Der interessante Schadensfall: Geräucherte Eichenlandhausdiele zeigt erhebliche Aufwölbungen Das verschollene Protokoll

Heizprotokoll, Belegreife oder Estrichfeuchte – ein Verleger aus der Nähe von Dortmund schien von diesen Begriffen noch nie etwas gehört zu haben. Als er aufgefordert wurde, seine Dokumentation beizubringen, waren die Unterlagen verschwunden.Der Parkettboden, eine zweischichtige Landhausdiele mit richtungsgleicher Deck- und Trägerlage, stand ziemlich unter Druck: Die Elemente lagen press- und komplett fugenfrei aneinander und wölbten sich teilweise erheblich auf. Platz zum Arbeiten war nicht mehr vorhanden, der Boden lag fest an der Wand an. SchadensbildEine Darrprüfung im Labor des Sachverständigen ergab einen Holzfeuchte-Messwert von zwölf Prozent. Der Hersteller hatte seinerseits eine Lieferfeuchte von etwa acht Prozent dokumentiert. Das Schadensbild wies eindeutig darauf hin, dass eine Feuchteaufnahme von der Unterseite her erfolgt war. Das Parkett lag auf einer Fußbodenheizung, die in einen Zementestrich eingebettet war. Der Verleger versicherte, dass ein Heizprotokoll vorliegen würde. Außerdem behauptete er, dass der Boden vor der Verlegung ausreichend trocken gewesen sei. Ein kurz zuvor erstelltes Privatgutachten ging davon aus, „dass aufgrund einer nicht eingebrachten Dampfsperre nachstoßende Feuchtigkeit aus der Betonsohle ungehindert in das Parkettholz dringen konnte und für den festgestellten Schaden verantwortlich war“. Als zusätzliche Ursache hatte der Privatgutachter eine unter dem Wohnzimmer liegende Hofzufahrt in dem denkmalgeschützten Altbau ausfindig gemacht. Diese Situation würde auf ein Taupunktproblem hindeuten. Mit diesen Einschätzungen des anerkannten Sachverständigenkollegen im Hinterkopf, begab sich der jetzt gerichtlich eingeschaltete Sachverständige zum Ortstermin. Schadensanalyse Vor Ort erschien das Schadensbild noch intensiver als im Privatgutachten beschrieben: Aufwölbungen, konkave Schüsselungen und lose Bereiche waren auszumachen. Auf Nachfrage vor Ort konnte geklärt werden, dass keine Dampfsperre eingebaut worden war. Allerdings kam der Gutachter wegen der nahezu unmittelbar nach der Verlegung des Parketts festgestellten Aufwölbungen und insbesondere deren Intensität ins Grübeln. Auch das Ölen des Bodens schien wegen der Diffusionsoffenheit nicht dafür zu sprechen, dass nachdrückende Feuchtigkeit aus tieferen Regionen für den Schaden verantwortlich sein könnte. Die Tatsache, dass der Schaden punktgenau mit Beginn der Heizperiode aufgetreten war, führte den Sachverständigen dazu, sich von den Ausführungen des von ihm geschätzten Privatgutachters gedanklich zu lösen. Der Sachverständige fragte den Verleger, ob er den Estrich auf vorhandene Restfeuchte geprüft habe. „Ja, das habe ich“, versicherte dieser, „ein Heizprotokoll liegt vor.“ Der Sachverständige wollte weiter wissen, wo und wie der Verleger gemessen habe. „Nach der CM-Methode“, entgegnete der Handwerker bestimmt. „Können Sie mir sagen, wo die Messstellen vorgesehen waren?“, wollte der Sachverständige wissen. Der Verleger stutzte: „Messstellen?“ Er schien etwas verunsichert zu sein. Weiter fragte der Gutachter nicht, sondern er bat den Handwerker um das Heizprotokoll. „Ich sende es Ihnen zu“, versprach der Verleger, „es ist bei den Bauunterlagen, die ich zum Ortstermin nicht mitgebracht habe.“ Der Sachverständige dachte sich seinen Teil und er behielt Recht: Das Protokoll kam nie bei ihm an. Schlussendlich stellte sich heraus, dass das einzige, was protokolliert und geprüft worden war, die Funktion der Heizungsanlage betraf. SchadensbeseitigungAus dieser Dokumentation war ersichtlich, dass der Estrich über neun Tage zügig aufgeheizt worden war, danach hatte man die Temperatur wieder abgesenkt. In dem Formular stand zudem vorschriftsgemäß: „Durch das Funktionsheizen ist nicht sichergestellt, dass der Estrich den für die Belegreife erforderlichen Feuchtegehalt erreicht hat.“ Das über das Funktionsheizen zwingend notwendige und für den Oberbodenleger ausschlaggebende Belegreifheizen hatte offensichtlich nicht stattgefunden. Gemessen wurde sicherlich auch nicht. Die noch vorhandene Unterbodenfeuchte war in das trockene Holz geheizt worden und führte dort zu irreparablen Schäden. Die Bemerkung des Sachverständigen, dass der Ausführungs- beziehungsweise Dokumentationspflicht in diesem Falle nur sehr ungenügend gefolgt worden war, entlarvte den Verleger sowie den bauleitenden Architekten. Schließlich musste der Bodenbelag komplett entfernt und rundum erneuert werden. Das erwies sich im Übrigen als nicht ganz so einfach, da dieser elastisch verklebt worden war. Der ungewöhnliche Aufbau des zweischichtigen Parketts mit seinen richtungsgleichen Schichten hatte letztendlich jedoch keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis.