10. IHD-Kolloquium in Dresden: Zwischenstände, Ergebnisse und Ausblicke Im Dschungel der Prüfmethoden

Zur diesjährigen Jubiläumsveranstaltung des Instituts für Holztechnik in Dresden gab es für die 140 Teilnehmer wieder ­spannende Vorträge mit zum Teil sehr brisanten Themen. Unter anderem ging es um unterschiedliche Prüfverfahren.

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    Dr. Rico Emmler führte als Moderator und mehrfacher Referent durch das Programm.
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    Dr. Jörg Haferkorn: „UV-Beschichtungen zur Renovierung von elastischen Belägen können die Nutzungsdauer erheblich verlängern.“
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    Klaus Peter Schober: „Wir können die europäische Parkettverklebequalität mittlerweile sehr gut abbilden.“
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    Georg Oberdorfer: „Die gewählten Prüfzyklen ermöglichen die erhoffte Differenzierung zwischen den Produkten.“
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    Martina Bröge: „In Innenräumen tragen vielfältige Quellen wie Baumaterialien, Möbel, andere Gegenstände, Haushaltschemikalien oder Kosmetika zu Gerüchen bei.“
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    Dipl.-Ing. Rainer Otto: „Die Mikrowellenresonanztechnologie erlaubt schnelle Messungen und eine unmittelbare Messwertanzeige.“
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    Die Referentenriege beim bwd-Fototermin.

Für die technischen Führungskräfte der Parkett-, Laminat- und Zulieferindustrie bietet das Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) mit seinem Team rund um Dr. Rico Emmler in Mehrfachfunktion als Moderator und Referent (und gefragter Dresdenführer) alle zwei Jahre wichtige Informationen zu Entwicklungen in den jeweiligen Produktsparten. Das Kolloquium ist seit Jahren zu einem festen Termin für all diejenigen aus Industrie, Handel und dem Sachverständigenwesen geworden, die sich nicht nur für die anwendungsbezogenen Fußbodenthemen interessieren, sondern auch für die Ansätze der Hersteller, der Wissenschaft und der Prüfinstitute.

In diesem Jahr erwarteten die 140 Teilnehmer 13 Fachvorträge zu verschiedenen Themenkomplexen mit teilweise sehr brisanten Themen. Dipl.-Ing. Klaus Peter Schober und Dipl.-Ing. Georg Oberdorfer stellten Prüfverfahren zur Verklebungsqualität und Dimensionsstabilität von Mehrschichtparketten vor, die im Rahmen des laufenden Cornet-Projektes „Europarquet“ entwickelt werden.

Tests so realitätsnah wie möglich ausführen

Verschiedene Verbände und Unternehmen, vor allem aus Deutschland und Österreich, aber auch aus einigen anderen europäischen Ländern, finanzieren das Vorhaben, um verlässliche Testmethoden hinsichtlich der Auswirkungen von Temperatur und Feuchtigkeit in praktischen Einbausituationen auf  Parkett zu entwickeln. In erster Linie geht es darum, die Tests unter realistischen Bedingungen durchzuführen. Dazu gehört unter anderem, die Auswirkungen auf Holz in Zusammenhang mit Fußbodenheizungen und in Niedrigenergiehäusern zu untersuchen. Da das Projekt noch nicht abgeschlossen ist und beispielsweise noch methodische Unklarheiten hinsichtlich der Probenabmessungen und Lagerungsfolgen für werkseigene Kontrollen in dazugehörigen Ringversuchen in verschiedenen werkseigenen und neutralen Laboren bestehen, liegen derzeit noch keine konkreten Ergebnisse vor. Die Datenlage sei jedoch laut den Ausführungen von Klaus Peter Schober exzellent, die Vernetzung der beteiligten Parteien ebenfalls, sodass eine gute Abbildung der europäischen Verklebequalität von Parkett besteht.

Auch Georg Oberdorfer von der Holzforschung Austria verspricht sich von den Tests verlässliche Erkenntnisse hinsichtlich der Einflüsse verschiedener Beschichtungen, Holzarten, Trägermaterialien auf unterschiedlichen Parkettkonstruktionen und deren Dimensionsverhalten. Am Ende der Testreihen steht im besten Fall ein einheitliches Verfahren zur Produktbewertung, das dann auch in die verschiedenen Normierungen mit einfließen soll, um auf diese Weise der Sicherung beziehungsweise Steigerung der Qualität und Eignung von Mehrschichtparketten in der Praxis dienen soll. boden wand decke wird nach Projektabschluss ausführlich über die Ergebnisse berichten.

Dr. Rico Emmler setzte sich in einem seiner Beiträge anlässlich des Kolloquiums in Dresden ebenfalls mit dem umfassenden Cornet-Forschungsprojekt in Hinsicht auf Prüfverfahren für die Oberflächenqualität von nicht-filmbildenden Beschichtungen auseinander. Nichtfilmbildende Beschichtungen, wie vorwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte, ­zumeist sehr dünne, oxidativ ­härtende Öle, Wachse oder deren Kombinationen, vergrößern laut Dr. Rico Emmler ständig ­ihren Anteil im Parkettbereich, ohne mit genormten Prüfverfahren wie Abriebfestigkeit, Stoß- oder Elastizitäts- beziehungsweise Chemikalienbeständigkeitsprüfungen in ihrer Leistungsfähigkeit qualifiziert werden zu können. Neben Versuchen an ausgewählten Parketttypen wurden auch Feldversuche in stark frequentierten Bereichen in verschiedenen Standorten mit einbezogen. Von fünf untersuchten Methoden erwiesen sich die neu entwickelten beziehungsweise modifizierten Methoden zur Bestimmung der Chemikalienbeständigkeit, Verschmutzungsneigung und Nassabriebfestigkeit per Kontaktwinkelmessung als geeignet, um die Oberflächenqualität differenziert bewerten zu können, so Emmler und betonte: „Die abgeleiteten Methoden durch Ring- und Vergleichsversuche sind noch nicht validiert. Geruchsprüfungen sind tagesformabhängig, die Gerüche in einer Wohnung wenig reproduzier- und vergleichbar.“ Fazit eines aktuellen Forschungsprojektes zur Evaluierung der sensorischen Bewertung von Bauprodukten war darüber hinaus, dass die Methode in der jetzigen Fassung nicht praxistauglich sei sowie fehleranfällig und wenig robust. Dipl.-Ing. Martina Bröge (IHD) berichtete über Erfahrungen mit Geruchsprüfungen, die sich seit einigen Jahren mit der DIN ISO 1600 in der Einführungsphase befindet. Vorgesehen ist diese Methode für Bewertungssysteme wie AGBB-Schema oder Blauer Engel. Allerdings sei nach Informationen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) die Geruchsemission nicht als Beurteilungskriterium für allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen vorgesehen. Der Geruch gelte nicht als bauaufsichtlich relevant, zitierte Broege die Ausführungen des Instituts.

Sensoren messen Feuchte und Gewicht

Dipl.-Ing. Rainer Otto (Döscher Microwave Systems GmbH) stellte den Stand der Online-Feuchte- und Flächengewichtsmessung bei imprägnierten Papieren, Holz- und Klebstoffschichten mittels Mikrowellen-Resonanz-Technologie vor. Otto arbeitet für ein Unternehmen, das sich seit Jahren mit Mikrowellensensoren beschäftigt. Die Messtechnik, die in einer großen Bandbreite an individuellen Prüflösungen im laufenden Prozess in der Industrie eingesetzt wird, misst laut Otto dichteunabhängig – sowohl den Kern als auch die Oberflächenfeuchte – temperaturkompensiert, schnell, berührungslos, wartungs- und zerstörungsfrei sowie präzise.

In einem zweiten Referat ging Dr. Rico Emmler auf ein Forschungsprojekt zu Prüfverfahren  für neuartige strukturierte Laminatfußböden ein. Dieses basiert darauf, dass existierende Abriebsprüfverfahren für Oberflächen mit tiefen Strukturen keine mit der Praxis korrespondierenden Ergebnisse liefern. Dabei führt die Prüfung der Stoßfestigkeit oft zu nicht reproduzierbaren Resultaten und auch das Aufpolierverhalten matter Strukturen sei noch nicht weiter untersucht. Dr. Rico Emmler hat deswegen in Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern ein Taber-Abraserverfahren mittels Sandpapier für tiefe Strukturen entwickelt. Zur Prognose des Aufpolierverhaltens von matten Strukturen eignet sich das Martindalegerät, heißt es weiter zu dem Projekt, das noch nicht abgeschlossen ist.

Mehr Fragezeichen als greifbare Informationen hinterließ Dipl.-Biologe Marc Nierhaus vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils auf das bauaufsichtliche Schutzniveau. In direkter Konsequenz seien die Nachregelungen für die in dem Urteil genannten Produkte – Wärmedämmstoffe, Elastomer-Dichtungen und Tore – aufgehoben. Das bedeute allerdings eine Übertragung des Urteilsinhalts auf alle anderen nachgeregelten Produkte und auch auf die Bauprodukteverordnung – trotz geändertem Rechtsrahmen. Demnach wird das DIBt die Anträge auf abZ im Bereich harmonisierter Normen nur noch bis zum 31. Januar 2016 annehmen. Die Aufhebung der BRL B Teil 1 und anderer Nachregelungen sollen bis zum 15. Oktober 2016 in Kraft treten.

Ein Blick in die Zukunft mit Gelschichten

Nach aktuellem Kenntnisstand können nicht harmonisierte Bauprodukte auch weiterhin eine bauaufsichtliche Zulassung erhalten, sofern es sich nicht um geregelte Bauprodukte handelt. Änderungen dieses Erkenntnisstandes sind allerdings möglich.

Einen Blick in die Zukunft wagte Sven Gerullis (Innovent e. V. Technologieentwicklung), mit seinem Vortrag über antimikrobielle Dünnschichten auf WPC unter Atmosphärendruckbedingungen. Die Abscheidung von APCVD (Atmospheric Pressure Plasma Chemical Vapour Deposition) und Sol-Gelschichten auf WPC und Holz seien möglich, wobei das antibakterielle und antimykotische Potential überprüft wurde. Wirkstoffkombinationen zeigten dabei die besten schimmelpilzwidrigen Effekte. Was noch sehr theoretisch und zukunftsfern anmutet, könnte durchaus einen praktischen Nutzen haben, indem die hydrophilen Eigenschaften von Oberflächen verbessert werden. Mit der neuen Technik seien auch Verbesserungen bei Verklebungen, der Haftung von Lackierungen, schmutzabweisenden Parametern oder Kratzempfindlichkeiten denkbar.

Bei thermoplastischem Oberflächenmaterial (TOM) sieht Jörg Feilschen noch viel Luft nach oben, vor allem vor dem Hintergrund der Renaissance der PVC-Oberflächen. Bei Vinylfertigböden, bei denen zunächst eine PVC/PUR-Oberfläche auf einen HDF-Träger aufkaschiert wurde und einer darauffolgenden Vermarktung massiver LVT-Beläge wird jetzt ein Aufbau ohne Melamin, Phenol, PVC, HCHO oder Papier angestrebt. „Hohe Anforderungen der Materialanmutung, der Wohnqualität, der Beanspruchung und der einfachen Reinigung und ökologischen Verträglichkeit sind auf Substrate wie Holz, Keramik, Leder oder Gummi angedacht“, sagte Feilschen, leitender Anwendungstechniker der Surteco Dekor GmbH.

Dr. Jörn Haferkorn (Loba) und Dr. Florian Kettner beschäftigten sich in ihren Beiträgen mit UV-Beschichtungen von elastischen Bodenbelägen. Sie sattelten damit auf ein vorhergehendes Projekt der UV-Beschichtung von Holzfußböden auf und erwarteten gerade wegen der steigenden Nachfrage nach PVC-Belägen eine Zunahme der wiederaufzubereitenden Flächen. Im Gegensatz zum Parkett musste allerdings ein komplett neues System entwickelt werden, um den veränderten Haftungs-, Elastizitäts- und Gebrauchseigenschaften sowie der extremen Eigenschaftsvariabilität innerhalb der Klasse der elastischen Beläge Rechnung zu tragen. „Der in seinen Eigenschaften stark variierende Untergrund stellt sehr hohe Anforderung an das Lacksystem, um alle notwendigen Gebrauchseigenschaften zu erreichen“, betonten Haferkorn und Kettner.