Serie Lehrlingsoffensive (Teil 3) Kampagnen und Aktivitäten zur Nachwuchssicherung - Ideen mit Potenzial"> Serie Lehrlingsoffensive (Teil 3) Kampagnen und Aktivitäten zur Nachwuchssicherung Ideen mit Potenzial

Nebeneinander statt Miteinander war lange Zeit die Devise, wenn es um das Gewinnen von Auszubildenden in Deutschland ging. Nun nähern sich Industrie, Verbände und Handwerk immer mehr an. YouTube und Facebook sollen helfen.Die Plakate und Flyer können mit dem eigenen Firmenlogo versehen werden und sollen die Jugendlichen für den Beruf des Parkett- und Bodenlegers begeistern.Ideen mit Potenzial Ein Vorbild in Sachen Lehrlingswerbung ist zweifelsohne Österreich. Mit vielen verschiedenen Aktivitäten sowie der guten Zusammenarbeit zwischen den Landesinnungen, der Bundesinnung und der Industrie hat die Alpenrepublik seit Jahren Erfolg. Steigende Lehrlingszahlen bestätigen das. In Deutschland ist die Situation eine andere. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Innungen und der Industrie ist schwieriger. Viele Innungen agieren eigenständig. Die Industrie versucht immer wieder, durch eigene Kampagnen Lehrlinge zu gewinnen. Eine reibungslose Zusammenarbeit und ein Miteinander wie in Österreich gibt es in Deutschland noch nicht. Diese Tatsache sieht Bundeslehrlingswart Heinz Brehm kritisch, mitverantwortlich hierfür ist für ihn der Faktor Geld: „In Österreich sind die Betriebe zwangsläufig Mitglied in der Innung, dadurch steht auch mehr Geld für Aktivitäten zur Verfügung. Ich würde mir hierzulande auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Zuliefererindustrie und dem Handwerk wünschen.“ Trotz der schwierigen Situation wird auch in Deutschland aktiv um neue Parkett- und Bodenlegerlehrlinge geworben. Erste kleine Erfolge sind bereits zu erkennen. Auf der Lehrlingswarte- und Berufsschullehrertagung im Februar konnte der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) bei den Parkettlegerlehrlingen einen Anstieg von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Ein kleiner Lichtblick. Die Gesamtzahl der Auszubildenden im Parkettlegerhandwerk betrug im Februar 697, wohingegen sich die Zahl der Azubis bei den Bodenlegern um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 477 verringerte. Insgesamt waren im Februar also 1.174 Lehrlinge im Parkettlegerhandwerk und Bodenlegergewerbe aktiv. Jährlich schließen aber nur zwischen 350 und 400 Lehrlingen die Gesellenprüfung ab. Für Karsten Krause, den stellvertretenden Bundesinnungsmeister, ist dies alles andere als befriedigend. „Die Zahlen für unsere Berufe laufen in der Gesamtbranche möglichen Zahlen und vor allem den Erfordernissen mehr als hinterher.“ Mehr Ausbildungsgehalt für Lehrlinge gefordert Auch die Erwartungen von Bundeslehrlingswart Heinz Brehm im Hinblick auf die Entwicklung der Lehrlingszahlen für die kommenden Jahre sind bescheiden. „Gleichbleibend bis abnehmend“, kommentiert er nüchtern. Neben dem Wegfall des Meisterzwangs und dem Imageproblem ist Brehm die schlechte Vergütung ein Dorn im Auge. „Ich plädiere dafür, dass Lehrlinge im 1. Lehrjahr 550 Euro pro Monat bekommen. Momentan verdienen sie zu wenig. Das macht den Beruf nicht unbedingt attraktiver“, sagt er. Um die Jugendlichen für den Beruf zu begeistern, wird in Zusammenarbeit vom ZVPF und einigen Sponsoren zurzeit ein Nachwuchswerbefilm gedreht. Ende des Jahres soll dieser fertig sein und beim Werben um den Bodenlegernachwuchs eine entscheidende Rolle einnehmen: „Der Film zeigt durch kurze Sequenzen die Vielseitigkeit und Kreativität unseres Berufes. Er soll die Jugendlichen inspirieren.“ Etwa 10.000 Euro kostet dieses Projekt, das vom ZVPF und verschiedenen Sponsoren bezahlt wird. Der Film wird anschließend allen Sponsoren, Lehrlingswarten sowie gegen eine geringe Pauschale interessierten Innungen und Schulen zur Verfügung gestellt. Auf der Homepage des Zentralverbandes plant Brehm, außerdem eine Kurzfassung des Films zu integrieren, um die Leute neugierig und „Appetit auf mehr“ zu machen. Nach Meinung von Karsten Krause ist es vor allem wichtig, den Beruf des Parkett- und Bodenlegers bei den jungen Leuten bekannter zu machen. „Dies geht nur durch regionale Aktivitäten und mit Hilfe von vielen Firmen sowie den Innungen, denn kein an einer Ausbildung interessierter junger Mensch liest einschlägige Fachpublikationen“, sagt Krause und spricht sich für mehr Aktivitäten vor Ort aus. Informationsveranstaltungen an Schulen oder berufsvorbereitenden Einrichtungen sind für ihn elementar. Laut Krause werden auf Bundesebene bereits vielschichtige Aktivitäten durch Ausbildungsbeauftragte der regionalen Innungen, aber auch durch verbandsübergreifende Arbeitsgruppen durchgeführt. Auch Informationsbroschüren und Informationsvermittlung über benachbarte Organisationen wie den BEB oder Decor-Union sollen helfen, den Nachwuchs in der Branche zu sichern. Imagekampagne in Planung Eine ganz bedeutende Rolle bei der Werbung um neue Lehrlinge soll eine neue Imagekampagne spielen. Der ZVPF, Vertreter der Industrie sowie weiterer Handwerksverbände erarbeiten gerade gemeinsam ein Konzept für eine großangelegte, bundesweite Aufklärungskampagne. Im Rahmen dieser Initiative wurden bereits verschiedene Muster für Flyer und Plakate entwickelt, die für die Verteilung an Schulen gedacht sind. Nach der Festlegung auf ein Motiv durch die Verantwortlichen der Kampagne können Handwerksbetriebe diese mit ihrem eigenen Firmenlogo versehen und zur persönlichen Lehrlingswerbung nutzen. Nach Auskunft von Thomas Böhmler, Geschäftsführer der Böhmler Einrichtungshaus GmbH und Mitglied der Initiative, können diese Werbemittel bereits jetzt über den jeweiligen Verband angefordert werden. Doch Böhmler weiß, dass es mit Flyern und Plakaten allein in der heutigen Zeit schwer ist, Jugendliche zu begeistern. „Um von Anfang an sicherzustellen, dass ausbildungswillige Jugendliche und ausbildungsfähige Betriebe zusammenfinden, muss erst noch die geplante Online-Plattform realisiert werden. Dadurch können wir Angebot und Nachfrage dem Zeitgeist entsprechend schnell und unbürokratisch, zusammenzubringen“, sagt er. Seiner Meinung nach ist es wichtig, den Handwerksbetrieben klarzumachen, dass es die Existenz bedrohen kann, wenn man sich als Ausbildungsbetrieb auf dieser Plattform nicht registriert und damit keine Bereitschaft signalisiert, Jugendliche auszubilden. Wie der stellvertretende Bundesinnungsmeister Karsten Krause setzt auch Thomas Böhmler bei der Lehrlingswerbung auf das Medium Internet. Durch gezielte Platzierung von Werbeinhalten auf Facebook und YouTube sollen noch mehr Jugendliche für den Beruf rekrutiert werden. Heinz Brehm, der nach eigenen Aussagen bislang sehr stark auf das Internet gesetzt hat, distanziert sich davon: „Ich nehme hiervon etwas Abstand. Das Tischlerhandwerk hat etwa 80.000 Euro in Twitter und Facebook investiert und dadurch keinen Erfolg verzeichnen können.“ Der Zeitpunkt ist ausschlaggebend Die Planung der Plattform sowie der Kampagne als Gesamtkonstrukt ist allerdings noch nicht vollständig abgeschlossen. Aus diesem Grund gibt sich Böhmler bei den Details etwas zurückhaltend: „Wir können die Katze noch nicht aus dem Sack lassen. Es muss verhindert werden, dass die Aktion ins Leere läuft, weil Angebot und Nachfrage nicht zusammenfinden oder der Zeitpunkt falsch gewählt ist.“ Der richtige Zeitpunkt, mit einer solchen Kampagne an die Öffentlichkeit zu gehen, ist für Böhmler der Schulbeginn des letzten Schuljahres. Zu dieser Zeit informieren sich die Schüler der Abschlussjahrgänge über mögliche Lehrberufe und bewerben sich für eine Ausbildungsstelle im darauffolgenden Jahr. „Eigentlich müssten wir genau dann an das Kultusministerium, die Schulen, die Agentur für Berufsberatung und die lokale Presse herantreten. Aber das wird in diesem Jahr leider nicht mehr funktionieren“, stellt er fest. Deshalb soll die große Imagekampagne für den Beruf des Parkett- und Bodenlegers nun 2013 starten. Noch nicht ganz geklärt ist der finanzielle Aspekt der Initiative. Doch Thomas Böhmler ist positiv gestimmt. Laut Böhmler haben bereits einige Lieferanten aus den Bereichen Spachtelmassen, Klebstoffe und Lacke zugesagt, sich im Rahmen dieser Kampagne zu engagieren. „Im Interesse des Fortbestands der Bodenlegerbranche ist es wichtig, dass es ausreichend engagierte Mitstreiter für diese gute Sache gibt“, sagt er. Böhmler hofft, dass sich noch mehr Firmen an der gestarteten Initiative beteiligen und dadurch einen Teil zur Nachwuchssicherung beitragen. Klar ist. Die Ideen in Deutschland haben Potenzial. Ein enger Schulterschluss aller Beteiligten, von den Innungen über die Handwerksorganisationen bis hin zu Industrie und Handel, ist definitiv erfolgversprechend. .Dominik Schubert