Der interessante Schadensfall: Bauherr verlangte teure Totalsanierung des Buchenparkettbodens Frechheit siegt nicht immer

Das Buchenparkett war schon etwas verschlissen. Da kam ein kleiner Wasserschaden durch Unachtsamkeit eines Handwerkers gerade recht und der Bauherr verlangte eine Komplettsanierung des Parkettbodens. Aber daraus wurde nichts.

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    1 Der Wasserschaden in dem Buchenparkettboden war offensichtlich.
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    2 Der Buchenparkettboden war in zwei Ebenen verlegt.
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    3 Der mehrere Jahre alte Parkettboden aus Sicht von der oberen Ebene. Deutlich erkennbar sind die dunklen Einläufe an den Kopfstößen.

Frechheit siegt nicht immer

Bei nachträglichen Tischlerarbeiten war dem Handwerker versehentlich ein Eimer mit Wasser umgekippt, das er für die abschließende Reinigung einer Tür benötigte. Leider hat er das Malheur nicht sofort bemerkt. Die Folge waren graue Verfärbungen und verformte Decklamellen im Buchenparkett. Eine klare Haftpflichtangelegenheit für die Versicherung des Handwerkers, die zunächst auch die Renovierungskosten übernehmen wollte. Das änderte sich, als sie den Kostenvoranschlag des Bauherrn auf dem Tisch liegen hatte. Während der Versicherungsvertreter die Kosten auf etwa 800 Euro schätzte, veranschlagte der Bauherr rund 32.000 Euro. Letzterer hatte sich ein Angebot mit eingehender schriftlicher Erläuterung zu dem Zahlenwerk eingeholt. Möbel ausräumen und abbauen, zwischenlagern, Boden in allen Flächenbereichen entfernen, Unterboden vorbereiten, neu verlegen, Fußleisten sowie Podeste in gleicher Holzart durch neue ersetzen etc. Selbstverständlich, dass der Bauherr, der mit seiner Lebenspartnerin auf einer Wohnfläche von 340 Quadratmetern lebte, die Übernahme der Hotelkosten für die Zeit der Arbeit verlangte – und, wie es sich für einen Heimarbeiter gehört, auch seinen Verdienstausfall ersetzt haben wollte. Das Angebot war stichhaltig.

Bei dem zu sanierenden Boden handelte sich um ein Buchenfertigparkett, das in dem zirka 90 Quadratmeter großen Wohn-/Essbereich verlegt war. Das Parkett lag in zwei Ebenen, getrennt durch ein langes Stufen-element, schwimmend durch herkömmliche Verleimung in Nut und Feder.

Der Bauherr, Theaterschauspieler und damit schon von Berufswegen sehr beredt, erläuterte dem Versicherungsvertreter seine Forderung in perfekt erlerntem Parkettdeutsch: Ein schwimmend verlegter Boden, der lediglich über Nut und Feder zu einer kompletten Scheibe verleimt ist, kann man nicht fachgerecht in Teilflächen sanieren. Bei einer Reparatur wäre wegen der zwangsläufig notwendig werdenden Zerstörung der Nut-Feder-Verbindung einer Dielenreihe die Stabilität des gesamten Bodens nicht mehr ausreichend gewährleistet. Abschleifen von schwimmend verlegten Böden funktioniert ebenfalls nicht, schon gar nicht, wenn als Versiegelung ein Wasserlack mit kaum zu vermeidender seitenverleimender Wirkung aufgebracht werden solle. Auch eine Aufnahme des Parketts über den Bereich des Schadens hinweg bis an die nahe liegende Wand sei nicht möglich, so der Künstler. Der gedämpfte Buchenboden würde wegen der natürlichen Farbveränderungen Absätze zeigen, die auch im Laufe der Zeit nicht komplett verschwinden würden. Die Podestabdeckungen seien darüber hinaus seinerzeit passend zum Fußboden ausgewählt worden und wären später ebenfalls aus bereits genannten Gründen nicht mehr zu tolerieren.

Da die tiefer liegende Wohnfläche und der darüber liegende Wohn Essbereich eine optische Einheit bilden, sei nur eine Komplettmaßnahme zu akzeptieren. Die moderne mit Aluminiumverkleidung versehene Küchenzeile stehe auf dem Parkett, müsse komplett ausgebaut und neu aufgebaut werden – mit aller Vorsicht natürlich. Darüber hinaus sei das Dämpfen des Buchebodens eine sehr exklusive, keineswegs exakt reproduzierbare Sonderbehandlung des Holzes mit erheblichem Aufpreis, die es rechtfertige, ein gleichermaßen hochwertiges Zweischichtparkett zu fordern – in der Holzart Afzelia übrigens, das in Italien ohnehin als Buche gehandelt wird. „Überlegen Sie sich genau, welche Maßnahme Sie gutheißen. Ich werde die Reparatur entsprechend begutachten lassen. Farbdifferenzen von alt und neu beanstande ich sofort“, sagte der Bauherr abschließend.

Der Versicherungsvertreter stand der lückenlosen Argumentation des Bauherrn hilflos gegenüber. Zirka 32.000 Euro für ein „Wasserschädchen“ in einer Raumecke, das schien ihm allerdings etwas viel. Also holte er sich bei einem unabhängigen Sachverständigen Hilfe, der den Schaden begutachtete.

Der Parkettexperte war beim Ortstermin auf die lückenlose Kette der Begründungen des Bauherrn zwar nicht ganz vorbereitet, versuchte aber dennoch unbeirrt die Problematik in all ihren Details einzuschätzen. Eindeutig handelte es sich um einen Wasserschaden, der zwischen Kamin und Fensterfront in einer Wohnraumecke entstanden war. Mit der Aufnahme von zirka sechs bis acht Quadratmetern bis zur nahe gelegenen Wand hin und einer Wiederverlegung neuen Parketts wäre die Sache technisch behoben. Jedoch war dem Gutachter bei der Farbvariationsbreite der gedämpften Buche klar, dass der Bauherr bei gerechtfertigtem Grund das Parkett nicht abnehmen würde. Aufnahme, Entsorgung und Neuverlegung auf der unteren Fläche von zirka 35 Quadratmetern, Abnehmen und Wiederanbringen der geschraubten Fußleisten, Anarbeiten an die Stufenbereiche – damit wäre die Angelegenheit nach Meinung des Sachverständigen aus der Welt geschafft. Er kam bei seiner Schätzung auf etwa 3.200 Euro – lediglich ein Zehntel dessen, was der Bauherr forderte. Der Gutachter ließ den durch eine Stufe abgetrennten oberen Bereich bei seiner Betrachtung außer Acht. Wegen der zwei verschiedenen Ebenen, mit einer Winkelschiene zudem optisch deutlich abgesetzt, sei eine getrennte Betrachtung angemessen. Damit entfielen eine Reihe von Kosten, wie zum Beispiel auch der Ab- und Neuaufbau der hochwertigen Küchenzeile und selbstverständlich auch die Hotelkosten. Das Haus wies schließlich genügend Möglichkeiten zum Möbelbewegen und zum Schlafen auf, ein Verdienstausfall war ebenfalls schwer zu rechtfertigen. Das Dämpfen der Buche sei zwar durchaus eine Besonderheit, der Kostenunterschied zu Afzelia-Zweischichtparkett sei damit jedoch keineswegs gedeckt. Als der Zufall einige Zeit später den Sachverständigen erneut in einer anderen Angelegenheit in das gleiche Haus führte, war der Parkettboden immer noch der alte. Lediglich die letzten Dielenreihen waren ausgewechselt worden. Man hatte sich finanziell geeinigt, hieß es.◇