Der interessante Schadensfall: Kopffugenbildung im Parkett Die Zellwände gleiten ineinander

Dreischichtige Parkettdielen, die extremen Bedingungen ausgesetzt sind, bilden häufig Kopffugen. Wie die einzelnen Lagen eines Mehrschichtparketts aufeinander Einfluss nehmen, zeigt dieser Schadensfall.Kopffugenbildung bei dreischichtigem Parkett tritt insbesondere dann auf, wenn die Elemente qualitative Mängel wie ungeeignete Mittellagenfeuchte, zu große Leistenabmessungen oder ungünstige Jahrringlage in der Mittellage aufweisen. Anhand des hier beschriebenen Schadensfalls gingen die Experten Karl Remmert und Walter Pitt der Frage nach, was beim Zusammentrocknen zu feuchter Mittellagenleisten mit der Parkettdiele passiert. Wird sie kürzer oder behält sie ihre Abmessungen?Schadensbild Das Parkett wurde in mehreren Räumen eines exklusiven Landhauses verklebt verlegt. Black Cherry als dreischichtiger Schiffsboden diagonal auf einem Estrich mit Fußbodenheizung verklebt, ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch technisch eine optimale Lösung. Das dachten sich auch Bauherr und Parkettlegermeister. Und wurden enttäuscht: Im Winter zeigten sich erhebliche Kopffugen in dem mit Nadelholzmittellage und -gegenzug aufgebauten Fertigparkettboden. Ein Gutachter sollte die Ursache finden. Die Verlegung war nach den Regeln des Faches auf ordnungsgemäß geprüftem Untergrund mit einem anerkannten PUR-Parkettkleber erfolgt. Selbst Messstellen waren ausgewiesen, an denen man die CM-Prüfungen vorgenommen hatte. Das Raumklima beim Ortstermin mit zirka 40 Prozent relativer Luftfeuchte und 22 Grad Celsius sowie einer Fußbodenoberflächentemperatur von 26 Grad Celsius (unter einem Teppich sogar 30 Grad Celsius) entsprach jedoch keineswegs der nachweislich übergebenen Pflegeempfehlung und machte eine Fugenbildung zwangsläufig. Das Ausmaß war dennoch ungewöhnlich. Die Längsfugen betrugen flächenunterschiedlich zum Teil mehr als einen Millimeter. Die Kopfstöße waren mit teilweise 4 bis 4,5 Millimeter Breite so auffällig, dass die optische und technische Funktion des Parketts nicht mehr einwandfrei gegeben war. Der Gutachter konnte einige Teilbereiche ohne Beschädigung des Parketts öffnen und weitere Messungen durchführen. Die mit 3,6 Zentimeter ungewöhnlich breiten Mittellagenleisten der 19,5 Zentimeter großen Dielen waren nicht nur sehr grobjährig, sondern deren Jahresringe waren darüber hinaus im Mittel um zirka 20 bis 50 Grad geneigt und nicht einmal annäherungsweise stehend, wie man es für hochwertiges Parkett fordert. Eine Untersuchung der Materialdicke ergab dementsprechend eine Zusammentrocknung um 0,2 Millimeter. Das hatte in den Mittellagenleisten die holztypischen Schwundbilder zur Folge, die oberflächlich in der glänzenden Versiegelung eindeutig erkennbar waren – selbst ohne besondere Gegenlichteffekte auszunutzen. SchadensanalyseMessungen der Holzfeuchten und der Gesamtabmessungen führten den Sachverständigen schließlich zu dem fachlich in allen Details nachvollziehbaren Schluss, dass die Mittellage des dreischichtig mit einem Harnstoffharzleim verklebten Parketts beim Einbau zu feucht gewesen sein musste. Die Lage der Jahrringe und die Abmessungen der Mittellagenleisten wirkten sich zusätzlich negativ aus. Häufig wird die Auffassung vertreten, jede Einzelleiste schwinde für sich mit der Folge, dass das Gesamtelement in seiner Länge nicht verändert wird. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn zwischen den Mittellagenleisten genügend leimfreier Raum ist, um sich als Einzelleiste bewegen zu können. Doch so scheint es nicht zu sein, wie oben genanntes Beispiel zeigt. In einer von bwd vorgestellten Diplomarbeit über Bambusparkett wurde darauf hingewiesen, dass dreischichtige Bambusverlegeeinheiten, bei denen alle drei Schichten in Längsrichtung verlaufen, verglichen mit solchen, bei denen die Mittellage quer zu Decklage und Gegenzug geleimt ist, jeweils sowohl in der Länge als auch in der Breite ein signifikant anderes Quell- und Schwindverhalten zeigen. Die mit einer Mittellage quer abgesperrten Elemente zeigten eine stärkere Längenänderung als die Elemente, bei denen alle drei Schichten in Längsrichtung verlaufen. Damit soll aber keineswegs diesen, meist forminstabilen Elementen der Vorzug gegeben werden, sondern nur auf den Einfluss der Mittellage auf die Längenänderung hingewiesen werden. Und auch der oben geschilderte Schadensfall bestätigt dieses Erscheinungsbild eindeutig. Ein Modell, das an das Fachbuch für Parkettleger und Bodenleger anknüpft, könnte eine Erklärung für das Phänomen sein. Die langgestreckten Holzfasern liegen quer zur Faser in der Holzbreite mit vielen Zellwänden pro Längeneinheit direkt nebeneinander, während sie in Faserrichtung in der Holzlänge mit wesentlich weniger Zellwänden pro Längeneinheit ineinander verzahnt sind. Aus dieser Anordnung der Zellen lässt sich der erhebliche Unterschied in den Schwundmaßen in der Länge und in der Breite des Holzes erklären. Für das um den Faktor 50 bis 100 geringere Schwundmaß in Faserrichtung sind zwei Faktoren verantwortlich: Zum einen die erheblich geringere Anzahl von Zellwänden pro Längeneinheit in Längsrichtung und zum anderen auch der Umstand, dass die Zellwände in Längsrichtung beim Quellen nicht direkt aufeinander treffen, sondern nebeneinander hergleiten können. Schadensbeseitigung Auf dreischichtiges Fertigparkett bezogen ließe sich aus diesem Erklärungsmodell folgender Schluss ziehen: Während die Mittellagenleisten bei einer Schwindung quer zur Faserrichtung (also in der Holzbreite) schmaler werden, wird die in Längsrichtung liegende Decklamelle in Faserrichtung gestaucht. Im Falle einer Quellung der Mittellagenleisten werden diese quer zur Faserrichtung breiter. Dadurch wird die in Längsrichtung liegende Decklamelle in Faserrichtung gestreckt. Die für das Verhalten einer Dreischichtdiele entscheidende Mittellage würde über die starre Verleimung mit der Decklage je nach raumklimatischer Situation die Decklage beeinflussen. Deren längs liegende Fasern werden dann entweder ineinander geschoben oder auseinander gezogen. Dadurch erklärt sich die Längenänderung mit entsprechenden Kopffugen oder Stippnähten zwischen den Dielenelementen. Übrigens: Dieses Modell stützt auch die von einigen Mehrschichtparkettherstellern auf Estrich mit Fußbodenheizung empfohlene H-förmige Verleimung im Bereich der Kopffugen. In diesem Fall musste der gesamte Boden ausgetauscht werden, zu intensiv zeigte sich das Schadensbild. Ein Abschleifen beziehungsweise Auskitten mit dauerelastischer Masse wäre nicht zielführend gewesen. Der Hersteller blieb nicht ganz unverschont.