Corona-Krise: Beim Boden scheint die Welt (fast) in Ordnung

Das Corona-Virus hat Deutschland fest im Griff: Quarantäne, Kontaktbeschränkungen und Betriebsschließungen sind an der Tagesordnung. Wie gehen die Bodenleger mit dieser Situation um? Wie stark ist die Branche betroffen? Welche Hilfen gibt es? Sind die Hersteller lieferfähig? Wie geht es mit der Ausbildung weiter? Diesen und vielen weiteren Fragen geht unser Top-Thema auf den Grund.

Corona Top-Thema
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Zwischen all den mehr oder minder dramatischen Meldungen, die auch über unseren Corona-Branchen-Radar laufen (hier geht's zum österreichischen Corona-Info-Ticker), die gute Nachricht vorweg: Vielen Bodenlegern geht es den Umständen entsprechend gut. Zwar leidet laut ifo-Institut   die deutsche Wirtschaft erheblich unter den Folgen der Corona-Pandemie. Das ergab eine aktuelle Umfrage des ifo Instituts unter knapp 3.400 Firmen in Industrie, Handel und bei Dienstleistern. Am schlimmsten ist die Lage bei den Reiseveranstaltern und Reisebüros, wo fast 96 Prozent negativ betroffen sind. Auch das Gastgewerbe mit 79 Prozent ist stark in die Krise involviert. Von einer positiven Auswirkung berichten nur 2,2 Prozent.

Stornos und fehlendes Personal

Auch das Handwerk wird von der Krise heftig getroffen: Laut einer im Handelsblatt veröffentlichten ZDH-Umfrage unter 4.900 Unternehmen, die vom 23. bis zum 25. März 2020 durchgeführt wurde, beklagen 55 Prozent stornierte Aufträge und 36 Prozent fehlendes Personal, weil Mitarbeiter aufgrund von Quarantänemaßnahmen oder der durch geschlossene Schulen nötigen Kinderbetreuung in der Arbeit fehlen. Insgesamt 77 Prozent der befragten Betriebe, also mehr als drei von vier Handwerksbetriebe in Deutschland, verzeichnen Umsatzrückgänge.  

"Die Coronakrise hat das Handwerk mit voller Wucht und in der ganzen Breite getroffen", kommentierte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer die Ergebnisse. Als Gegenmaßnahmen möchten nun 58 Prozent der Befragten Unternehmen auf Kurzarbeit setzen, 43 Prozent wollen zumindest einen Teil der Belegschaft in Urlaub schicken, 42 Prozent möchten mit dem Abbau von Arbeitszeitkonten reagieren und 18 Prozent erwägen sogar, den Betrieb vorübergehend zu schließen. Die Entlassung von Mitarbeitern ist für elf Prozent eine Option.

Auf dem Boden wird noch gewerkelt

Derweil berichten viele Bodenleger, darunter auch Ronny Schulz, dass bei ihnen der Betrieb fast ohne Einschränkung weiterlaufe. Schulz ist im Großraum Nürnberg als „Der Bodenkavalier“ unterwegs, einen Showroom hat er nicht, und seine Aufträge arbeitet er ganz normal ab. „Ich informiere mich vorher, ob ich tatsächlich alleine auf der Baustelle bin“, berichtet der 37-jährige Bodenleger, „und bei Kundenbesuchen achte ich auf den Sicherheitsabstand.“ Trotz geringer Lagerkapazität bestellt er seine Ware rechtzeitig, Lieferschwierigkeiten oder -engpässe musste er bislang nicht hinnehmen .

Dass auf vielen Baustellen „munter gewerkelt“ wird, berichtet auch Volkmar Halbe. Der Vorsitzende des Vorstands vom Fachverband der elastischen Bodenhersteller (FEB) beruft wöchentlich eine Telefonkonferenz ein, um mit den neun Voll- und 27 Fördermitgliedern die aktuelle Corona-Lage zu erörtern. „Mit dem März sind fast alle zufrieden, der bittere Kelch ist bislang an uns vorübergegangen“, so sein Fazit. Diejenigen Mitglieder, die in Asien produzieren, sind bislang weitgehend lieferfähig gewesen – mit einigen Lücken zwar, aber die Produktions- und Lieferkette laufe bereits wieder an, berichtet Halbe.

Belaghersteller schätzen Lage unterschiedlich ein

Ob es so unproblematisch weitergeht, ist unklar: „Uns fehlen belastbare Zahlen, sodass wir nicht vorhersagen können, was uns der April bringt“, sagt Halbe. Der Verband und seine Mitglieder fürchten allerdings „ eine lange Bremsspur durch eine geringere Nachfrage in Europa“. Mit Pessimismus habe das aber nichts zu tun: „Wir siedeln die Erwartungen niedrig an, damit wir entweder gut vorbereitet sind oder sogar positiv überrascht werden“, so der Vorstandsvorsitzende.

Ähnlich läuft es bei den Parkettherstellern , berichtet Michael Schmid, Vorsitzender des Verbands der deutschen Parkettindustrie (VdP) . Einige der parkettproduzierenden VdP-Mitglieder haben ihre Teams entweder räumlich getrennt oder die Produktion auf unterschiedliche Schichten verteilt, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Bei den meisten laufe die Produktion regulär, über fehlende Mitarbeiter oder fehlende Rohstoffe klage kaum einer. In seiner Fertigung in Kippenheim profitiert JaSo-Chef Schmid ebenso von den gesetzlichen Auflagen wie etliche seiner Kollegen: „Die großen Brandabschnitte sorgen für räumliche Distanz, die gute Entlüftung in der Fertigung sorgt für gute Luftqualität.“

„Der Bau läuft weiter fast mit Vollgas“, berichtet er. Der Vertrieb in Richtung Handwerk laufe deshalb weiter, beim Handel herrsche ein uneinheitliches Bild: Je nach Bundesland muss der Handel Ausstellungen und Showrooms schließen: Bayern ist sehr strikt, in Baden-Württemberg dürfen sie zum Beispiel geöffnet bleiben – „sofern gewährleistet ist, dass die Sicherheitsauflagen erfüllt werden“, merkt Schmid an. Auch der VdP fürchtet, dass die Parketthersteller die eigentlichen Folgen der Corona-Krise wesentlich später zu spüren bekommen. „Ich hoffe aber, dass die Handwerker ihre Aufträge bekommen“, sagt Schmid.

So können Bodenleger liquide bleiben

Sollten neue Aufträge ausbleiben oder bestehende storniert werden, kommt es darauf an, liquide zu bleiben. Das rät Marion Kenklies, Juristin mit Herz fürs Handwerk, im bwd-Interview (hier geht’s direkt zum Video) und formuliert fünf Punkte, die es zu beachten gilt:

  1. Ausgaben minimieren
    Die laufenden Kosten so gut es geht auf ein Minimum reduzieren und sich eine eiserne Reserve anlegen.
  2. Viele Beiträge, die Handwerker abführen, wie in etwa den IHK-Beitrag, Beiträge rund um die Sozialversicherung, Beiträge an die Berufsgenossenschaften oder die SoKaBau können ebenfalls gestundet werden.
  3. Viele Beiträge, die Handwerker abführen, wie in etwa den IHK-Beitrag, Beiträge rund um die Sozialversicherung, Beiträge an die Berufsgenossenschaften oder die SoKaBau können ebenfalls gestundet werden.  
  4. Die Regelung zur Kurzarbeit wurde dahingehend geändert, dass der Staat alle Sozialabgaben übernimmt. Ferner müssen nun nicht mehr 30% der Betroffenen in Kurzarbeit geschickt werden, sondern Kurzarbeit kann in Betrieben Abteilungsweise eingeführt werden.
  5. Wenn die Liquidität gesichert ist, Ruhe bewahren!
Dass sich Bodenleger auch mit ganz anderen Dingen beschäftigen können, zeigt Thorsten Kiss: Der Selbstständige produziert in Karlsruhe-Stupferich Corona-Schutzmasken mit dem 3D-Drucker. Damit ist er mehr denn je „Einer von uns

Welche Fördermöglichkeiten es für Handwerksbetriebe gibt, haben unsere Kollegen von der Deutschen Handwerks Zeitung (DHZ) zusammengetragen.

Wie man mit Corona-bedingten Verzögerungen wie Lieferengpass oder Baustopp auf dem Bau umgeht, haben wir die Juristin Anna Kiermeier gefragt. https://www.boden-wand-decke.de/von-lieferengpass-bis-baustopp-rechtslage-und-sinnvolle-vorgehensweisen/150/5135/400664