bwd in China Welchen Standard hat die Bodenbelagfertigung? Welche Rolle spielt das Handwerk? Wie ticken die Kunden? - Immer noch Riesenschritte"> bwd in China Welchen Standard hat die Bodenbelagfertigung? Welche Rolle spielt das Handwerk? Wie ticken die Kunden? Immer noch Riesenschritte

Wir haben die Domotex Asia Chinafloor zum Anlass genommen, nach dem Messebesuch in Shanghai einige Fertigungsbetriebe sowie Parkett- und Laminatgeschäfte zu besuchen. Vorweg: Was dort zu sehen war, nötigt Respekt ab.Seit unserem ersten Besuch in China’s Fußbodenwelt sind 16 Jahre vergangen. Damals waren wir noch mühsam mit einer kleinen Propellermaschine auf holprigen Vorstadtpisten bzw. einem klapprigen Fiat Lada auf schmalen und oftmals unbefestigten Straßen unterwegs. Heute verbinden moderne dreispurige Autobahnen die Millionenzentren, auf denen längst nicht mehr nur Transportfahrzeuge, sondern Luxuskarossen aller bekannten Automarken das Bild prägen. Umrankten ehemals tausende von Kränen die mit Bambus eingerüsteten Hochhausneubauten und wieselte ein unendliches Heer von wandernden Bauarbeitern Tag und Nacht in den noch unfertigen Gebäuden umher, hat sich der chinesische Baumarkt heute sichtlich konsolidiert. Zwar hält der Boom in Shanghai mit wahrhaft imponierenden Wolkenkratzern unvermindert an, und die freien Flächen in der ca. 25 Millionen Einwohner zählenden Stadt werden immer weniger, aber die Zeiten, als alles, was alt und überkommen war, vom Bagger zugunsten von Wohn- und Wirtschaftsburgen plattgemacht wurde, scheinen vorbei. Gleichzeitig ist der Standard allerorts gestiegen. China hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Bürger auf ein besseres Niveau gehoben. Das fällt nicht nur auf während der Fahrt zu den Fabriken durch viele, bisweilen stilistisch perfekt nachgeahmte Ortschaften mit Türmchen und Kanälen, sondern besonders in dem Metier, in dem wir zuhause sind: In den Fußbodenfertigungen hat sich nicht nur die Qualität der Produkte verbessert, sondern auch die Bedingungen, unter denen die Menschen arbeiten, haben sich generell zum Positiven verändert. Hier jetzt das Hohelied anzustimmen, wäre zu viel des Guten, dennoch dem Arbeits- und Umweltschutz wird deutlich mehr Rechnung getragen, als es noch vor der Jahrtausendwende der Fall war. Der Schock bleibt ausAm auffälligsten aus unserer speziellen Sicht ist die Veränderung in den Bambusparkettproduktionen sichtbar. Nach Besuchen in vielen Anlagen bestehen unmittelbare Vergleichsmöglichkeiten. Lenkt man sein Augenmerk auf den traditionellen horizontalen bzw. vertikalen Parketttyp, der gegenüber dem modernen Faserbambus immer mehr an Bedeutung verliert, ist gerade zwar bei dieser Variante immer noch sehr viel handwerkliche Arbeit notwendig und die Fertigung findet weiterhin in nicht unbedingt einladenden Fabrikgebäuden statt. Aber das ist auch in manchen europäischen Produktionsanlagen von traditionellem Massivparkett kaum anders und zum Teil auch holzverarbeitungstypisch. Wo gehobelt wird, fallen eben auch Späne. Dennoch, der Staubschutz ist genauso gewahrt wie der vor Maschinenlärm, der seinerseits in den Anlagen, in denen gesägt, gehobelt und profiliert wird, zwangsläufig sehr hoch ist. Der Leimauftrag erfolgt kontrollierter, die Emissionen sind den ausgehängten Zertifikaten zufolge geringer, die Arbeitsstätten deutlich sauberer und man erkennt, dass ein Qualitätsmanagement im Produktionsprozess fest installiert ist. Klimatisierung ist auch kein Fremdwort mehr und Messgeräte werden ebenfalls für die ständige Feuchtekontrolle eingesetzt. Über ihren Aussagewert aus fußbodentechnischer Sicht kann man sicherlich streiten, aber die Zeiten, als man die Feuchtigkeit noch per Augenmaß überwachte, scheinen vorbei. Der Abfall wird nicht mehr hinter den Werkshallen angehäuft, sondern längst für Energiegewinnung genutzt. Die Voraussetzungen, dass dort Produkte entstehen, mit denen auch ein verarbeitender Handwerker in Deutschland sich identifizieren könnte, scheinen gegeben. Allerdings kommen wir an genauere Angaben zu Materialeinsätzen oder spezifischen Details, die für eine exaktere Einordnung notwendig sind, nicht heran. Auch das ist China. Sei’s drum: In den Anlagen, die wir uns angeschaut haben, wurde neben Bambusparkett eine Vielzahl von Produkten aus dem holzähnlichen natürlichen Gras hergestellt, von pfiffigen Stellwänden über Küchen- und Haushaltsgeräte, Sitzmöbel, Theaterbestuhlungen, Bambusfurniere bis hin zu Wandverkleidungen, und zwar in einer Qualität, die auch für den europäischen Markt sehr interessant sein dürfte. Grundsolider EindruckDen grundsoliden Eindruck, den diejenige Fabrik macht, mit dem der niederländische Bambusspezialist Moso kooperiert, sieht man auch in einem Laminatwerk, das wir am folgenden Tag besuchen, bestätigt. Dort betreibt die aus Baden-Württemberg stammende Firma Vöhringer, die mittlerweile in dritter Generation tätig ist, ein Werk, das zur international agierenden Vöhringer- Gruppe (u.a. China, USA) gehört. Hier werden neben Laminatböden Mehrschichtparkett und Möbelteile gefertigt. Die Anlagen stehen seit zwei Jahren verkehrsgünstig in modernen, ausnehmend platzgreifenden Fertigungshallen auf einem Areal von etwa 13 ha in unmittelbarer Autobahnnähe im Großraum Shanghai. Das Unternehmen produziert für den heimischen Markt u.a. immerhin ca. 7 Mio. m² Laminat und 1,3 Mio. m² Parkett und bieten 600 einheimischen Mitarbeitern aus der Region Lohn und Brot. Zwar sind die Maschinen nicht auf dem allermodernsten Stand und auch die Endprodukte lassen für unsere Ansprüche noch Luft nach oben, man stattet jedoch immerhin ca. 1.200 Shops im gesamten China mit seinen Produkten aus. Solche Angaben hört man übrigens öfters. Man muss jedoch wissen, dass diese über das riesige Land verstreuten Shops in den seltensten Fällen auf Produkte wie Parkett, Laminat oder Küchenmöbel spezialisiert sind. In ihnen wird in der Regel mit allem gehandelt, wofür sich Kunden interessieren könnten. Die Gewähr, dass man sich dort aktiv für die Produkte des jeweiligen Parkettlieferanten einsetzt, ist nur selten gegeben. Diese Erfahrungen haben europäische Hersteller zum Teil schmerzhaft machen müssen, weshalb sie heute wesentlich gezielter vorgehen als noch vor Jahren. Elite und süße MargenIm Zentrum von Shanghai ist beispielsweise eine Shopping-Mall entstanden, in der sich die Elite der europäischen Fußbodenhersteller ein Stelldichein gibt. Kaum ein Name, der auf sich hält, fehlt hier und jeder zeigt seine Produkte in einem sehr ansprechenden und durchaus hochwertigen Umfeld. Die Wertigkeit sieht man auch an den Preisen, mit denen die Produkte ausgezeichnet werden. Vom chinesischen Renminbi umgerechnete 200–300 Euro und bisweilen erheblich mehr stehen auf den Preisschildern geschrieben, wobei oftmals die Verlegung darin enthalten ist. Man merkt sehr schnell, dass sich in Chinas Metropolen eine Gesellschaftsschicht eingerichtet hat, die Geld hat, es offen zeigt und auch gern in Baumaßnahmen umsetzt. Das machen sich europäische Hersteller zunehmend zunutze. In exklusiven Ausstellungen mit teuren Kücheneinrichtungen, Badezimmerarmaturen und hochwertigen Wohnaccessoires werden edelste Markennamen des alten Kontinents und besonders aus Deutschland gepflegt. Veranstaltungen, zu denen man ausgesuchte Kunden bzw. Innenarchitekten einlädt, die ihrerseits gut betuchte Bauherren und deren Freunde mitbringen, um dann in einer inspirierenden Verkaufsatmosphäre und einem kreativen Ambiente von Bauprodukten „made in Germany“ zu schwärmen, finden immer mehr Zulauf. Und die smarten Ausrichter finden immer mehr Käufer. Die kleine Geldelite unter den nahezu 1,4 Milliarden Chinesen reicht aus, um europäischen Herstellern nicht nur die Margen zu versüßen, sondern auch den fernöstlichen Einsatz mit guten Argumenten zu rechtfertigen. Dieses Vorgehen braucht zwar viel Zeit und Geduld, aber wenn die Voraussetzungen für dieses beiderseitige „Creaming“ stimmen, steht dem Erfolg nichts im Wege. Einmal und nie wiederDoch bei allen positiven Entwicklungen und nicht zu verleugnender Begeisterung für das, was sich vor allem in Weltstädten wie Shanghai derzeit tut, hat China noch viel Luft nach oben. Das gilt nicht nur für das riesige Hinterland weit entfernt von der Küste, sondern aus unserer Sicht auch für die handwerkliche Arbeitsqualität, die bisweilen arg zu wünschen übrig lässt. Ob es das eigene Hotelzimmer ist, ein Ladengeschäft oder eine Wohnung, die man besichtigen darf. Ein Blick auf den Boden genügt, um Fehler zu entdecken, die man bei uns nicht machen und erst recht nicht hinnehmen würde. Selbst in den Lobbys von Hotels höchsten internationalen Standards offenbaren sich beim genaueren Hinsehen Mängel über Mängel. Vielleicht ist dieser Blickwinkel nicht angebracht und einseitig mitteleuropäisch geprägt, aber die Ausbildung in China ist eine Ausbildung „on the Job“. Das heißt, demjenigen, der einen Boden zu verlegen hat, wird im Schnelldurchgang gezeigt, was er zu tun und zu machen hat. Ist er geschickt, lernt er zügig, worauf es ankommt. Nicht mehr und nicht weniger. Dass er in seinem Leben noch einmal einen Fußboden zu verlegen hat, ist derzeit die Ausnahme. Das nächste Mal sind es Küchenarbeitsplatten oder Wasserrohre oder Palmen, die im Vorgarten einzupflanzen sind, für einen anderen Auftraggeber in einer anderen Stadt. Aber auch die notwendige Flexibilität, damit umzugehen, ist durchaus zu bewundern und sorgt letztendlich dafür, dass in China im Moment nichts so schnell ist wie der Wandel.