Calciumsulfat-Fließestriche: Risssanierung ohne Verdübeln?

Sind Flex und Dübel bei der Sanierung von Rissen in Calciumsulfat-Fließestrichen tatsächlich notwendig? Der VDPM sagt nein. Eine Untersuchung beim Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) sollte dies bestätigen.

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    Topthema Risssanierung
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    Um Risse in Calciumsulfat-Estrichen zu sanieren, braucht es nicht zwingend eine Querverdübelung.
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    Risssanierung VarianteA
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    Bei Variante A wird das Reaktionsharz aufgetragen und mit Quarzsand abgestreut.
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    Risssanierung VarianteB
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    Bei Variante B wird der Riss aufgeweitet und quer zum Riss eingeschnitten, Riss und Einschnitt werden verharzt und schließlich der verharzte Riss und die Einschnitte abgestreut.
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    Risssanierung VarianteC
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    Bei Variante C erfolgt kein Aufweiten, aber ein Einschneiden für Wellenverbinder. Die Wellenverbinder werden eingelegt und schließlich die verharzten Wellenverbinder ­ab­gestreut.
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    Risssanierung Bruchproben
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    Die Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten A und B zeigten den Bruch immer neben dem sanierten Riss.

Wenn ein Riss im Estrich entstanden ist, kann die Ursache vielfältig sein. In jedem Fall muss das Problem beseitigt und der Riss verharzt werden. Denn ein fachgerecht verharzter Riss stellt keinen Mangel mehr dar. Selbstverständlich darf auch die Ursache nicht mehr vorliegen, sonst kann erneut ein Riss entstehen. Auf vielen Baustellen wird vor dem Verharzen noch häufig der Riss mit einer Flex V-förmig aufgeweitet und der Estrich zur Verlegung von Dübeln quer zum Riss eingeschnitten. Das macht viel Arbeit und erzeugt jede Menge Staub. Und bei Heiz­estrichen besteht die Gefahr, dass ein Heizrohr beschädigt wird.

Tatsächlich ist dieser Aufwand nicht notwendig, da hierdurch weder die Festigkeit im Rissbereich erhöht noch eine größere Sicherheit gegen ein Wiederöffnen des Risses erreicht wird. Die erforderliche kraftschlüssige Verbindung kommt zustande, indem sich das Harz fest mit der rechten Rissflanke des Estrichs verbindet, der Riss mit Harz gefüllt wird und das Harz sich auch mit der linken Rissflanke verbindet. Mit Erhärtung des Harzes ist der Riss saniert. Der Estrich ist nun an der verharzten Stelle sogar fester als neben dem Riss. Dabei ist es wichtig, dass das richtige Harz verwendet und der Riss wirklich gut mit Harz gefüllt wird.

Werden nun zusätzlich quer zum Riss Dübel gesetzt, die im Harz eingebettet sind, erhöht sich die Festigkeit der Verbindung nicht weiter. Es ist wie bei einer Kette: Sie reißt am schwächsten Glied. Wenn das Harz das schwächste Glied ist, also kein Qualitätsmaterial darstellt, hält weder das Harz im Riss noch der im Harz eingebettete Dübel.

Drei Vorgehensweisen wurden untersucht

Hat der Estrich keine ausreichende Festigkeit, macht eine Sanierung ohnehin keinen Sinn. Und wenn der Dübel keine Festigkeit besitzt, kann man ihn gleich weglassen. Daraus folgt, als Estrichleger greift man am besten direkt zu einem geeigneten Qualitätsharz, das den Riss vollständig ausfüllt. Dann sind Flex und Dübel überflüssig und es lässt sich staubfrei arbeiten. Um diese Betrachtung technisch zu belegen, hat der ­VDPM eine Untersuchung beim Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung ( IBF) in Auftrag gegeben. Ziel war zu überprüfen, ob ein Verharzen von Rissen auch ohne Setzen von Estrichdübeln funktioniert. Die hier vorgestellte Untersuchung beschränkte sich auf schmale Risse (≤ ca. 0,2 mm) in Calciumsulfatestrichen.

Im Rahmen der Untersuchungen wurden drei Risssanierungsarten auf ihre Eignung hin überprüft:

  • Risssanierungsart A:
    Aussaugen, niedrigviskos verharzen
  • Risssanierungsart B: 
    Aufweiten, Querdübel einschneiden, aussaugen, niedrigviskos verharzen
  • Risssanierungsart C:
    Querdübel einschneiden, aussaugen, niedrigviskos verharzen (nur im Bereich der Querdübel)

Zur Durchführung der Untersuch­ungen wurden Probeflächen angelegt, in denen Risse erzeugt wurden. Bei den Probeflächen des zu sanierenden ­ Estrichs handelte es sich um ­einen  Calciumsulfat-Fließ­estrich CAF‑C25‑F5‑S45. Zum Zeitpunkt der Sanierung war der Calcium­sulfat-Fließestrich belegreif (≤ 0,5 CM-%). Für die Sanierung der Risse wurde ein niedrigviskoses 2K- Reaktionsharz verwendet. Laut Herstellerangaben weist es eine Viskosität von h ~ 1.000 mPas (bei 25 °C) auf. Dies ist ein Maß für die Fließfähigkeit des Materials (zum Vergleich: Olivenöl h ~ 100 mPas/Honig h ~ 10.000 mPas). Das 2K- Reaktionsharz wurde gemäß den Herstellervorschriften verarbeitet. Die beiden Komponenten wurden gemischt, aufgerührt, umgetopft und erneut aufgerührt.

Risssanierungsart A

Bei der Risssanierungsart A wurde zunächst der unmittelbare Rissbereich mit einem Industriestaubsauger abgesaugt. Um den Riss mit Reaktionsharz zu füllen, wurde es auf den Riss ausgegossen , bis sich eine kleine Wulst aus Reaktionsharz gebildet hatte. Das Reaktionsharz kann auf diese Art und Weise in den Riss eindringen. Sobald erste Vertiefungen im Rissbereich erkennbar waren, wurde zunächst das restliche auf der Oberfläche verbliebene Reaktionsharz in Richtung des Risses geschoben und erneut Reaktionsharz aufgetragen. Dieser Vorgang wurde so lange wiederholt, bis kein Reaktionsharz mehr in den Riss eindringen konnte. Anschließend wurde der an der Estrichoberfläche verbliebene Überschuss an Reaktionsharz mit einem Spachtel abgezogen und mit feuergetrocknetem Quarzsand abgestreut .

Risssanierungsart B

Bei der Risssanierungsart B wurde der Riss, wie dies häufig in der Praxis vorzufinden ist, mit einer Steinsäge etwa 1,5 cm tief aufgeweitet und zusätzlich alle 20 cm quer zum Riss eingeschnitten. Der Einschnitt für das Einlegen der Querverdübelung wurde praxisnah nur etwa 5 mm tief eingeschnitten, sodass die für die Querverdübelung verwendeten Wellenverbinder etwa deckungsgleich zur Estrichoberkante lagen. Vor dem Verharzen mit Reaktionsharz wurden die Risse durch Absaugen mit einem Industriestaubsauger gesäubert. Die Sanierung der Risse erfolgte analog zur Risssanierungsart A. Die Wellenverbinder wurden nach dem ersten Füllvorgang in das Reaktionsharz eingelegt .

Risssanierungsart C

Bei der Risssanierungsart C wurden die Risse nicht aufgeweitet. Es wurden nur Einschnitte , wie bei Risssanierungsart B beschrieben, zum Einlegen einer Querverdübelung ( Wellenverbinder) angelegt. Die Risssanierung erfolgte analog zur Risssanierungsart B, wobei nur die Wellenverbinder der Querverdübelung mit Reaktionsharz fixiert wurden (nicht der Riss selbst). Mit dieser Variante sollte eine fehlerhafte Risssanierung simuliert werden , bei der der Riss selbst nicht oder nur unzureichend mit Reaktionsharz verfüllt wird.

Überprüfung der Sanierungen

Aus den einzelnen Probeflächen wurden Streifen mit einer Breite von 200 mm mit einer Steinsäge trocken herausgesägt. An den Querschnitten der Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten A und B erkennt man, dass die Risse über den Querschnitt mit Reaktionsharz vollständig gefüllt sind. An den Proben aus dem Bereich der Risssanierungsart C ist dies nicht möglich, da der Riss nur im Bereich der Querverdübelung verfüllt wurde. Auch hier war das Reaktionsharz aber stellenweise bis zur Unterseite des Estrichs eingedrungen.

Die Biegezugfestigkeit der sanierten Calciumsulfat-Fließestriche wurde über eine Vier‑Punkt-Biegezugprüfun g ermittelt. Die sanierten Risse lagen dabei in der Mitte der Prüfstreifen. Die Wellenverbinder waren, sofern vorhanden, mittig im Prüfstreifen angeordnet. Entscheidend neben den erzielten Biegezugfestigkeiten sind die Bruchbilder. Bei den Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten A und B erfolgte der Bruch immer neben dem sanierten Riss, von den Prüfern als „außermittig“ bezeichnet.

Zum Vergleich wurde auch die Biegezugfestigkeit des Calciumsulfat-Fließ­estrichs ohne Riss überprüft . Folgende Mittelwerte wurden gemessen: Vergleicht man die Werte der Biegezugfestigkeit der Risssanierungsarten A, B und C mit der Vergleichs­probe ohne Riss, so ergibt sich ein eindeutiges Bild: Die Risssanierungsart C weicht am stärksten von der Vergleichsprobe ab; mit ihr wurde keine gleichwertige Biegezugfestigkeit erreicht. Die Risssanierungsart C stellte sich erwartungsgemäß als untauglich heraus.

Die Risssanierungsarten A und B erreichten in etwa die gleiche Biegezugfestigkeit wie die Vergleichsprobe ohne Riss. Der Bruch der Probekörper erfolgte dabei nicht unmittelbar im Rissbereich, sondern "außermittig" neben den sanierten Rissen im Estrich. Bei den Risssanierungsarten A und B wurde der geforderte Kraftschluss durch das Harz erreicht. Entscheidend für eine erfolgreiche und fachgerechte Risssanierung ist, dass das Reaktionsharz ausreichend niedrigviskos ist und der Riss möglichst vollständig von Oberkante bis Unterkante Estrich verfüllt wird. Bei der Risssanierungsart B hat die Querverdübelung für das kraftschlüssige Verschließen von Rissen keinen Einfluss und kann daher entfallen .

Fazit

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass punktuelles Sanieren von Rissen (Riss­sanierungsart C) nicht zum Erfolg führt. Wichtig ist vor allem, dass das Reaktionsharz den Riss möglichst vollständig von Oberkante bis Unterkante Estrich verfüllt. Gelingt dies, ist eine zusätzliche Querverdübelung auch bei schmalen Rissen (Rissbreite ≤ ca. 0,2 mm) nicht notwendig . Mit geeigneten, ausreichend niedrigviskosen Reaktionsharzen ist eine fachgerechte Risssanierung auch ohne zusätzliches Aufweiten des Risses möglich.

Ein mechanisches Aufweiten des Risses kann das Auftragen des Harzes aber erleichtern. In diesem Fall sollte auf ein Einschneiden (Flexen) verzichtet werden , da dabei der Riss erfahrungsgemäß in tiefer liegenden Bereichen des Estrichquerschnitts durch Staub verschlossen werden kann. Das Reaktionsharz kann den Riss dann nicht mehr vollständig verfüllen. Der Erfolg einer Risssanierung kann durch Anlegen von Öffnungsstellen überprüft werden.