bwd im Gespräch Nils Rödenbeck, Verkaufsdirektor, Interface Deutschland GmbH - Die Teppichfliese ist salonfähig"> bwd im Gespräch Nils Rödenbeck, Verkaufsdirektor, Interface Deutschland GmbH Die Teppichfliese ist salonfähig

Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Im Gespräch mit bwd erläutert Nils Rödenbeck, warum es kein Widerspruch ist, neben dem Projektgeschäft und den Direktkunden in Zukunft mehr als bisher den Großhandel zu bedienen.

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    Nils Rödenbeck (rechts) im Gespräch mit Stefan Heinze.
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    Links Verkaufsdirektor Nils Rödenbeck will das Großhandelsgeschäft weiter ankurbeln.

bwd Herr Rödenbeck, Interface Deutsch­land hat vor Jahresfrist angekündigt, 2016 verstärkt den Großhandel als Vertriebspartner ins Visier zu nehmen. Wie weit ist dieser Plan vorangeschritten? Können Sie Vollzug melden?

Rödenbeck Wir sind in den letzten Monaten mit unserem Be­streben, den Großhandel mehr als bisher als wichtigen Ver­triebs­partner zu etablieren, ein gutes Stück weitergekommen. Ich habe viele Gespräche mit den unterschiedlichsten Großhändlern geführt, auch um zu lernen. Ich komme ja zu einhundert Prozent aus dem Projekt­geschäft und ich erkenne, dass im Kleingeschäft für Interface ganz ­andere Spiel­regeln gelten und es sinnvoll sein kann, sich mehr Zeit zu geben. Lieber noch eine Runde mehr drehen, als etwas Unausgego­renes zu machen. Die Zeit der Schnellschüsse ist ­vorbei.

bwd Was meinen Sie mit Kleingeschäft?

Rödenbeck Das war nicht despektierlich gemeint, im Gegenteil. Das Contractbusiness besitzt ein Gesamtvolumen von 45 Mio. Quadratmetern. Davon realisiert der Großhandel 50 Prozent. Davon wiederum entfallen 75 Prozent auf Objekte unter 500 Quadratmeter. Das ist ein riesiger ­Kuchen.

bwd Aber der Großhandel hat doch nicht darauf gewartet, den Kuchen mit Interface zu teilen.

Rödenbeck Der Großhandel weiß um unsere Marktführerschaft bei Teppichfliesen und sucht das Gespräch mit uns. Wir sind heute als Interface so gewachsen, dass wir jetzt dieses Marktpotenzial angehen können. Dafür investieren wir.

bwd Mit welchen Auswirkungen auf das Selbstverständnis von Interface Deutschland tun Sie das?

Rödenbeck Als ich 2007 bei In­terface als Architektenberater eingestellt worden bin, fiel dies in die Zeit der Neuausrichtung der deutschen Organisation. Damals ging es ganz klar darum, Interface zum Projektgeschäft zu führen. Die Architekten hatten zu diesem Zeitpunkt in Deutschland wenig Bewusstsein für dieTeppichfliese. Entweder sie hatten gar keine Ahnung oder aber, speziell Architekten der ­älteren Generation, haben mit der Fliese negative Assoziationen.

bwd Und das ist jetzt anders?

Rödenbeck Wir wissen, dass 90 Prozent aller Architekten, die sich einmal für die Fliese entschieden haben, anschließend bei der Fliese bleiben. Das heißt nicht zwangsläufig, dass sie dann bei Interface bleiben. Allerdings: Wenn sie sich für Interface entscheiden, liegen die Reklamationsquoten bei unter einem Prozent.

bwd Aber künftig liegt der Fokus ja nicht mehr auf dem Architektengeschäft. Ist das kein Widerspruch?

Rödenbeck Der Fokus liegt auch weiterhin im Projektgeschäft. Aus meiner Sicht steht es nicht im Widerspruch, neben dem ­Projektgeschäft ein Netzwerk zum Verarbeiter und zum Großhandel aufzubauen. Wir werden das eine tun, ohne das andere zu lassen.

bwd Hat der Großhandel in Deutschland die Teppichfliese inzwischen überhaupt als Umsatzbringer entdeckt?

Rödenbeck Der Großhandel erkennt eine wachsende Nachfrage nach Teppichfliesen auch im kleineren und mittleren Objekt.  Aktuell hat die Teppich­fliese im Segment textile Bodenbeläge einen Marktanteil von zwölf Prozent. Im Übrigen: Es ist ja nicht so, dass wir bis jetzt keinen Umsatz mit dem Großhandel getätigt hätten. Wir wickeln 30 Prozent unseres Umsatzes über den Großhandel ab. Aber hier gibt es noch viel Po­tenzial. Auch Optimierungspotenzial.

bwd Wie meinen Sie das?

Rödenbeck Bisher haben wir uns mit dem Großhandel zu­sammengesetzt und Kollektionen und Karten gemacht. Wenn es gut lief, sind die Karten vom Großhandel verteilt worden und mit Glück in den Niederlassungen angekommen. Interessanterweise machen wir mit diesen Kollektionen immer noch gute Um­sätze, die zum Teil siebenstellig sind. Aber für mich lautet die Frage: Was ­können wir über die Listung ­hinaus tun? Wie können wir künftig sicherstellen, dass, wenn eine Karte produziert wird, diese auch in der Niederlassung ankommt? Wie können wir sicherstellen, dass wir mit den richtigen Ar­gumenten die Zielgruppe er­reichen?

bwd Diese Herausforderungen sind ­altbekannt und nicht selten hausgemacht.

Rödenbeck Da haben Sie Recht. Wenn der angestammte pro­jektorientierte Außendienst die ­Kollektionierungen im Großhandel mal eben so mitmachen soll, ist das problematisch Die vermeintlichen Mehrzweckwaffen im Außendienst tun sich dann in der Praxis häufig schwer.

bwd Dann kommt der übliche Groß­handelsvorwurf an die Industrie: Ihr tut ja nichts für uns.

Rödenbeck So ist es. In diesem ­Zusammenhang möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, dass wir uns 2010 von über der Hälfte unserer direkt kaufenden Kunden getrennt und direkt an den Großhandel überführt haben. Wir sind sicher nicht Großhandels Liebling, aber wir haben eine klare Strategie, die der Großhandel versteht. Wir wollen dem Großhandel nicht nur ein gutes Produkt über eine schöne Karte zur Verfügung stellen, sondern darüber hinaus ein Servicepaket entwickeln, das dem Kunden mehr Sicherheit gibt, mit der Fliese zu hantieren. Weil wir inzwischen auch nicht mehr so eng wie früher mit Einkaufsverbänden liiert sind, können wir uns unsere Großhandelspartner selektiv aussuchen. Wir können mit einem Großhändler fokusiert zusammenarbeiten, ohne 15 andere automatisch mitbedienen zu müssen.

bwd Auch in diesem Fall  benötigen Sie im Vertrieb ausgewiesene Großhandelsleute. Steht die Mannschaft?

Rödenbeck Das Rekruting läuft noch und wir freuen uns, unser Engagement mit einem erweiterten Team voranzutrei-ben.

bwd Wenn es eine wachsende Akzeptanz für die Teppichfliese in Deutschland gibt, worauf ist diese dann zurückzuführen?

Rödenbeck Hierfür gibt es zwei maßgebliche Gründe. Erstens: Der Hype um LVT hilft, weil er die Vorteile von Modularität in den Markt trägt. Zweitens: Die großen Teppichfliesenan­bieter designen inzwischen Fliesen, die für den deutschen Markt kom­patibler sind als früher. Lange Zeit galt ja: Die ­Fliese durfte auf keinen Fall als solche er­kennbar sein. Sie musste Bahnenware imitieren, vorzugsweise grau und nahtlos. Inzwischen gibt man sich hier­zulande innerhalb der deutschen Möglichkeiten experimentierfreudiger. Partiell darf es jetzt auch mal ein mutiges Grün sein.

bwd Die neue Kollektion World Woven outet sich in ihrer Optik und mit den Formaten 25 × 100 und 50 × 50 Zenti­meter aber ganz bewusst als modularer Belag.

Rödenbeck Das neue Planken­format hat die Sorge der Nahtsichtbarkeit beim Kunden auf­gelöst. In 50 Prozent unserer Qualitäten sind die Übergänge der einzelnen Fliesen weniger sichtbar als die Nähte bei der Bahnenware. Das Design spielt dezent kontrastreich mit dem Vorbild natürlicher Landschaften Englands oder Schottlands. Wir demonstrieren mit World Woven einmal mehr unsere Expertise in Biophilic-­Design (Begriffsde­finition siehe Kasten. Anm. d. Redaktion). Von der Natur in­spirieren ließen wir uns nicht ­zuletzt selbst bei der Gestaltung der Arbeitsplätze an unserem neuen Standort in Krefeld, den wir im Oktober beziehen werden. Was wir draußen predigen, realisieren wir auch intern.

bwd Davon können sich die Kunden dann vor Ort überzeugen.

Rödenbeck In der Tat. Aber nicht in einem klassischen Showroom. Aus Nachhaltigkeitssicht ist ein Showroom eher negativ zu bewerten. Er wird nur sporadisch genutzt, muss aber rund um die Uhr vorgehalten werden. Wer uns besuchen kommt, erlebt einen Living-Showroom also Büro und Showroom in einem. Und er wird dabei vielleicht auch eine Antwort auf die Frage finden, warum es sich rechnet, für vielleicht 2,50 Euro mehr pro Quadratmeter die Natur in das Büro zu integrieren.

bwd Herr Rödenbeck, vielen Dank für das Gespräch.

Mit Nils Rödenbeck sprach Stefan ­Heinze in der bwd -Redaktion in Bad ­Wörishofen.