Kommentar von Bianca Flachenecker - Keine Scheu vor Ex-Studis"> Kommentar von Bianca Flachenecker Keine Scheu vor Ex-Studis

Die Angst vor Nachwuchs- und Fachkräftemangel ist in vielen Handwerksbetrieben bereits unangenehme Realität. Auch das bodenlegende Handwerk blieb nicht verschont. Lösungsversuche durch Kampagnen, ob vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) oder auf Betriebsebene, haben noch nicht den Lehrlingszustrom gebracht, der so sehnlichst erhofft wird. Jetzt hatte Bildungsministerin Johanna Wanka die Idee: Studienabbrecher sollen die Lücke im Handwerk schließen. Ihr Ziel: die Zukunftsperspektiven Letzterer verbessern und so gleichzeitig dem Handwerk helfen, den gestiegenen Anforderungen durch den technischen Wandel besser Herr zu werden.

Anders als beim ZDH-Präsidenten Hans Peter Wollseifer, der sich in der Welt am Sonntag begeistert für die Idee aussprach, dürften bei dem ein oder anderen ausbildenden Handwerksbetrieb alle Alarmglocken schellen: Warum einen jungen Menschen anstellen, dem es offensichtlich an Durchhaltevermögen mangelt? Wie soll ein ehemaliger Student, der nur Schreibblock und Kugelschreiber kennt, jemals Zahnspachtel und Zugeisen richtig in die Hand nehmen? So einer will sich doch nicht die Hände schmutzig machen, ganz zu schweigen vom körperlichen Arbeiten.

Aber kann ein Hörsaal-Flüchtling wirklich keine Leidenschaft für die handwerkliche Arbeit aufbringen? Doch, kann er, wenn er sich aus Überzeugung gegen die Theorie entscheidet. Einem Studienabbrecher die Chance zu geben, ins Handwerk einzusteigen, heißt nicht, ihm einen Zufluchtsort zu gewähren, um wahllos die Nachwuchslücke zu schließen. Damit würde zwangsläufig eine Abwertung des Handwerks einhergehen. Ihm dagegen eine andere Art der Karrierechance aufzuzeigen, in der er seine Fähigkeiten aus Schule und Universität einbringen und jenseits von Bibliothek und Hörsaal Karriere machen kann, wertet das Handwerk auf. So käme das Handwerk von allein weg vom Image, Anlaufpunkt solcher zu sein, die sich scheuen, lange die Schulbank zu drücken. Das sollten Handwerker bei ihrer Überlegung bedenken.

Es geht also für das Handwerk darum, Studienabbrecher als Pool von kompetenten jungen Menschen zu nutzen, sie über die Karrierechancen zu informieren und sie in die Nachwuchswahl miteinzubeziehen. Eine Scheu vor Ex-Studis oder gar eine Ablehnung wäre falsch.