Objektgeschäft Hier gelten ganz eigene Gesetze

Woran macht man ein Objekt fest? An der Größe der zu verlegenden Quadratmeter Bodenbelag, ob es sich um private oder öffentliche Auftraggeber handelt oder an der Art des Vertiebsweges? Die Grenzen zwischen Privat- und Objektgeschäft sind fließend.

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    Hier gelten ganz eigene Gesetze
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    Wer möchte seine Referenzliste nicht mit einem prestigeträchtigen Objekt schmücken? Doch in welchem Fall spricht man überhaupt von "Objektgeschäft"? Oft sind die ­Übergänge fließend.
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    Eine klare Abgrenzung zwischen privaten Aufträgen und Objektgeschäften ist schwierig, aber verschiedene Parameter können bei der Bestimmung helfen.

Der Handwerker: „Aus dem Objektgeschäft halte ich mich raus.“ Der Händler: „Wir wollen uns jetzt verstärkt ums Objektgeschäft kümmern.“ Der Hersteller: „Das ist ein perfekter Objektbelag.“ Diese drei unterschiedlichen Aussagen machen deutlich, dass sich hinter dem Begriff Objekt etwas Besonderes verbirgt. Warum kehren so viele Handwerksunternehmen angeblich dem Objektgeschäft den Rücken zu, obwohl nur ganz wenige ausschließlich vom Geschäft mit Privatkunden existieren können? Warum nehmen sie an Objektausschreibungen teil, obwohl es dort angeblich nichts zu verdienen gibt, das Risiko hoch ist und sie doch immer die Teuersten sind? Warum zieren die Unternehmen ihre Referenzlisten an vorderster Stelle mit Objekten mit der größten Quadratmeterzahl?

Wohnschloss oder Objekt?

Ein Objekt mit 10.000 Quadratmetern im Portfolio ausweisen zu können, bleibt ein Ritterschlag, wenn auch häufig nur auf die eigene Schulter. Gibt es bestimmte Kriterien, die ein Bauwerk als Objekt ausweisen? Man wird bei der Beantwortung dieser Frage schnell feststellen, dass es keine klare Abgrenzung gibt. Sehr einfach wäre es, das Objekt über die zu belegenden Flächen zu definieren: „Ab 200 bis 300 Quadratmetern Auftragsgröße sprechen wir von einem Objekt“, heißt es bisweilen. Doch das ist zu kurz gesprungen. Man kann das Objektgeschäft abgrenzen, indem private Geldgeber öffentlichen, institutionellen oder gewerblichen Investoren gegenübergestellt werden. Doch wenn ein privater Bauträger eine Mietwohnanlage baut, ist es ein Objekt.

Eine gute Abgrenzung gelingt über die auszustattenden Bauwerke. Veranstaltungszentren, Bürohäuser, Restaurants und Hotels, Ladenbau, Schulen, Sporthallen, Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime, Theatersäle, Museen, aber auch Flughäfen oder Schiffe – die Liste der Objekte ist lang und deutlich von privaten Wohnzimmern oder Wohngebäuden zu unterscheiden. Allerdings: Wohnschlösser mit 500 bis 600 Quadratmetern Fußbodenfläche sind heute gar nicht mehr so selten. Sind sie Objekt- oder Privatgeschäft oder eher beides? Die oben genannten Projekte verbindet, dass sie von der öffentlichen Hand, von privaten Bauträgern, von Behörden oder Kommunen oder Institutionen beauftragt und gebaut werden. Sie werden nahezu ausnahmslos ausgeschrieben. Erfolgt der Wettbewerb öffentlich, bekommt in der Regel der Billigste den Auftrag, wenn sein Angebot allen weiteren Prüfungen standhält.

Spezielle Objektpreise

Das Objektgeschäft wird aber noch von anderen Besonderheiten gekennzeichnet. Oft hört man von sogenannten „Objektpreisen“. Hersteller und Händler gewähren sie in der Regel ab einer bestimmten Auftragsgröße. Wenn es „Objektpreise“ gibt, gibt es auch eine „Objektkalkulation“. Ein Handwerker, der weiß, dass er um einen bestimmten Auftrag im Rennen mit seinen Mitkonkurrenten ist, rechnet wesentlich schärfer, als wenn er auf einen privaten Zuschlag hin bauen kann.

Im Objektgeschäft gelten eigene Gesetze. Das gilt zum Beispiel für Termine. Konventionalstrafen werden bei Überschreitungen nicht nur angedroht, sondern auch erteilt. Das Handwerksunternehmen, das sich dem Objektgeschäft widmet, und noch mehr der reine Objekteur muss seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Das gilt nicht nur für die Manpower, auch die maschinelle Ausstattung muss passen. Objekte werden genauestens koordiniert, Ablaufplanungen bestimmen den Rhythmus. Bauleiter müssen vorgehalten werden, die ihr Geschäft verstehen müssen, sonst werden sie durch das Tagesgeschehen an die Wand gedrückt. Das Beherrschen des Bedenkenanmeldens in all seinen Facetten ist überlebenswichtig. Äußerste Flexibilität ist gefragt und auch Durchsetzungskraft gegenüber anderen Gewerken.

Herausforderung Vertrieb

Demgegenüber ist die Sichtweise eines Herstellers gegenüber dem Objektgeschäft eine ganz andere. In diesem Bereich wettbewerbsfähig zu sein, stellt an den Lieferanten ganz andere Anforderungen als an den ausführenden Betrieb. Das gilt insbesondere für die vertriebliche Seite. Die Produzenten, die im Objektgeschäft tätig sind, arbeiten anders als diejenigen, die mit ihren Produkten die klassische Kette von der Fertigung über den Handel zum Handwerk schließen. Das Direktgeschäft ist üblich, wenn die Aufträge größer werden. Das birgt bei denjenigen Herstellern, die über Verkaufsteams in beiden Kanälen verfügen, oftmals ein erhebliches Konfliktpotential, das zur Zerreißprobe geraten kann. Wird der den Handwerker betreuende Außendienstmitarbeiter gerade dann aus dem Geschäft genommen, wenn es für ihn mengenmäßig interessant wird, ist Ärger programmiert. Auch der treue Handwerkspartner bringt selten Verständnis dafür auf, wenn ein ferner Objekteur für den heimischen  Sporthallenboden auf einer komplett anderen Preisbasis agiert. Die Kunst der Diplomatie entscheidet über den Erfolg des Lieferanten.

Absicherung ist das A und O

Was für einen Produzenten mit Fokus Objektgeschäft lebenswichtig ist, lässt sich in den Aufgabenbeschreibungen der Key Accounts, so die moderne Umschreibung der Betreuer der Schlüsselkunden, ablesen. Sie sollen langfristige Geschäftsbeziehungen zu ihren potentiellen Auftraggebern aufbauen, denn wer sich im Ausschreibungstext so rechtzeitig einbringen kann, dass sein Produkt dort auftaucht, hat die besten Karten. Kontakte helfen. Entscheider in Behörden, Architekten oder Investoren zu kennen ist genauso wichtig, wie die gute Freundschaft zu den Leitern des Objektgeschäftes in den Verlegeunternehmen zu pflegen.

Das ist allerdings nur die eine Seite. Die Produkte müssen in allererster Linie passen. Je nachdem, ob spezielle Objektanforderungen wie Rutschfestigkeit, Antistatik,Verschleißwiderstand, Schwerentflammbar-, Haltbar- oder Belastbarkeit, Desinfektionsfähigkeit oder die ganze Palette der Möglichkeiten der Unterhaltsreinigung und Pflege gefordert werden, sind die Kriterien zu erbringen und – ganz wichtig – abzusichern. Und zwar nicht nur allein durch die Qualität der Ware , sondern auch durch alle erdenklichen Unterlagen, Datenblätter und Produktbeschreibungen. Architektenmappen mit technischen Details und designgeprägter Optik sind unerlässlich. Architektenführungen in eigenen erstellten Objekten sind ein weiterer Schlüssel zum Erfolg, der allerdings auch im Privatgeschäft seinen Sinn erfüllt. Die Grenzen sind fließend.