicht fachgerecht und eindeutig Verlegefehler, die mit dem Phänomen der Holzquellung und -schwindung wenig zu tun hätten, beantwortete er die diesbezügliche Frage. Darauf zu hoffen, dass sie sich bei höheren Luftfeuchten im Sommer einmal schlössen, wäre wohl utopisch. Der Sachverständige wies dabei sehr eindringlich auf die dunkle Holzart Jatoba und die sich zwangsläufig kontrastreich abzeichnende helle Fichtenträgerlage hin, die das Erscheinungsbild zusätzlich und „unnötig“ betonten. Diese unaufgeforderte Formulierung konnte er sich nicht verkneifen. Die im Termin beanstandeten Stellen sprach er nicht an, hatte sie aber als erfahrener Experte quasi nebenbei zur Kenntnis genommen und wohl auch noch bei seiner Bewertung mehr oder weniger bewusst im Hinterkopf. Schadensbeseitigung Ein farbgleiches Hartwachs ist nach Meinung des zuständigen Sachverständigen in Bezug auf die Fugengröße und ihren Umfang ein einfaches, aber zweckmäßiges Mittel, um Abhilfe zu schaffen. Mit dieser Formulierung schloss er auch seinen Gerichtsauftrag ab.