Bauwerk Parkett Kein Holz mehr vor der Hütt’n

Im Zuge einer strategischen Neuaufstellung verlagert der Schweizer Parketthersteller Bauwerk Produktionsschritte ins Ausland. Am Firmensitz in St. Margrethen werden aber auch in Zukunft 67 Prozent des Bauwerk-Sortiments produziert.Ein Anblick, an den man sich gewöhnt hatte. Wer auf der Schweizer Autobahn A 1 den Bauwerk-Standort in St. Margrethen passierte, dem signalisierte die gigantische Menge an Rohfriesen vor den Werkhallen über Jahrzehnte hinweg: Hier produziert ein kerngesundes Unternehmen Tag und Nacht Parkett. Seit ein paar Wochen allerdings ist von den Rohfriesen nicht mehr viel zu sehen. „Wir haben weniger Holz vor der Hütt‘n und das sorgt für Spekulationen“, sagt der Präsident der Bauwerk Boen Gruppe, Klaus Brammertz. Um diese Spekulationen über den Standort St. Margrethen nicht weiter ins Kraut schießen zu lassen, gab Bauwerk Mitte August vor Vertretern der Schweizer Parkettszene und der Medien ein klares Bekenntnis zum Ostschweizer Standort ab: Man werde weiterhin im wichtigsten Einzelmarkt hochwertiges Parkett (2-Schicht-Landhausdielen, die 67 Prozent des Bauwerk-Sortiments ausmachen) fertigen. Konkret verbleiben am Standort St. Margrethen Prozessschritte wie das Verleimen und Verpressen, die Oberflächenbehandlung (Bürsten, Färben, Ölen/Lackieren) sowie die Profilierung und Endkontrolle. Gleichzeitig soll St. Margrethen zum führenden Oberflächenzentrum der Parkettbranche ausgebaut werden. Seit 2016 hat das Unternehmen 8 Mio. Franken in den Produktionsstandort investiert. Ein Großteil dieses Investments fließe, so Brammertz, in die Abteilung Forschung und Entwicklung. Damit wolle man die Entstehung innovativer Produkte aus Schweizer Hand weiterhin gewährleisten. „Bauwerk ist stolz auf seine Herkunft und die damit verbundene Swissness gehört zur DNA des Unternehmens.“ Die Frage nach dem Verbleib des Rohholzes und dessen Bearbeitung hängt indes mit seiner Beschaffung zusammen. Bauwerk verarbeitet zu 93 Prozent Eiche und Eichenholz ist inzwischen ein knappes Gut. Beim Rundgang durch die Bauwerk-Produktion berichtet der bei Bauwerk Boen für den Holzeinkauf zuständige Direktor Martin Schönenberger von den zunehmend restriktiven Auflagen Eichenholz-exportierender Länder wie Litauen oder Kroatien. Diese Länder legen Wert darauf, dass beispielsweise bei der Parkettherstellung Schritte der Vorproduktion und damit ein Teil der Wertschöpfung im Land stattfinden. Doch auch aus Bauwerk-Sicht sei es von Vorteil, rohstofforientierte Arbeitsschritte wie die Trocknung und den Zuschnitt von Lamellen möglichst im Ursprungsland des Holzes durchzuführen, weil so eine besonders sinnvolle Wertschöpfung ermöglicht werde. Getrocknetes Holz wiegt weniger, was sich beim Transport zur Endfertigung in die Schweiz positiv auf die Transportkosten auswirkt. Die Einsparung an Transportkapazitäten belastet wiederum die Umwelt weniger. Modernstes Werk EuropasUm die nachhaltige und sichere Lieferung des begehrten Eichenholzes zur Weiterverarbeitung für hochwertige Parkettprodukte in der Schweiz zu sichern, übernahm Bauwerk in diesem Jahr von der Haas-Gruppe (Hoco) ein Sägewerk in Kroatien. Quasi vor der Haustüre befinden sich vor Ort die größten Eichenvorkommen Europas. Hier errichtet Bauwerk nach eigenen Angaben zurzeit Europas modernste 3-Schicht-Parkettproduktion. Im Februar 2018 soll sie ans Netz gehen. „Die 3-Schicht-Presse steht bereits“, sagt Brammertz. Die Lackstraße und die Maschinen zur Endbereitung seien bestellt. Wenn alles nach Plan läuft, fertigt Bauwerk dann ab April 2018 im kroatischen Đurđevac mit rund 200 Mitarbeitern im volllaufenden 3-Schicht-Betrieb. Zusätzlich erfolgt im kroatischen Sägewerk die Friesen- und Decklagen-Vorfertigung für St. Margrethen und Kietaviskes (Litauen). In Kiettaviskes unterhält die Bauwerk Boen Gruppe die größte Parkettproduktion in Europa. Bis dato fertigen die Schweizer dort sämtliche 3-Schicht-Produkte sowie 2-Schicht-Kleinstäbe und Sportböden. Allerdings sei mit 7,5 Mio. Quadratmetern im 7×24-Stunden-Schichtbetrieb inzwischen die Kapazitätsgrenze erreicht. Im Umkreis von ein paar Kilometern befindet sich übrigens auch hier ein Sägewerk für Brettproduktion aus Eichenstämmen. Mit der strategischen Neuaufstellung und der Ausgliederung rohstofforientierter Arbeitsschritte sieht sich Bauwerk für die Zukunft gut gerüstet. „Wir wollen Europas wertvollstes Parkettunternehmen werden“, formuliert Brammertz seine Vision. Den Wert messe man dabei an Nachhaltigkeit und nachhaltiger Profitabilität. Wie wertvoll Parkett von Bauwerk ist, signalisiert bereits heute die Bauwerk-ID. Der Kunde erhält mit einer edlen Alu-Plakette eine persönliche ID, die als sichtbares Gütesiegel in das Parkett eingearbeitet werden kann und unter anderem eine zehnjährige Produktgarantie gewährleistet. Wisseswertes zum Schweizer ParkettpionierDen Grundstein für die Bauwerk Parkett AG legte Ernst Göhner (1900–1971), einer der großen Schweizer Wirtschaftspioniere des 20. Jahrhunderts. Bereits ab 1936 produzierte Göhner in seinen Betrieben den neuen Holzfußboden des Schreinermeisters Paul Hofer: das Klebeparkett, welches in der Schweiz vor allem unter dem Namen „Klötzli-Parkett“ bekannt ist. Bei der Gründung der Bauwerk Parkett AG 1944 wurde die Herstellung des Schweizer Parkett-Klassikers in die Bauwerk-Produktionshallen übertragen. Bauwerk übernahm nach der Schließung der Holka AG deren Firmensitz in St.Margrethen, 1949 nahm Bauwerk die ersten selbst entwickelten Produktionsanlagen für das Klebeparkett in Betrieb. 1972 lancierte man das Mosaikfertigparkett Prepark und entwickelte 1975 das erste 2-Schicht-Fertigparkett Variopark, ein bis dahin weltweit einzigartiges Produkt. Über zwei Drittel der Bauwerk-Produkte werden in St. Margrethen (Schweiz) hergestellt. Zwei zusätzliche Werke betreibt die Bauwerk Parkett AG in Kietaviskes (Litauen; seit 2014) und Đurđevac (Kroatien; seit 2017). Das Produktsortimentvon Bauwerk umfasst über 350 Artikel – von 2-Schicht- über 3-Schicht- bis hin zu Massivparkett. Nach dem ersten „Frankenschock“ 2013 fusionierte Bauwerk mit dem Parketthersteller Boen und stieg so zum zweitgrößten Parketthersteller Europas auf (nach Karelia-Kährs). Im Jahr 2016 verkaufte Bauwerk ca. 4.1 Mio. Quadratmeter Parkett. Die Bauwerk Boen Gruppe erwirtschaftete 2016 mit 2.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 279 Mio. CHF.