Domotex 2016: Parkett, Laminat & Co. Bodenkategorien verschwinden

Rein optisch wird es immer schwieriger, Parkett von anderen Segmenten wie Designbelägen bezüglich der Oberflächen zu unterscheiden. Doch Holz punktet nach wie vor mit seiner Ausstrahlung und Natürlichkeit.

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    Domotex 2016
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    45.000 Besucher kamen dieses Jahr nach Hannover zur Domotex.
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    Ulrich Scheffold, ListoneGiordano.
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    Christian Löher, Bona.
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    Ansgar Igelbrink, Bauwerk.
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    Anton Biehrer, Biehrer.
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    Bas Minkes, Solidfloor.
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    Thomas Cordes, Amorim.
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    Thomas Biebusch, KWG.
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    Alexander Drüsedau, Drüsedau.
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    Jochen Schmid, Trumpf.
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    Guido Schulte, Meisterwerke.

Man war sich im Vorhinein nicht ganz sicher, wie die Domotex in diesem Jahr in den Hartbodenhallen verlaufen würde. Zwar war aufgrund des dortigen Zweijahresrhythmus kein Wettbewerb der Münchener Bau zu befürchten, aber Branchenzugpferde wie Hamberger, Parador oder Tarkett fehlten. Auch wenn die Begründungen zum Teil nachvollziehbar waren, ging man nicht nur seitens der Ausrichter mit einer gewissen Unsicherheit an den Start.

Damit war es aber spätestens am Samstagmorgen vorbei, als die Tore öffneten und sich die hinteren Hallen ungewöhnlich schnell füllten. Sehr gute Stimmung, ebenso gut gestaltete Stände und Produkte sowie eine geschäftige Frequenz der Besucher sorgten dafür, dass sich von Beginn an eine dem Geschehen angemessene Zufriedenheit aller Beteiligten einstellte. Während die anwendungstechnisch bestückte Halle 7 wie immer ob der vielen praktischen Vorführungen und handwerksorientierten Informationen „brummte“, überzeugte das nahezu durchgehend hohe Niveau der Hartbeläge mit vielen pfiffigen Design- und Standlösungen. Die Standplatzierung der wie ­immer großformatig auftretenden Meisterwerke im hinteren Bereich der Halle 9, sorgte dafür, dass der in den letzten Jahren erlebte Frequenzabfall nicht stattfand und auf diese Weise auch die Präsentationsfläche des Wood Flooring Summit mit den aktuell nominierten Innovationen besser zur Geltung kam. Günstig wirkte sich die Fokussierung der Holz- und Laminatbelagspezialisten aus, während die nach wie vor boomenden LVTs und ihre Ableger in Halle 6 konzentriert wurden. Dabei war das Fernbleiben einiger großer Alleskönner für die Produktklarheit zweifellos förderlich.

Parkett

Damit fiel die Orientierung leichter, denn eine Unterscheidung der verschiedenen Belagtypen gelingt aufgrund der ähnlichen Oberflächenbilder mittlerweile selbst „alten Hasen“ der Szene nicht immer und schon gar nicht mühelos. Das ist aus Sicht der Industrie auch nicht erforderlich. „Es zählen allein Haptik und Optik. Bodenkategorien werden verschwinden“, brachte Ludger Schindler, Geschäftsführer bei Meisterwerke in einer Podiumsdiskussion über die künftigen Trends die Situation auf den Punkt. Diese Entwicklung zu verhindern, ist eine der Herausforderungen für die Holzfußbodenbelag-Branche, die weiterhin in Natürlichkeit, echter Authentizität und Emotion ihre Stärken sehen.

Das gelingt vor allem denjenigen in Perfektion, die sich keinem Trend unterordnen. Auf die Standardmessefrage: „Was gibt es Neues?“ antwortete Bimbo-Geschäftsführer Anton Biehrer: „Nichts. Jedes Jahr bietet uns der Wald neues Holz, daraus wird genau das produziert, was der Kunde wünscht und das sieht immer anders aus als das aus der vergangenen Saison.“ Das Motto lautet: „Design follows nature.“ Wohl dem, der auf einer Messe so argumentieren kann, wie derjenige, dessen einzigartige Produktlinien künftig unter dem Namen Biehrer vermarktet werden.

Andererseits: Die Produzenten von Holzfußboden sind immer noch diejenigen, die die optischen und haptischen Trends im Bodenbelagbereich setzen. Nahezu alle Wettbewerber orientieren sich an der individuellen Ausstrahlung des Werkstoffes Holz und schaffen dabei Böden, die nicht nur näher denn je am Original sind, sondern auch mit ihren unverkennbaren Vorzügen punkten. Ein Dekor lässt sich endlos produzieren, ein echter Fußboden aus Holz nicht. Dem beherrschenden Trend der großformatigen Eichendielen sind natürliche Grenzen gesetzt.

Das gilt nicht nur für die mittlerweile ausgereizten Dimensionen, die ihre Beschränkung in den Vorgaben des Rohstoffes gefunden haben, sondern insbesondere für die Materialbeschaffung. Lieferengpässe sind gang und gäbe – mit dem unbestreitbaren Vorzug, dass expandierende Marktteilnehmer wie Amazon, die auf Lieferung noch am selben Tag setzen, bei diesen Produktlinien zwangsläufig die Segel streichen müssen. Die Beschaffungsmöglichkeiten der Eiche werden immer mehr zum Marktmaßstab und der Lieferant, der auf einen eigenen Rohware-Einschnitt zurückgreifen kann, wird künftig zum Gewinner. Gerade um die nur begrenzt anfallenden einheitlichen Sortierungen der Großformate ist ein Wettkampf entbrannt, den längst nicht nur die Fußbodenhersteller bestreiten.

Ein Blick in die Möbelbranche genügt, um das zu bestätigen. Wie reagieren die Parkett hersteller? Musterböden stehen mehr denn je im Fokus. Nicht so sehr die Klassiker wie das berühmte „Versailler Muster“, sondern zunehmend auch eigene Interpretationen mit kreativen Einzelstabformaten. Ungarisches (französisches) Fischgrät, seit Jahren immer wieder angedeutet und gleichzeitig trendvorgebend in Fernost präsentiert, wurde in der Folge von dem bekannten In­dustriedesigner Hadi Teherani marktgängig umgesetzt. Jetzt erfolgte der Durchbruch, der dem parkettlegenden Handwerk nützlich sein dürfte. Passend dazu zeigten die Anbieter beispielsweise winklig profilierte Fertigparkettdielen (geräucherte Eiche, Kährs), zweischichtige und sortimentsübergreifende Stäbe (Jaso) oder Einzelelemente mit Klickverbindung (Scheucher) – ideal für diejenigen, denen handwerkliches Können nur begrenzt zur Verfügung steht. Längst ist nicht mehr „Do it yourself“ (DIY) das Maß aller Dinge, sondern „Let it do“, das in Zeiten der werkstattlosen Alleskönner zu Gunsten des Kunden mit ehemals nur dem Spezialisten vorenthaltenden Produktgattungen gelingen könnte.

Die Landhausdielen werden zunehmend variantenreicher. Seien es unterschiedliche Breitenabmessungen oder gar superelegante Schmaldielen – perfekt umgesetzt von Trendsetter Listone Giordano – oder die aus den Landhausdielen gewonnenen Kurzlängenmuster von Bauwerk, die zu unterschiedlichsten Mustern angeordnet, der Materialausbeute des Herstellers genauso entgegenkommen wie den Liebhabern großzügiger Räume, in denen sie allein ihre Wirkung entfalten können.

Listone Giordano stellt übrigens mit dem floral anmutenden Einzelstab „Bisquit“ in konvexer Form, die zusammen mit der mittlerweile allgemein fußfassenden „unsichtbaren“ Touch­oberfläche eine bisher kaum erlebte Anziehungskraft erzeugt, die Designer der Mitbewerber vor eine echte Herausforderung.Überhaupt die Italiener: Garbelotto und Mazzonetto können sehr flexibel mit Holz umgehen und zeigten echte Highlights. Allerdings vermögen sie ihre eigentliche Stärke in der Exotenvielfalt nur noch sehr begrenzt auszuspielen.

Hölzer aus Übersee sind derzeit nicht gefragt, deshalb war ein Auftritt eines peruanischen Holzvermarkters umso höher zu bewerten. Die ganze Bandbreite der Holzarten des südamerikanischen Andenstaates mit ihren unbezweifelbaren Fußbodenvorzügen setzten Glanzlichter für Holzliebhaber. Einige Versuche, mit einheimischen Hölzern die Eichendominanz zu brechen, gab es ebenfalls: Kährs zeigte gefärbten, leicht gedämpften Ahorn, Grigo setzte auf die Moorulme. Die Angebote zogen zwar Aufmerksamkeit auf sich, haben aber kaum den Rückhalt, hier auf Dauer für eine wirkliche Entlastung zu sorgen.

Das gilt ebenso für Douglasienrifts oder auch vergilbungsreduzierte Esche, die diesem sehr gut parkettgeeigneten Holz nach zahllosen vergeblichen Anläufen allerdings verdiente Aufmerksamkeit bescheren könnte. Mancher Nussbaumboden löste Freude aus. Die Buche ist out, kommt aber hin und wieder modifiziert beziehungsweise eingefärbt zum Einsatz.

Warum auch nicht? Welches Holz in Deutschland könnte ansonsten langfristig den Kampf mit der Eiche aufnehmen? Holzpflaster bleibt mit angemessenem Anteil im Rennen um Objekte. Bambus scheint sich etwas zurückgezogen zu haben.

Oberflächen & Klebstoffe

Die Strukturen der Holzoberflächen werden zunehmend weicher. Grobe Äste, tiefe Risse und grob splint- bis fäulnishaltige Dielen gehören der Vergangenheit an. Kaum wahrnehmbare Oberflächenvergütungen, individuelle Auftragsvarianten, weiße, beziehungsweise extraweiße (Woca) und bräunliche Farbgebungen bestimmen das Bild. „Die Colour Republic“ aus Belgien zeigte dabei in beeindruckender Form, was möglich ist: Gealterte Optiken durch Patinalaugen, Combicoloröle, Hartwachsöle und oxidativ trocknende Systeme bleiben gefragt.

Saicos setzt diejenige Entwicklung fort, die im letzten Jahr bei Wasserlacken gezeigt wurde und anscheinend am Markt auf offene Ohren traf: Ein Grundöl bildet die Basis, zu dem sich ein­zelne Features wie zum Beispiel Rutschfestigkeit, Trocknungsbeschleunigung, Chemikalienbeständigkeit, Glanzgrad oder Abriebfestigkeit je nach Bedarf dazu kombinieren lassen. Bei den Industrieprodukten sind UV-Öle und kombinierte Hybridöle genauso im Einsatz wie traditionelle Oxiöle. Bei den Parkett klebstoffen scheint eine Phase der Entwicklungsruhe eingetreten zu sein. Der Fokus liegt auf der Sicherung und sukzessiven Verbesserung des erreichten Standards. Mehr als am Rande: Peter Hamberger wurde anlässlich der Veranstaltung für sein Lebenswerk geehrt. Sein Einsatz und seine Leistung für das Produkt Parkett in den vergangenen fünfzig Jahren sucht seinesgleichen.

Laminat

Während sich die Parkett zahlen europaweit konsolidieren und für 2015 von einem ganz leichten Wachstum von unter einem Prozent ausgegangen wird, hat Laminatboden weiter mit Rückgängen zu kämpfen. Wenn auch regionale Einflüsse eine Rolle spielen, scheinen die konkurrierenden LVT-Beläge einer der wesentlichen Gründe nachgebender Verbrauchszahlen zu sein. „Die Geister, die ich rief, werd’ ich nun nicht mehr los“, könnte man frei nach Goethes Zauberlehrling formulieren, denn ähnlich wie Laminat lebt auch der LVT vom nachgeahmten Erscheinungsbild und hat dabei vor allem dimensionsbedingte technische Vorteile in bestimmten Anwendungsbereichen. Aber dem Laminatboden deshalb seinen Erfolg absprechen zu wollen, wäre natürlich töricht. Die von marketing-
orientierten Fachleuten geprägte Branche belebt den Fußbodenmarkt nach wie vor in vorderer Reihe. Der EPLF plant demgemäß ein kompaktes „Innovationsforum Laminat“, um Denkansätze zu erarbeiten, „damit der Fortschritt nicht zum Stillstand kommt“. Während – wie schon in den Vorjahren – die Billigsortimente für die Baumärkte Sorgen bereiten, geht es im hochwertigen Bereich gut voran. Der industrielle Digitaldruck schafft neue Möglichkeiten. Marktspezifische Kleinserien sind umsetzbar, anders als es im Tiefdruck möglich war. Schnelle Reaktionen auf spezielle Kundenwünsche und eine Steigerung der optischen Vielfalt sind Folgen der Technologieentwicklung. Bei den Dekoren spielen mehr noch als im Parkett bereich Veränderungen in den Lebenswelten eine Rolle. „Urban-style“ wird großgeschrieben, die Nutzung von städtischem Wohnraum durch Entkernung und Umwandlung bestehender Gewerbeflächen bietet Denkanstöße für die Kreativköpfe der Laminatbranche. Beton, Metall oder Stein haben ihren festen Anteil. Holznachbildungen bestimmen weiterhin das Design mit der Nachbildung der omnipräsenten Eiche an vorderster Stelle. Den Formaten sind außer maschinentechnischen und logistischen Beschränkungen keine Grenzen gesetzt. Bis zu 14 Millimeter dicke großformatige Dielen mit sich nur ­extrem wenig wiederholendem Druckbild sorgen für eine ­verlässliche Fußbodenperforman­ce. „Wand“ beziehungsweise „Wall“ sind weiter im Fokus. Die Vielfalt der Holzarten scheint derzeit größer als beim Vorbild. Buche, Akazie, Pinie, Lärche, Ulme, Esche, Hickory – und immer wieder Nussbaum – behaupten ihren Platz. Laminat wird schlichter, weniger tief, aber umso perfekter strukturiert. „Sägerauh“ ist immer wieder zu finden. Farbliche Trends sind Beige, Grau, Braun in großer Vielfalt und weißlasiert. Zusatznutzen wird beim Laminat weiterhin groß geschrieben. Rutschfestigkeit, integrierte Trittschallverbesserung, Antistatik und verbesserte Mikrokratzfestigkeit sind unerlässlich in bestimmten Bereichen. Spezieller Feuchteschutz hilft den Böden auf dem Weg in Küche und Bad, wobei auch perfektionierte Klicksysteme (Unilin) in diesem Anwendungsbereich hilfreich sind. Die Verriegelungstechniken sind genauso komplett und feinabgestimmt, wie mittlerweile auch das Zubehör.

Sorgen bereitet wieder einmal das DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik). Wie Peter A. Meyer als EPLF-Geschäftsführer verkündete, gäbe es Bestrebungen seitens des Instituts, seine Zulassungsbemühungen auf gesamte Gebäude auszudehnen. In Zeiten, in denen Wohnraumbeschaffungsmaßnahmen ein Hoffnungsanker für alle Baubeteiligten sind, scheint das zu erwartende bürokratische Monster ein kontraproduktiver Ansatz erster Güte zu sein, den der Verband zu Recht scharf kritisierte.

MMF

Bei den mehrschichtig modularen Bodenbelägen gelten ähnliche Trendwelten wie beim Laminat oder bei den Polyvinylbelägen. Die Produktgattung, die in drei Klassen eingeteilt ist und deren anfänglicher Einstufungsansatz sich im Nachhinein zu bestätigen scheint, ist noch im Aufbau. Deshalb sollte man den Verbrauchszahlen, die mehrheitlich von der DACH-Region geprägt sind, nicht allzu viel Gewicht verleihen. Die Feststellung von Sebastian Wendel, Obmann der „Marktentwicklung“ beim MMFA begründet aber ihren durchaus nachvollziehbaren Erfolg: „Kein anderer Fußbodenbelag vereint so viele Vorteile unterschiedlicher Bodengattungen in nur einem Produkt.“

Als Beweis dafür, dass die In­dustrie durch die Kombination unterschiedlicher Werkstoffe durchaus in der Lage ist, hoch interessante Fußbodenvarianten zu schaffen, mögen zwei Beispiele dienen: Auf Basis eines hochvergüteten Holzwerkstoffes und einer Deckschicht aus einem  thermoplastischen Polyurethan (TPU) ist mit „Egger Design + Floorings“ ein Bodenelement entstanden, dessen Oberfläche –wie bereits in mehreren Produkten des täglichen Lebens nachgewiesen – aufgrund seines Wiederaufrichtungsvermögens eine gewisse „selfrepair“-Eigenschaft aufweist, die bei Stuhl- und ­Möbeleindrücken hilfreich sein kann. Der schwimmend verlegbare und gleichermaßen zu verklebende Belag, in dem viel sinnvolle Technik in fünf Millimeter Dicke untergebracht ist, wird ­sicher Beachtung finden.

Classen greift mit wasserresistenten Aufbauten in minimaler Dicke mit „Ceramin“ nicht weniger als den etablierten Fliesenbereich an. Es bleibt abzuwarten, ob in diesem hochbelasteten Segment der Mut belohnt wird.

Kork

Auch für Kork gilt in Analogie zu den MMFs, dass die dort genannten Designtrends auch diese Produktgattung bestimmen, denn korkbasierte Designböden mit entsprechenden Dekoren geben der Branche mittlerweile den notwendigen Rückhalt.

Die anfängliche Feststellung des Geschäftsführers von Meisterwerke, Ludger Schindler – „Bodenbelagkategorien verschwinden“ – bestätigt sich auch in diesem Segment. Die positiven Eigenschaften des natürlichen Werkstoffes Kork bleiben am Boden in vielen Anwendungen unvermindert gefragt. 

Folgende Trends und Tendenzen 2016 konnten wir auf der Messe ausmachen:

Parkett Laminat
MusterbödenGroßformate
Ungarischer FischgrätBeton, Metall und Steindekore
BreitenabstufungenFeuchträume
Unsichtbare Bearbeitung der OberflächenZusatznutzen
Weißliche und bräunliche Farbtöne