Kuriose Schadensfälle aus der Praxis, Fall 1: Ablösung der Versiegelung, Fall 2: Wie oft wurde der Parkettboden versiegelt? Fall 3: Käfer im Parkett? Käfer ist nicht gleich Käfer

Im zweiten Teil der Serie um kuriose Schadensfälle befasst sich Dr. Andreas O. Rapp mit Problemen der Oberflächenbehandlung von Parkett. Im Fall 3 beantwortet er die Frage, ob die im Raum herumlaufenden Käfer aus den Bohrlöchern im Fußbodenholz stammen.

Die Versiegelung löst sich von der schwarzen Spielfeldmarkierung. - © Rapp

Käfer ist nicht gleich Käfer

Fall 1: Ablösung der Versiegelung

In einer Turnhalle sollte ein Sporthallenboden renoviert werden. Die Nutzfläche bildete ein versiegeltes Eichenstabparkett, auf das nach dem Abschleifen und einmaligen Versiegeln Spielfeldmarkierungen für die unterschiedlichen Sportarten aufgetragen wurden. Danach wurde der gesamte Boden nochmals versiegelt. Bereits nach kurzer Zeit löste sich der letzte Versiegelungsauftrag stellenweise ab – seltsamerweise ausschließlich auf der schwarzen Spielfeldmarkierung. Die andersfarbigen Markierungen blieben genauso unversehrt wie die übrigen Flächen. Die Spielfeldmarkierungsfirma hatte vor Beginn der Arbeiten ein Muster angefertigt. Dort hielt die Versiegelung auf der schwarzen Markierungsfarbe. Was war passiert? Handelte es sich um einen Materialfehler oder einen handwerklichen Fehler?

Zunächst rekapitulierte der Sachverständige den Aufbau der Bodenkonstruktion und insbesondere die Vorgehensweise bei der Oberflächenbehandlung.

Danach ergab sich folgender Ablauf:

1. Die Parkettfirma schliff den bestehenden Eicheboden.

2. Im Anschluss grundierte und versiegelte sie den Boden mit einem Ölsiegel.

3. Die Spielfeldmarkierungen wurden von einem Spezialisten für diese Arbeiten ausgeführt, dem Hersteller und Typ des verwendeten Ölsiegels mitgeteilt worden war.

4. Die Parkettfirma versiegelte anschließend den kompletten Boden einschließlich aller Spielfeldmarkierungen nochmals mit dem Ölsiegel.

5. Dann löste sich die Versiegelungsschicht über der schwarzen Spielfeldmarkierung.

Für den Sachverständigen bleibt die Frage zu klären: Warum hielt die Versiegelung auf dem von der Spielfeldmarkierungsfirma hergestellten Muster, aber nicht auf dem fertig gestellten Sporthallenboden?

Die Antwort liefert eine mikroskopische Aufnahme, in der das Eichenholz und die aufgebrachten Schichten der Oberflächenbehandlung im Schnitt sichtbar werden. Deutlich erkennbar sind die Unterschiede zwischen den schwarzen Spielfeldmarkierungsfarben der beiden Prüfkörper. Im Muster (Schwarz M) sind andere Füllstoffe als bei der Verarbeitung auf dem Boden (Schwarz B) erkennbar, die Struktur scheint wesentlich feiner und beim chemischen Nachweis erfolgt statt einer blauen eine rote Verfärbung, die unterschiedliche Bindemittel im Schwarz des Bodens und im Schwarz des Musters anzeigte.

Ein handwerklicher Verarbeitungsfehler des Auftragnehmers für die Parkett- und Versiegelungsarbeiten liegt somit nicht vor. Die Spielfeldmarkierungsfirma hatte – anders als im Muster – ein mit dem Ölsiegel unverträgliches Schwarz eingesetzt. Dies führte dazu, dass sich die Ablösungen explizit auf den schwarzfarbigen Linien zeigten. Die Spielfeldmarkungsfirma hatte damit die Verantwortung zu tragen.

Fall 2: Wie oft wurde der Parkettboden versiegelt?

Der Verschleiß des Parkettbodens war in den hauptsächlich begangenen Teilbereichen bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit deutlich sichtbar.

Der Bauherr hegte gegenüber dem Auftragnehmer Zweifel, ob er tatsächlich – wie in seinem Angebot aufgeführt und auch berechnet – den Parkettboden nach dem Abschliff zweifach gespachtelt und zweimal mit der Rolle versiegelt hatte. Man konnte sich nicht einigen, eine Untersuchung durch den Gutachter wurde in Auftrag gegeben.

Neben Materialart und Schichtdicke ist die Geschlossenheit des Versiegelungsfilmes für den Schutz des Bodens verantwortlich. Mehrere Aufträge sind hier besser als einer, da Fehlstellen in einem Auftrag vom folgenden Auftrag geschlossen werden.

Ein Bild soll die Zusammenhänge verdeutlichen: Die mikroskopische Schichtaufnahme zeigt eine Schicht von 120 µm Dicke, die in ihr erkennbare Luftblase in der Versieglung erstreckt sich nahezu von der Oberfläche bis hinunter zum Ahornholz, das in diesem punktuellen Bereich ungeschützt vorliegt. Wasser und Schmutz können ungehindert eindringen, das Holz verfärben und in der Folge immer tiefer wirksam werden.

Bei einem zweifachen Rollen würde sich ein anderes Bild zeigen. Eingeschlossene Luftbläschen reichen bei zwei Aufträgen nicht vom Holz bis an die Versiegelungsoberseite, sondern treten getrennt in „zwei Lagen“ in der unteren und in der oberen Hälfte des Lackfilms auf, während über die gesamte Dicke der Lackschicht reichende Blasen nicht vorkommen dürften.

Der Beweis durch den Sachverständigen ist eindeutig: Da sich die Luftblasen nicht in zwei getrennten Schichten übereinander befinden, sondern sich über die gesamte Schichtdicke ausdehnen, wurde mit Sicherheit nur einmal dick aufgetragen.

Fall 3: Kommt der Käfer aus dem Parkett?

Am Boden und an den Wänden liefen kleine Tierchen durch das Wohnzimmer. Im erst kürzlich verlegten Parkettboden fand der jetzt aufmerksam gewordene Bauherr Ausflugslöcher, die nur eine Begründung zuließen: Die Tierchen kommen aus dem Parkett. Der Parkettleger war ratlos. Er übersandte Muster des Parketts und einiger eingesammelter Tierchen zur Untersuchung an den Sachverständigen. Der überprüfte zunächst die schwarzen Bohrlöcher im Parkett, aus denen nach Meinung des Bauherren die Tierchen gekommen sein mussten. Das deutete auf die so genannten Ambrosiakäfer hin. Das sind „Pilzzüchter“, die als Frischholzinsekten einen hohen Feuchtebedarf haben, um sich im feuchten Holz die ihnen als Nahrung dienenden Pilze züchten zu können. Ambrosiakäfer sind also „Feinschmecker“, da sie nicht das rohe Holz allein, sondern die daraus wachsenden Pilze bevorzugen. Der von ihnen angelegte Pilzrasen verfärbt das Innere der Bohrgänge schwarz. Das Holz muss feucht sein, damit der Pilzrasen der Ambrosiakäfer gedeiht. Somit war klar, dass die schwarzen Bohrgänge durch Frischholzinsekten, das heißt im Wald oder auf dem Holzplatz entstanden waren.

Können solche Insekten überhaupt am fertigen Parkettboden noch wirksam werden? Parkettholz wird künstlich getrocknet. Das geschieht abhängig vom Holz bei Temperaturen bei unseren einheimischen Holzarten von zirka 60 bis 85°C. Die Letaltemperatur bei Insekten liegt etwa bei 50 bis 60°C. Bei diesen Werten gerinnt das Eiweiß und tierisches Leben ist nicht mehr möglich. Daraus folgt, dass Ambrosiakäfer kaum den Herstellungsprozess des Parketts überlebt haben dürften und somit auch nicht nachträglich sich aus dem fertigen Parkettboden an die Oberfläche gefressen haben. Im Übrigen wären die Bohrgänge dann nicht schwarz, sondern hell. Das wird auch durch eine weitere Tatsache bestätigt: Bei näherem Hinsehen unter der Lupe zeigt sich, dass in den Bohrlöchern Staub- und Lackreste erkennbar waren. Da Schleif- und Versiegelungsarbeiten die vorhandenen Bohrlöcher verschlossen hätten, hätte sich der Käfer durch diese Schichten seinen Weg bahnen müssen. Wäre der Käfer später aus dem Holz an die Oberfläche gekommen, dürften keine Lackreste in den Löchern vorhanden sein. Diese schlüssigen Zusammenhänge beweisen:

1. Der Käfer kommt mit Sicherheit nicht aus dem Parkett.

2. Die schwarzen Bohrlöcher stammen von Ambrosiakäfern, also Frischholzinsekten, die ihre Pilze bei hoher Feuchte züchten.

3. Bei der Holztrocknung sterben normalerweise fast alle Insekten (seltene Ausnahmen sind harmlos, weil ein Wiederbefall nicht möglich ist).

4. Im Bohrloch ist Staub und Lack, also kein Ausflug.

Die Käfer kamen, wie sich später herausstellte, aus der Speisekammer. Es handelte sich um Insekten aus der Gruppe der Speckkäfer, die Vorratsschädlinge und keine Holzschädlinge sind. Sie können ausnahmsweise vermodertes Holz befallen. Da dies in der Wohnung jedoch nicht vorlag, ging für alles Holz keine Gefahr aus.