70 Jahre alter Stabparkettboden offenbart nach Abschliff und Neuversiegelung seine bewegte Vorgeschichte Fatale Fehleinschätzung

Das Abschleifen von Parkettböden ist eine Maßnahme, die aufgrund des tollen neuen Erscheinungsbildes meist für allseitige Zufriedenheit sorgt. Dass das nicht immer der Fall sein muss, zeigt dieser Praxisfall.Der Parkettboden war abgeschliffen und neu versiegelt worden. Wenn man den Boden zuvor gesehen hätte, hätte man anschließend von einer wahren Meisterleistung gesprochen, so sehr erstrahlte der Boden in neuem Glanz, zumindest aus der Ferne. Schadensbild Aus der Nähe sah man allerdings recht deutlich, dass die tieferliegenden Randbereiche der Parkettstäbe nicht vollständig ausgeschliffen waren und wegen der rückständigen Versiegelungsreste für eine sehr scheckige Oberflächenoptik sorgten. Der Hausherr hatte genau hingeschaut und war deshalb ob des entstandenen Bildes bitter enttäuscht. Die Folge: Er wollte nicht zahlen, der Auftragnehmer hingegen beharrte auf seiner Meinung, alles richtig gemacht zu haben. Es kam zum Streit, der letztendlich vor Gericht endete. Was war passiert? In einem altehrwürdigen, ostfriesischen Landhaus lag ein alter Parkettboden, der wieder in neuem Glanz erstrahlen sollte. Über 25 Jahre hatten die Räume des Gebäudes, das in den 80er-Jahren als Kinderheim genutzt worden war, leer gestanden. Der neue Besitzer wollte aus der mittlerweile heruntergekommenen Ruine eine Künstlergalerie errichten. Während das Gros der Zimmer mit neuen Holzfußböden ausgestattet werden musste, sollte im großzügigen Garderobenzimmer der alte Stabparkettboden erhalten bleiben. Er hatte zwar eine lebhafte Vergangenheit, in der er auch einmal von einem Linoleumboden abgedeckt und sogar einen Wasserschaden überstanden hatte, aber insgesamt schien er noch nutzbar zu sein. Das befand jedenfalls der etwas unerfahrene Fachbauleiter des Fußbodenunternehmens, das mit der Sanierung des Parketts beauftragt worden war, nach kurzer Sichtprüfung. Schadensanalyse Ganz so einfach, wie dieser sich die Sache gedacht hatte, ging die Arbeit jedoch nicht vonstatten. Vor Beginn des Schleifens holten die ausführenden Handwerker das nach, was eigentlich zu den Aufgaben ihres Baustellenkoordinators gehört hätte. Sie schauten sich das Parkett näher an. Ihnen war aufgefallen, dass die Parkettstäbe zwar immer noch sehr fest mit dem Unterboden verbunden waren, sich allerdings in Teilflächen insbesondere vor den Fenstern deutlich konvex schüsselten. Weiterhin fiel ihnen auf, dass der Boden bereits einmal großflächig mit eingedicktem Holzkittmehl ausgespachtelt und anschließend grob geschliffen worden war, anscheinend nicht vorrangig um die Fugen zu verfüllen, sondern in erster Linie, um für die Verlegung eines zwischenzeitlichen Bodenbelages eine möglichst ebene Fläche zu bilden. Diese Erkenntnis einer durchaus ereignisreichen Vorgeschichte im Leben des Parketts ließ die beiden Fußbodenexperten auch die Dicke der noch nutzbaren Nutzschicht überprüfen. Diese wies maximal etwa vier bis fünf Millimeter im Mittel auf und mahnte bei dem ehemals 22 Millimeter dicken Parkett zur absoluten Vorsicht. Im Vordergrund stand dabei keinesfalls die Gefahr eines Durchschliffes, aber die nach einem weiteren Abschliff später noch verbleibende Restoberwange drohte zum Spielball des aufgetragenen Versiegelungsmittels beziehungsweise des umgebenden Raumklimas zu werden. Sich der Risiken bewusst, begannen die Handwerker mit ihrer Arbeit. Die Vorsicht hatte allerdings zur Folge, dass in Flächenbereichen konvexer Verformungen das Holz nicht soweit zurückgeschliffen wurde, dass die Reste der alten Versiegelung beziehungsweise des alten Holzkittes komplett beseitigt worden wären. Die Handwerker wollten wohl nicht zu viel Holz von der oberen Nutwange der Parkettstäbe abnehmen. Am rohen Boden fiel dieses Bild zunächst nur geringfügig störend auf. Im Zuge der Neuversiegelung kamen allerdings die ersten Zweifel, ob die Entscheidung richtig war, diesen etwa 70 Jahre alten Boden noch einmal aufzuarbeiten. Schadensbeseitigung Der Bauherr stellte sich jedenfalls nach getaner Arbeit und Besichtigung des Ergebnisses auf die Hinterbeine und behauptete, dass er das Abschleifen niemals in Auftrag gegeben hätte, wenn er über das Ergebnis informiert worden wäre. Die Gutachterfragen drehten sich im Gerichtsstreit dann auch hauptsächlich um die Frage, ob der Auftragnehmer die Folgen seiner Arbeit im Vorhinein hätte erkennen können und zumindest auf das entstehende Bild hätte hinweisen müssen. Der Gutachter beantwortete beide Fragen mit „Ja“. Die Frage nach den entstehenden beziehungsweise entstandenen Kosten beantwortete er diplomatisch, in dem er eine etwa fünf- bis zehnjährige Nutzungsphase in dem vorgefundenen Zustand in Aussicht stellte und auftragsgemäß eine Halbierung des Rechnungspreises vorschlug. Der eigentliche Verantwortliche war aber der Fachbauleiter des ausführenden Unternehmens. Der hätte bei Auftragsannahme die entscheidende Prüfungspflicht gehabt und just in diesem Moment die Erwartungshaltung des Kunden herunterschrauben müssen. Letztlich bissen aber die ausführenden Handwerker die Hunde. Denn sie bekamen keinen Lohn für ihre Leistung. Sie hätten ihre Arbeit nach Prüfung des Parketts abbrechen und in der Firmenzentrale um Rat fragen sollen, hieß es in der betriebsinternen Begründung, die vor Gericht natürlich keine Rolle spielte. Schadensfälle aus der ParkettlegerpraxisDie meisten Schäden entstehen aus Unkenntnis oder Unwissenheit. Der bwd-Praxisratgeber liefert eine praxisgerechte Aufarbeitung von 32 Schadensbildern mit Schadensursachen, -analysen und -maßnahmen. Unverzichtbar, wenn es darum geht, Schäden frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden,aufgetretene Schäden fehlerfrei zu analysieren,Missverständnisse bereits bei der Auftragsvergabe zwischen Kunde und Bodenleger zu verhindern.Alle Schäden wurden verständlich aufbereitet und mit Handlungsanleitungen unterlegt, um Verlegearbeiten zu erleichtern. Die zahlreichen Schadensbilder unterstützen Bodenleger und Gutachter bei der täglichen Verlegepraxis und helfen, Schäden bereits in ihrer Entstehungsursache zu vermeiden.Das 114 Seiten umfassende Fachbuch kann bei www.holzmann-medienshop.de zu einem Preis von 29,90 Euro inkl. MwSt. bestellt werden. Schadensfälle aus der ParkettlegerpraxisDie meisten Schäden entstehen aus Unkenntnis oder Unwissenheit. Der bwd-Praxisratgeber liefert eine praxisgerechte Aufarbeitung von 32 Schadensbildern mit Schadensursachen, -analysen und -maßnahmen. 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