Sachverständigenseminar Kassel Eigenes Ermessen birgt Risiken

Versätze beim Verlegen von Design- und Multilayer-Bodenbelägen sind bisher nicht eindeutig geregelt. Was muss der Kunde tolerieren? Ein neues Merkblatt könnte mehr Klarheit bei diesem Streitthema schaffen, sagt der Sachverständige Karsten Krause.Kleine Ursache, große Wirkung. Das gestörte Erscheinungsbild eines im Verbandmuster verlegten Designbodenbelages führt immer wieder zu Beanstandungen, obwohl technisch keine Minderung vorliegt und es auch keine niedergeschriebene Vorschrift gibt, es anders zu machen. Gerichtliche und private Auseinandersetzungen befassen sich immer wieder mit diesem Streitthema, wenn die einzelnen Planken des Design- oder Multilayerbodens mit angeblich unzureichendem Musterversatz verlegt wurden. Karsten Krause stellte unter anderem Teile des neuen TKB-Merkblattes 15, welches unter Beteiligung des Sachverständigenbeirat im ZVPF entstanden ist, vor. Er erläuterte dessen Intention, indem er zunächst auf die Hinweise der Hersteller zu diesem Thema einging. Die Empfehlungen der Lieferanten sind indes zurückhaltend: „ Beginnen Sie an dem markierten Kreuz und setzen Sie die Verlegung der ersten Reihe entlang der Markierung … Die erste Diele soll dabei eine Länge haben, die genügend Versatz zu der angrenzenden, bereits verlegten ersten Diele hat“, heißt es in einer Lieferantenempfehlung sinngemäß. „Die Kopfstöße müssen immer um mindestens 40 cm versetzt angeordnet sein“ und „… empfehlen wir, auf einen ausreichenden Fugenversatz (bei Plankenformaten ca. 30 cm) zu achten“, liest man in einem anderen Hinweisblatt. Oder für die Ungeübten: „… Wird auch ‚wilder Verband‘ genannt. Verlegemethode: die Dielen/Planken/Fliesen werden einfach parallel zueinander verlegt, wobei die Stöße unregelmäßig versetzt werden. Diese Unregelmäßigkeit bietet Ihnen zwei Vorteile: Zum einen lockert der ‚wilde Verband‘ vor allem kleine Räume optisch auf. Und zum anderen verzeiht dieses Verlegemuster auch gut und gerne kleinere Unregelmäßigkeiten. Perfekt für alle Anfänger des Verlegens von Vinylböden.“ Konkreter als zu den einzuhaltenden Musterversätzen äußert man sich zu speziellen Verlegemustern wie beispielsweise dem englischen Verband: „Der englische Verband gehört zu den Klassikern der einfachen Verlegemuster für Vinylböden. Zwar werden auch hier die Vinyldielen/Planken/Fliesen parallel zueinander verlegt, doch der Versatz entspricht hierbei genau einer halben Diele. ….“ Keine VersatzdefinitionenIn der DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten und deren Kommentierung befasst man sich ebenfalls nicht mit Versatzdefinitionen, sondern in erster Linie unter 3.4.4 mit den rechtlichen Folgen in der täglichen Praxis für den Fall, dass keine Vorgaben für die Verlegerichtung gemacht werden: „…. Falls eine vertragliche Vereinbarung bei anspruchsvoller Raumgeometrie, richtungsorientierenden Bodenbelägen und gewünschten gestalterischen Effekten für die Verlegerichtung nicht vorgegeben ist, ist diese vor der Verlegung mit dem Auftraggeber zu besprechen. Ergibt sich ein erhöhter Verschnitt bzw. Mehraufwand, ist dieser extra zu vergüten.“ Beim oftmals gewählten optischen Vorbild der Design- und Multilayerbeläge, den hölzernen Parkettböden, gehört der Verbandboden als regelmäßiger bzw. unregelmäßiger (wilder Verband) seit jeher zu den klassischen Mustern, wobei allerdings auch in dem Fachbuch für Parkettleger von Remmert, Heller, Spang u.a. unter dem Stichwort „Raumgestaltung“ keine Angabe zum Versatz gemacht wird. Lediglich zur Verlegerichtung wird etwas gesagt, wonach diese weitgehend nach gestalterischen Gesichtspunkten zu wählen ist, die allerdings mit dem Kunden abgestimmt werden sollte. In der Fachliteratur, den Verlegehinweisen und in einschlägigen Normen gibt es keine eindeutigen Regelungen und Hinweise zu den möglichen Verlegemustern, welche bei der Verarbeitung von Designbelägen im Plankenformat Anwendung finden können, resümiert Krause. Einige Hersteller weisen zumindest auf ein Versatzmaß von 30 cm oder 40 cm hin. Zumindest bei Designbelägen in Holzoptik kann eine Analogie zu echten Holzfußböden und den dort geregelten Musterverlegungen hergestellt werden, sagt Krause weiter und weist nochmals auf die besondere Bedeutung der konkreten Vereinbarung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber hin. Das Risiko, bei fehlender Vereinbarung einfach frei nach eigenem Ermessen zu arbeiten, scheint in diesem Zusammenhang hoch. Im Streitfall könne sich der Auftraggeber mit großer Voraussicht darauf berufen, dass er vom Auftragnehmer nicht auf die Notwendigkeit einer zu treffenden Regelung hingewiesen worden ist. Regeln des Fachs schaffenIm Falle der unzureichenden Regelungen für Versätze gäbe es deshalb die Chance mit einem Merkblatt der Sachverständigen eine allgemein anerkannte Regel des Faches zu schaffen, das sich in folgender Weise mit dem Thema beschäftigen könnte: „Designbeläge werden häufig mit Holzdekoren eingesetzt. Dabei sollte das Verlegemuster im Verband dem von Parkett angepasst erfolgen. Die einzelnen Planken werden beim unregelmäßigen Verband (wilder Verband) immer in einzelnen Reihen verlegt. In jeder Reihe werden die Stäbe willkürlich versetzt. Bei der Klebung auf den Untergrund ist ein Mindest- bzw. Stoßversatz vom Zweifachen der Elementbreite einzuhalten. Geringfügige Abweichungen sind möglich. Die Erfahrung des Verlegers trägt wesentlich dazu bei, wie gefällig der fertige Boden wirkt. Bei der schwimmenden Verlegung müssen neben den optischen auch die technischen Herstelleranforderungen beim Mindest- bzw. Stoßversatz berücksichtigt werden.“ Geläufige Definitionen Regelmäßiger Verband: Die Parkettstäbe werden parallel mit versetzten Stößen verlegt, wie die Beplankung auf einem Schiffsdeck. Unregelmäßiger Schiffsboden-Verband: Die Parkettstäbe werden in einzelnen Reihen verlegt. In jeder Reihe werden die Stäbe um ein Stück versetzt. Der Boden hat nun Ähnlichkeit mit den Planken an Deck eines Schiffes. Da die Planken immer recht willkürlich verlegt sind, heißt diese Verlegeart auch „wilder Verband.“