Kreutzer Fischer & Partner Marktanalyse Bodenbeläge Comeback der textilen Beläge

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Österreichsteils in ’boden wand decke ‘ haben wir Vertreter aus verschiedensten Bereichen der Branche um einen fachlichen Rückblick gebeten. Marktanalyst Andreas Kreutzer von Kreutzer Fischer & Partner hat sich intensiv mit der Entwicklung des österreichischen Markts für Bodenbeläge auseinandergesetzt.Andreas Kreutzer ist geschäftsführender Gesellschafter der Kreutzer Fischer & Partner Consulting GmbH in Wien.Comeback der textilen Beläge In den letzten 20 Jahren hat sich der Markt für Bodenbeläge stark bewegt. Linoleum ist praktisch verschwunden, Laminat wurde in den 90er Jahren zum Star. Die nächsten 20 Jahre gehören wohl wieder hochwertigen textilen Belägen und selbstverständlich Parkett. Dem beliebtesten Bodenmaterial der Österreicher. 2006 werden in Österreich voraussichtlich rund 24,5 Mio. m2 Bodenbeläge für den Wohn- und Objektbereich abgesetzt. Ein Plus von 0,7 % gegenüber 2005. In Anbetracht sinkender Wohnbau-Bewilligungen und einem müden Sanierungsmarkt ein durchaus akzeptables Ergebnis. Der Umsatz wächst hingegen um satte 5,2 % gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 246 Mio. Euro. Auch unter Berücksichtigung höherer Rohstoffpreise und steigender Arbeitskosten ein wirklich erfreuliches Ergebnis. Denn die Branche ist bescheiden geworden. Kreutzer Fischer & Partner misst im Branchenradar die Markt- und Wettbewerbsentwicklung bei Bodenbelägen in Österreich seit 1988. Damals wurde ein Marktvolumen von umgerechnet 209 Mio. Euro erzielt. Real, also inflationsbereinigt, entspricht dies heute einem Wert von rd. 300 Mio. Euro. Den Zenit erreichte der Markt im Jahr 1995. Damals wurden umgerechnet 330 Mio. Euro umgesetzt, nach heutigem Wert 383 Mio. Euro. Danach ging es nur mehr bergab. Zwischen 1995 und 2004 sanken sowohl Nachfrage als auch Preise quer über alle Warengruppen. Während die rückläufige Nachfrage im Wesentlichen aus einem schrumpfenden Wohnungsneubau-Volumen und seit 2002 auch einem tristen Konsumklima resultierte, ist der Preisverfall selbstverschuldet. Die Treiber dafür waren einerseits Überkapazitäten in den großen Produktionen in Europa, aber auch mangelnde Profilierung und Differenzierung der einzelnen Marken. Bis auf Inku, Böhm und Sonnhaus waren 1988 den Österreichern praktisch keine Bodenbelagsmarken bekannt. Und wenn man es genau nimmt, waren bzw. sind die drei genannten auch keine Hersteller-, sondern Großhandelsmarken. Andererseits reagierte die Branche strategisch stümperhaft auf die Einführung von Laminat durch zum Teil bisher Branchenfremde. Das Resultat ist bekannt: Durch die Einführung von Laminat und die damit verbundene Kannibalisierung des Möbelhandels als wichtigstem Vertriebsweg für Bodenbeläge durch die Baumärkte, drehten die Sortimentsanteile gewaltig. Elastische Böden hielten 1988 einen wertmäßigen Marktanteil von 18 %. 2006 sind es gerade mal 10 %. 1988 trugen textile Beläge mit 28 % zum Umsatzvolumen bei, heute sind es 18 %. Lediglich beim Umsatzanteil von Parkett hat sich wenig bewegt. Damals wie heute liegt er um die 50 %. Laminat schaffte es, in weniger als 20 Jahren zum mengenmäßig wichtigsten Bodenbelag aufzusteigen. Laminat ist heute für 23 % des Marktumsatzes verantwortlich. Heute, aber auch in 20 Jahren? Der Markt für Bodenbeläge steht niemals still, ist einem ständigen Wandel unterworfen. Und es gibt ernstzunehmende Hinweise, dass der Markt dabei ist, sich abermals zu drehen. Das reale Wachstum der letzten beiden Jahre wird im Wesentlichen von hochpreisigen Segmenten in zwei Warengruppen getragen: textilen Bodenbelägen und Parkett. Schon die vergangenen drei Jahre beobachten wir eine wachsende Nachfrage nach höherwertigen Belägen. Im Gegensatz zu den Jahren davor konzentrieren sich die Konsumenten dabei aber nicht nur auf Parkett, sondern wählen immer öfter auch mal einen textilen Bodenbelag. Grund dafür ist der jüngst geortete Imagewandel bei textilen Bodenbelägen. Überwogen beim Teppichboden im Wohnbereich noch bis zur Jahrtausendwende die negativen Assoziationen wie Staubmilben, schwierige Reinigung etc., hat sich das Bild nun grundlegend gewandelt. In der aktuellen Untersuchung aus dem Jahr 2005 haben die positiven Aspekte wie schallregulierend, behaglich, gut fürs Raumklima stark aufgeholt. Laminat kämpft hingegen heute mehr denn je mit Imageproblemen. Die Haltbarkeit der oftmals billigst verkauften Produkte ist deutlich schlechter, als es die Konsumenten (fälschlicherweise) erwarteten; der Unmut darüber oftmals groß. Möglicherweise war es – auf lange Sicht betrachtet – doch nicht ganz so clever, Laminat als DIY-Produkt zu positionieren und über beratungsarme Baustoffmärkte zu vertreiben. Und dass im sozialen Wohnungsbau heute Laminat verlegt wird, wo früher Parkett eingesetzt wurde, trägt auch nicht wirklich zur Imageverbesserung bei. Wie auch immer, dies alles hat auch seine negativen Auswirkungen auf Qualitätslaminat. Denn die offensichtlichen Differenzierungsmerkmale sind zu gering. Wenn wirkliche Qualität gewünscht wird, ist man rasch beim Parkett. Elastische Böden wiederum leiden unter der Substitution von Fliesen und Steinzeug, obwohl die Arbeitskosten der Verlegung bei Keramik und Stein deutlich höher sind als bei Bodenbelägen. Doch Industrie und Handwerk tun sich schwer, diesen Umstand zu kommunizieren; Baustoffmärkte haben kein Interesse. Es ist für sie einerlei, ob sie 15 m2 Bodenbelag oder 15 m2 Fliesen verkaufen. Für die kommenden Jahre erwarten wir wieder eine steigende Nachfrage. Treiber dafür ist primär die Sanierung, weniger der Neubau. Die Anzahl der Bewilligungen für den Wohnungsneubau wird auf absehbare Zeit bei weitem nicht mehr das Niveau von Mitte der 90er Jahre erreichen. Prinzipiell ist aber das Wachstum in der Sanierung für den Bodenbelagmarkt sowieso deutlich wichtiger als jenes im Neubau. Bereits rund 60 % des Marktes entfallen auf den Austausch alter Böden. Insofern ist ein hoher Anteil an Parkettböden wachstumshemmend, während steigende Anteile von textilen Böden den Markt auch langfristig beleben. Und in diesem Sinne kann man im Nachhinein auch den schlechten Laminatqualitäten zu Diskontpreisen etwas Positives abgewinnen. Die Kunden kommen früher als erwartet wieder auf den Markt und zumindest einige von ihnen werden geheilt sein vom Diskont-DIY. ◇