Restfeuchte aus beschleunigtem Estrichsystem Diese Belegreife war trügerisch

Die Abzeichnung von Trägerlamellen bei Zweischichtparkett wird durch den Diffusionswiderstand der eingesetzten Leimfilme beeinflusst - insbesondere wenn noch vorhandene Restfeuchte im beschleunigten Estrichsystem wirksam wird. Die an einem Parkettboden festgestellten Phänomene spiegeln diese These wider und bieten viel Stoff für Diskussionen: Da ist zum einen die nachträgliche Abzeichnung von Trägerlamellen bei einem zweischichtigen Fertigparkett, darüber hinaus das spätere, vom Lieferanten selbst gemessene und bestätigte Emittieren weiterer, nicht unerheblicher Mengen an Feuchtigkeit trotz schriftlich zugesagter (!) Belegreife des Systems - und schließlich die immer wiederkehrende Frage der korrekten Messung derartiger Estriche. Sicherlich gibt es noch mehr derartiger Phänomene, auf diese kann allerdings im Rahmen dieses Beitrages nicht eingegangen werden. Namen von Beteiligten bzw. Markenbezeichnungen von Materialien spielen in diesem Falle, der sich tatsächlich so abgespielt hat, eine untergeordnete Rolle. Schadensbild Im Frühjahr 2012 wurde auf einem beschleunigten Estrichsystem ein 2-Schicht-Fertigparkett eines Qualitätsherstellers, lackversiegelt, mit Fichte/Tanne-Trägerschicht, mit einem silanmodifizierten Klebstoff (feste Riefe) ohne Vorstrich geklebt. Die zu diesem Zeitpunkt vorgenommene Estrichfeuchteprüfung ergab 2,3 CM-%. Der Hersteller gab in seinen Unterlagen an, dass der Estrich bis 3,0 CM-% zwischen neun und 28 Tagen nach dem Einbringen des Estrichs verlegereif ist. Im Vertrauen auf diese Angaben wurde verlegt. Nach ca. zwei bis drei Wochen zeichnete sich die Trägerschicht des Zweischichtparketts im Gegenlicht ab. An wenigen Elementen zeigte sich auch eine leichte Quellung im Kopfbereich (ca. 0,2 mm). Die Erscheinungen führten zu einer Beanstandung. Bei einem ersten Termin im August des vergangenen Jahres wurde ein Teil der Fläche geöffnet, um die Feuchte von Parkett und Estrich zu prüfen. Das Fertigparkett lag bei ca. 11% in der Nutzschicht und ca. 13% (Darr-Prüfung) in der Trägerschicht, der Hersteller des Estrichs hatte seinen Estrich mit 1,4 CM-% (aufgerundet) gemessen. Das Riefenbild des Klebstoffs zeigte keine Veränderungen bzw. Beanstandungen. Nach einigen weiteren schriftlichen und mündlichen Diskussionen fand Anfang Dezember ein zweiter Termin mit allen Parteien statt, also mit dem Estrichbindemittellieferanten, dem Lieferanten der Klebstoffe, dem des Parketts bis hin zum Handwerker und dem auch schon beim ersten Mal hinzugezogenen Sachverständigen. Die Prüfstelle wurde erneut geöffnet, die Raumluftwerte lagen in einem für eine kontrollierte Be- und Entlüftung üblichen Bereich von ca. 22°C bei größer 30 % Raumluftfeuchtigkeit, welche, so der Gutachter, das Parkett langsam zum Rücktrocknen brachte. Die Holzfeuchte wurde entsprechend zerstörungsfrei mit 8,5 – 9,8 % HF bestimmt. Ein Wert, der nach Erfahrung des Gutachters ca. 1% unter dem Ergebnis einer Darrprüfung liegt. Soweit die sachlichen Feststellungen. Doch es stellten sich Fragen, insbesondere die nach der Verantwortlichkeit für das Erscheinungsbild. Viele Argumente wurden auf der Baustelle ausgetauscht, ohne dass es zu einem Ergebnis kam. Schadensanalyse Der Gutachter kam seinerseits zu folgenden Überlegungen: Der Estrich war laut Hersteller verlegereif, obwohl er über den üblichen 2,0 CM-% für einen nicht beheizten Zementestrich lag, denn so lautete die entsprechende Zusage laut Produktauslobung. Also wurde verlegt, obwohl eigentlich eine Bedenkenanmeldung sinnvoll gewesen wäre. Hätte jetzt also der Verleger den Schwarzen Peter, würde er sogar aufgrund des in diesem Fall fachkonformen Verhaltens des Handwerkers an den Kunden weitergereicht. Das erschien dem Gutachter allerdings wenig sinnvoll, weil eine Bedenkenanmeldung mit einer Haftungsfreigabe für den Bodenleger in dieser Konstellation gegenüber dem ahnungslosen Auftraggeber durchaus fragwürdig schien. Wie konnte es zu diesem Schaden kommen, wo doch viele Quadratmeter dieses Bodenbelages in anderen Bauvorhaben ohne Beanstandung verlegt wurden? Diese Frage hatte er zu klären. Die Lieferantin des Estrichbindemittels hatte eine Verlegung bei 3,0 CM-% in ihren Unterlagen zugesagt, schrieb er. Deren eigene Messung lag im Oktober, wie oben aufgeführt, bei knapp 1,4 CM-%. Es ist also zweifelsfrei eine Rücktrocknung erfolgt. Die Betonsohle wurde mit einer Schweißbahn zum Erdreich hin abgedichtet. Die Dämmung sei bei der zweiten Messung haptisch trocken gewesen, hieß es. Also hatte der Estrich, wie jeder andere Estrich auch, die Feuchtigkeit durch die Verlegewerkstoffe und Parkettelemente langsam an die Umgebungsluft nach oben hin abgegeben. Dies geschieht in der Regel so langsam, dass die Wasserdampfdiffusion im Allgemeinen keine große Rolle spielt. Die Feuchtigkeit kann über die Raumfugen und durch den Fußbodenaufbau entweichen, auch wenn es sich hier durchaus um eine größere Menge nicht chemisch gebundener Feuchtigkeit/Anmachwasser handelte, wie die Messungen ergeben hatten. Das führt aber zu weiteren Überlegungen. Fakt ist, dass aufgrund der Messung mit 1,4 % CM-Feuchte immer noch Wasser aus dem Estrich entweicht und nicht auf Dauer gebunden bleibt, wie es die Herstellerangaben suggerieren. Deshalb muss nach Gutachterüberlegungen auch die Diffusionsfähigkeit der oberen Schichten betrachtet werden. Dabei kann der silanmodifizierte Parkettklebstoff weitestgehend vernachlässigt werden. In einem 2-Schicht-Fertigparkett gibt es hinsichtlich der Diffusion zwei relevante Ebenen. Die erste ist natürlich die Versiegelung. Sie wirkt diffusionshemmend, wie Erfahrungen und wissenschaftliche Arbeiten eindeutig belegen. Aber auch die Verbindung zwischen Träger- und Nutzschicht ist auf diese Funktionsweise hin zu untersuchen. Die Parkettindustrie arbeitet mit Fügestoffen/Klebstoffen unterschiedlicher Art, welche zudem in verschiedenen Techniken appliziert werden. Selbst die Art der Aufbringung in Streifen oder flächig zum Zusammenfügen der Träger- und Nutzschicht hat einen Einfluss auf das Diffusionsverhalten des Systems. Das führt zu folgenden fachtechnischen Betrachtungen: Allgemein ist bekannt, dass die CM-Prüfung einen Wert ergibt, der durch die Reaktion des Calciumcarbids mit dem freien Estrichwasser zu einem Azetylengas-Luftgemisch nach zehn Minuten in einem Druckmesser angezeigt und umgerechnet werden kann. Dieser Wert gibt an, wie viel Wasser zum Zeitpunkt der Messung reagiert hatte, als zuverlässiger Wert bei herkömmlichen Estrichen bekannt. Aber wie viel gebundenes Wasser noch im Estrichsystem vorhanden ist, ist nicht bekannt. Dass noch Wasser in die Atmosphäre entweicht, zeigt im vorliegenden Falle die bestätigende CM-Messung der Estrichlieferantin beim Ortstermin mit 1,4 CM-% gegenüber 2,3 CM-% kurz vor der Verlegung. Man misst als zur Prüfung angewiesener Handwerker also nur eine Momentsituation, nicht den Endzustand. Selbst bei herkömmlichen Zementestrichen erfolgt die Rücktrocknung bis zur Ausgleichsfeuchte nach der Verlegung bzw. Freigabe von 2,0 CM-%. Dazu muss der Oberbelag diffusionsfähig sein - was er in der Regel auch ist, da dieses Wasser im Aggregatzustand im "gasförmigen Zustand" nur sehr, sehr langsam nachstößt. Diskussionspunkte Wenn jetzt viele Quadratmeter verlegte Flächen ohne Beanstandung blieben, so liegt die Vermutung nahe, dass dieses Verhalten auch etwas mit der Menge und der Geschwindigkeit der nachstoßenden Feuchtigkeit zu tun. Dazu sind wieder die zwei diffusionshemmenden Schichten im 2-Schicht-Fertigparkett zu betrachten mit ihrem Einfluss auf die Trägerplattenabzeichnung. Die Lackversiegelung wird in der Regel bei der Berechnung des sd-Wertes immer mit berücksichtigt. Dagegen wird die Verleimung zwischen Nutz- und Trägerschicht nicht thematisiert. Dabei sind eine Vielzahl von Produkten mit unterschiedlichen sd-Werten auf dem Markt, die zweifellos auch ein unterschiedliches Diffusionsverhalten haben. Dazu kommen noch unterschiedliche Produktionsmethoden, welche den Gesamtwiderstand beeinträchtigen. Diese sind in der Regel so diffusionsdurchlässig, dass es zu keinem Schaden kommt. Ist aber bei einem beschleunigten Estrich die frei werdende Wassermenge zu hoch, kann es zu Schäden wie den Trägerplattenabzeichnungen kommen, indem eben diese Feuchtigkeit beim Durchwandern unterhalb dieser beiden Schichten so lange zurückgehalten wird, dass die hygroskopischen Eigenschaften des Holzes eine sehr geringfügige, aber zumeist im Gegenlicht ohne weiteres sichtbare Dimensionsänderung bewirken. Entsprechende Untersuchungen des Verhaltens verschiedener Leimsysteme bei Holzverbindungen sind bekannt. Warum sollte man nicht auchhier ansetzen. Trägerlamellenabzeichnungen benötigen nur ganz geringe, messtechnisch kaum darstellbare Feuchteveränderungen. Schadensbeseitigung Um es vorwegzunehmen, schreibt der Sachverständige, eine aktuell gültige Schlussfolgerung gebe es nicht. Allerdings würde er aus seiner Sicht eine Empfehlung aussprechen, nämlich die, bei beschleunigten Estrichen zusätzlich zur CM-Messung auch noch die Luftfeuchtigkeit des Estrichmaterials zu prüfen, indem ca. 100 g Estrich in eine PE-Tüte (z.B. 3 l, Zip-Verschluss) gegeben werden und die Feuchtigkeit bis zur Konstanz verfolgt wird, was ein bis zwei Stunden dauern kann. Nach derzeitigem Kenntnisstand sollte diese 75 % nicht übersteigen. Zur genauen Festlegung des aufgeführten Wertes, schränkt der Gutachter ein, fehlen aber noch viele Untersuchungen und vor allen Dingen fehlt auch eine verlässliche Prüfungsanordnung, damit die Reproduzierbarkeit der Tests gewährleistet bleibt. Er weist in diesem Zusammenhang auf spezielle Aufsatzgeräte für die Stahlflasche der CM-Prüfung hin, die am Markt erhältlich sind. Doch stehen nicht auch die Hersteller der 2-Schicht-Fertigparkettstäbe in einer Verantwortung, da sie diejenigen sind, die die Werkstoffe für den Aufbau auswählen und kennen? So könnte durchaus bei entsprechenden Verleimungen ein Hinweis angebracht sein, regt der Gutachter an, dass bei beschleunigten Estrichsystemen besondere Vorsicht und ggf. Maßnahmen zur Zurückhaltung von verzögert frei werdendem Estrichanmachwasser empfohlen wird. Schließlich wird die potentielle Auswirkung im 2-Schicht-Fertigparkett bisweilen sehr deutlich und nicht in jedem Falle akzeptabel sichtbar. Es stellen sich also bereits bekannte und auch weiterführende Fragen für den Hersteller der Estrichbindemittel, insbesondere die, wie mit den trotz erklärter Belegreife noch schadenswirksamen Restfeuchten umgegangen wird, wie überhaupt zu messen ist, wer aus handwerklicher Sicht trotz vorgenommener Feuchtemessung und nachvollziehbaren Vertrauens in die Angaben des Lieferanten letztlich verantwortlich ist und auch Fragen an den Parkettproduzenten, ob er das Diffusionsverhalten seiner Hilfsstoffe berücksichtigen und kenntlich machen muss.