Netto Einkaufsgruppe Besuch in der Schweiz - Der Weg führt aufs Matterhorn"> Netto Einkaufsgruppe Besuch in der Schweiz Der Weg führt aufs Matterhorn

Reisen bildet, sagt schon ein altes Sprichwort. Bundesinnungmeister Ing. Georg Mayrhofer fand bei einem Besuch bei der Schweizer Netto Einkaufsgruppe interessante Unterschiede zwischen den Märkten der beiden Alpenländer. bwd war dabei.Der Weg führt aufs Matterhorn Die persönliche Bekanntschaft ist es mal wieder, die Länder zusammenbringt: Aus der Bekanntschaft von Joerg Grieder, Geschäftsführer der Netto Einkaufsgruppe AG in der Schweiz, und Ing. Georg Mayrhofer, oberster Bodenlegerfunktionär, der mit seinem Unternehmen selbst Mitglied der „befreundeten Einkaufsgemeinschaft“ Besko in Österreich ist, wurde ein Besuch in Balsthal, dem Sitz der Firmengruppe, vereinbart. Eine gute Gelegenheit, bei Kollegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Strukturen, Märkten und insbesondere der Lehrlingsausbildung zu erforschen. Die Geschichte der netto Einkaufsgruppe reicht schon fast fünf Jahrzehnte zurück. Weil die Schweizer Großhändler in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts den Objektmarkt direkt inklusive Verlegung bedienten, wollte der Visionär Hans Wyler aus Zofingen den mittelständischen Handwerksunternehmen einen direkten Zugang zu den Produzenten und damit zu konkurrenzfähigen Fabrikpreisen ermöglichen. Zu diesem Zweck gründete er die Einkaufsgemeinschaft Netto. Philosophie des Verbands Heute umfasst die Netto Einkaufsgemeinschaft als führender Verband mit über 250 Mitgliedern (siehe Kasten S. 104) einen Großteil des Marktes und hat sich auch zu einer Marketingorganisation mit eigenen Kollektionen und der Dachmarke „die bodenfachleute“ weiterentwickelt. Neben der Marke „die bodenfachleute“ stehen bei Netto das einzelne Mitglied und dessen Nutzen im Mittelpunkt aller Überlegungen und Handlungen. Nicht nur der Einkauf, sondern auch die Absatzförderung der Produkte stehen stark im Fokus der schlagkräftigen Gemeinschaft. „Wir beziehen zu 80 Prozent direkt von der Industrie. 70 Prozent unserer Mitglieder sind Bodenleger, dadurch haben wir einen Bodenanteil von 80 Prozent“, erläutert Grieder. Eigene Kollektionen bei den verschiedenen Bodenbelägen gibt es teilweise auch in Zusammenarbeit mit Besko und Decor-Union in Deutschland, alle drei zusammengefasst unter dem Dach der ebc (European Buying Company). Ein besonderes Anliegen ist es für Grieder, dem Parkett aus Schweizer Eiche wieder einen höheren Stellenwert zu verschaffen. Dafür hat der Verband eine eigene Broschüre zu diesem Thema aufgelegt, sowie eine eigene Infoseite im Internet (www.schweizereiche.ch). Unterschiede in der Lagerhaltung Nicht nur die Märkte unterscheiden sich in den beiden Alpenländern, wie der Netto-Geschäftsführer weiter verdeutlicht: „Wir haben durch den hohen Schweizer Franken mit einer stagnierenden Innenausbaukonjuktur zu kämpfen, der Absatz der Bodenbeläge ist 2011 insgesamt um sechs Prozent auf 29 Millionen Quadratmeter zurückgegangen. Holzböden legen zu, Laminat baut ab. Designbeläge sind im Aufbau.“ Auch die Lagerhaltung ist verschieden. Während in Österreich die Ware direkt vom Produzenten oder teilweise auch vom Großhandel geliefert wird, geht man im Nachbarland einen anderen Weg. „Wir lagern Teppich- oder CV-Rollen bei einzelnen Mitgliedern selber ein, die dann den Lieferservice für die Kollegen zu günstigen Konditionen besorgen, so dass wir die Großhandelsspanne zum Teil einsparen können“, erläutert der Serviceprofi. Auf diese Weise wird zum Beispiel aus dem europäischen Osten Parkett als Eigenmarke importiert und ständig ein Warenlager im Wert von einer Million Schweizer Franken (ca. 800.000 Euro) vorrätig gehalten, um eine schnelle Lieferung zu besten Konditionen zu ermöglichen. Neben den Eigenmarken ist die Ausstellung im zentral gelegenen Balsthal ein wichtiges Instrument zur Unterstützung der Mitglieder. Auf einer Ausstellungsfläche von über 1.000 Quadratmetern können die Netto-Partner mit ihren Kunden, aber auch Architekten und Bauherren, sich über die neuesten Trends und die dazugehörigen Produkte informieren. Oder sie schicken ihre Kunden alleine in den Netto-Schauraum, wo dann die bestens geschulten Netto-Mitarbeiter sowohl den Laien als auch den Profi beraten und bedienen können. Netto vermietet einen Teil der Fläche an Lieferanten, die auf diese Weise noch gezielter den Verbraucher ansprechen können. Das funktioniert, ohne eigene Personalkosten aufwenden zu müssen, weil die Beratung eben vom Netto-Innendienst durchgeführt wird. „Wir haben sogar einen Samstagsservice, den wir uns im Wechseldienst teilen, weil am Wochenende die Leute einfach mehr Zeit haben“, erläutert Marketingleiter Markus Karli, der sich beim Schweizer Verband sehr intensiv um die Mitgliederbetreuung kümmert. Besonders beliebt ist außerdem die Hausmesse im Frühjahr, die eine wichtige Kontaktplattform für die Mitglieder und den Hauptlieferanten darstellt. Auch das Kundenmagazin „Lifestyle“, welches als Idee von der Besko übernommen wurde und für jedes Mitglied extra personalisiert werden kann, erfreut sich großer Beliebtheit. Gleicher Finanzierungsmodus Genau so wie Besko oder Decor-Union finanzieren sich alle Aktivitäten von Netto. Als Aktiengesellschaft schüttet die Gruppe die erzielten Gewinne wieder an ihre Anteilseigner aus - durch den Einbehalt der Skontodifferenz bzw. Bonifikationen durch die Lieferanten, insgesamt vier Prozent des Einkaufsvolumens von etwa 100 Millionen Schweizer Franken (rund 80 Millionen Euro). Mit dieser knappen Summe werden alle Aktivitäten sowie die 14Mitarbeiter, davon zwei Lehrlinge, finanziert. Durch die schlanke Organisation müssen alle an einen Strang ziehen, was auch in der Praxis von der Geschäftsführung abwärts wirklich gelebt wird. „Wir sind als Schweizer nicht nur aus der Armee das Arbeiten im Team gewohnt, sondern es liegt uns wahrscheinlich schon im Blut“, so Grieder. Der Geschäftsführer hat die entsprechende Geduld, um strukturiert Gelegenheiten herbeizuführen und dann zu nutzen. Der 52-Jährige kennt die Höhen und Tiefen, die es im Geschäft gibt, und als gelernter Bodenleger weiß er auch um die Strapazen des Berufs. „Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man sich nach Abschluss der Arbeit am Ergebnis der eigenhändigen Arbeit viele Jahre erfreuen kann“, findet Grieder. Kampagne zur Lehrlingswerbung Besonders interessant für die Gäste aus Österreich war die Netto-Lehrlingsoffensive (siehe auch bwd-Ausgabe 8, Seite 20). Um den Nachwuchsmangel im Bodenlegerhandwerk zu lindern, investiert die Einkaufsgruppe pro Jahr beachtliche 80.000 Schweizer Franken (ca. 66.000 Euro) (seit Beginn der Kampagne vor drei Jahren ca. 220.000 Schweizer Franken) in die Nachwuchsgewinnung. Mit Plakaten, Inseraten, Flyern und PR-Berichten werden die Jugendlichen und ihre Eltern auf die Karrieremöglichkeiten als Bodenhandwerker frühzeitig hingewiesen. Wichtig dabei ist, so Markus Karli, dies kontinuierlich zu betreiben, da die Situation durch rückläufige Geburtenraten immer schlechter wird. Gelungenes Rahmenprogramm Den Gästen aus Österreich wurde aber nicht nur der Schweizer Bodenmarkt nähergebracht, sondern auch die schöne Natur der Alpenrepublik. Bei einer Zugfahrt nach Zermatt wurde zwar noch gefachsimpelt, danach ging es aber ganz entspannt und gemütlich mit der Seilbahn auf das „Kleine Matterhorn“. Bei einer Gipfelhöhe von über 3.800 Metern wurde die Luft dort oben schon etwas dünn. Nach einem stimmungsvollen Hüttenbesuch mit dem Verzehr des nicht umsonst weltberühmten Schweizer Käsefondues waren sich die Österreicher mit den Schweizern einig: Hart arbeiten und hart feiern schließen einander nicht aus. Beim Abschied am nächsten Tag wurde gleich das Datum für das nächste Treffen fixiert. Thomas Mayrhofer