Zwei Bodenleger aus Deutschland berichten von der Domotex in Shanghai Bloß nicht in die Augen schauen

Können wir von den Chinesen lernen? Ralf Wollenberg und Manfred Krapp, zwei gestandene Fußbodenprofis, sammelten in Shanghai ungewöhnliche Eindrücke und stellten am Ende fest: Die Asiaten gehen mit Böden ziemlich entspannt um.

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    Bodenbeläge im Rampenlicht.
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    Die Domotex Asia in Shanghai.
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    Die unterschiedlichsten Bodenbeläge werden auf darunterliegendem Teppichboden präsentiert.
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    Fugen im Parkett waren auf den Messeständen kein Thema.
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    Zwischen den Messeständen. Unzulänglichkeiten am Boden.
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    Bodenbeläge im Rampenlicht.
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    Hier werden Werkzeuge präsentiert.
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    Wenn Teppich Parkett durchbricht.
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    Kreissäge mit zweifelhaftem Sicherheitsstandard.

Bloß nicht in die Augen schauen

Auf diversen Messen, die ich zusammen mit meinem Berufskollegen und Freund Manfred Krapp besucht habe, diskutierten wir oft darüber, wie denn Bodenbeläge in anderen Ländern präsentiert, verlegt und verkauft werden. Bei einem dieser Gespräche sind wir dann auf die Idee gekommen, uns mal die Domotex in China anzusehen. Gesagt, getan! Die Reise wurde besprochen, gebucht und am 26. März ging es dann mit den üblichen Unwägbarkeiten los:

Gebucht Flug ab Düsseldorf 17:35 Uhr. Flugverschiebung um eine Stunde auf 18:35 Uhr. Abflug gegen 19:00 Uhr. Bei Ankunft in Istanbul noch 30 Minuten Zeit, das Flugzeug zu wechseln. Das Flughafenpersonal an der Personenkontrolle hatte unendlich viel Zeit. Als wir durch waren, zeigt die Anzeigetafel „letzter Aufruf“ und wir hatten noch einige hundert Meter bis zu unserem Gate. Am Gate eine freundliche Servicekraft, die uns als Letzte mit in den Flieger aufnahm und nach geraumer Wartezeit auf dem Rollfeld ging es dann weiter Richtung Shanghai. Ankunft Dienstagnachmittag am Flughafen. Koffer holen, Passkontrolle (war bei der Einreise in die USA schlimmer) und dann waren wir in China.

Gar nicht mal so laut

Als erstes Highlight hatten wir uns eine Fahrt mit dem Transrapid vorgenommen. Also ab zum Bahnsteig, Karte gelöst und rein in den Zug. Türen zu und los ging’s. Völlig unspektakulär. Man merkte eine sanfte Beschleunigung, das Geräuschniveau war nicht übermäßig laut, man konnte aus dem Fenster gucken, in Kurven legte sich der Zug leicht schräg, was aber beim Sitzen nicht weiter auffiel. Die Kilometeranzeige in den einzelnen Waggons pendelte sich dann bei 300 km/h ein und das bei einem Geräuschniveau, das wesentlich geringer als bei einem Intercity bei uns war.

Danach die Frage, wie kommen wir zum Hotel? Und dabei das erste Problem. Wir hatten an einem der Informationsstände eine Übersichtskarte mitgenommen und Manfred Krapp, als gestandener Flieger, wollte dann mal eben in die Karte gucken, um zu sehen, ob wir uns vielleicht das Taxi sparen und zu Fuß zum Hotel gehen könnten. Wir haben die Straße mit unserem Hotel nicht gefunden. Also los zum Taxistand. Dem Taxifahrer die Buchungsbestätigung des Hotels mit einer Abbildung des Hotels gezeigt und nach einer Dreiviertelstunde waren wir dann in unserem Hotel. Dazu mussten wir uns erst einmal vergegenwärtigen, dass die Stadt Shanghai mittlerweile über 20 Millionen Einwohner hat. Das heißt, in der Stadt leben mehr Menschen als in gesamt Nordrhein-Westfalen.

Unechte Teppiche

Am nächsten Tag ging es zur Messe und das, wie wir schnell gelernt hatten, am besten mit dem Taxi. Der Kilometer Taxifahrt kostet umgerechnet 30 Cent. Der Eintritt zur Messe ist für Ausländer frei, Chinesen müssen einen kleinen Obolus bezahlen. Ansonsten, um es vorwegzunehmen, die Domotex Asia ist vergleichbar mit der Domotex Hannover, nur insgesamt kleiner und ohne die Hallen mit den „echten“ Teppichen. In den ersten Hallen, die wir durchwanderten, waren hauptsächlich Parkett- und Laminatböden ausgestellt. Was wir in diesen Hallen schnell gelernt haben: Auf jeden Fall direkten Blickkontakt mit dem Personal auf den Ständen vermeiden. Bei einem direkten Blickkontakt oder bei einem angedeuteten Interesse für die ausgestellten Produkte kamen die Verkäufer direkt auf uns zu und wollten uns in diverse Verkaufsgespräche verwickeln.

Schweißschnur verbrannt, was soll’s

Und ist aufgefallen, dass die Chinesen ein sehr viel entspannteres Verhältnis zu den Bodenbelägen haben als wir Deutschen. Auf den Messeständen hatten die Aussteller überhaupt kein Problem damit, ihre Holzböden auf einem mit Teppichboden ausgelegten Stand zu präsentieren. Bei den PVC- und Designbelagsherstellern verhielt es sich ähnlich. Für die chinesischen Aussteller war es auch kein Grund, sich zu erschießen, nur weil ein Parkettboden mal ein paar Fugen zeigte.

An einem Stand hatten wir einen homogenen, verschweißten PVC-Belag gesehen, an dem die Schweißschnur verbrannt und insgesamt missglückt war. Das störte niemanden. An einem anderen Stand war eine Treppe mit einem roten Teppichboden und einer Metalltreppenkante (siehe Bild) ausgestattet. Das hat keinen interessiert.

In einem der Gänge war eine Absenkung im Boden. Der davor liegende Teppichboden war aufgeschnitten und stand an den Ecken hoch. Das hat niemand bemängelt.

Uns hat natürlich auch interessiert, welche der uns bekannten Firmen vertreten sind. Da waren u. a. die Firmen Bona, Gerflor, Nora, Mondo, Ardex, Mapei, Forbo, um nur einige zu nennen. Die Stände dieser Firmen hätten genauso gut auf der Domotex in Hannover stehen können. An einem Stand wurden verschiedene gar in Form einer Modenschau präsentiert.

Im Osten was Neues?

Der Hauptgrund, warum wir nach China gereist sind, nämlich unbekanntes Werkzeug oder andere Arbeitsmethoden zu sehen und kennenzulernen, war aus unserer Sicht eher enttäuschend. Werkzeug und Verlegetechnik wurde nur ganz spärlich am Rande gezeigt.

Dazu eine kleine Anekdote, die wir an einem der Stände erleben durften. Der Techniker eines PVC-Lieferanten hat einigen seiner Kunden die Verschweißung eines PVC-Belages mittels Handschweißgerät und Schnellschweißdüse gezeigt. Der Kunde fragte dann, wofür die in dem Koffer vorhandene Andrückrolle sei. Worauf der Techniker ihm erklärte, dass nach dem Schweißen die Schnur nachträglich damit festgedrückt würde.

An einem weiteren Stand wurden akkubetriebene, tragbare Kreissägen mit integrierter Staubabsaugung angeboten. Diese Sägen wären für die Laminat- und Parkettverlegung auf den ersten Blick bestimmt sehr hilfreich. Doch beim näheren Hinsehen sah man deutlich, dass der Sicherheitsstandard nicht den europäischen Gepflogenheiten entsprach. Auch beim bestimmungsmäßigen Gebrauch der Säge wäre es ein leichtes gewesen, sich mal schnell einige Finger abzusägen. Also aus Sicht eines Parkett- und Bodenlegers haben wir nichts an Werkzeug gesehen, was es bei uns nicht auch schon gäbe. Technologisch hatten wir den Eindruck, dass die Chinesen so etwa ein Jahrzehnt hinter uns zurück sind.

An einem weiteren Stand zeigte sich, dass der Umweltschutz auch langsam in China ein Thema wird. Da wurde damit geworden, dass keine Kleber und kein Formaldehyd eingesetzt werden.

Ein weiterer Auftritt hat uns als Bodenleger noch besonders gut gefallen: „Hochwertiger Teppichboden bricht durch den Parkettboden“ (siehe Foto). Zum Schluss waren wir dann noch am deutschen Pavillon, wo kräftig mit „made in Germany“ geworben wurde.

Nach diesem interessanten, aber anstrengenden Messebesuch brauchten wir noch einige Tage in der sehr westlich geprägten, lebendigen Metropole Shanghai, bevor wir uns mit ähnlichen Hindernissen wie auf dem Hinweg zurück nach Deutschland begeben haben.

Ralf Wollenberg

www.sv-fbt.de

Zwei Bodenleger in Shanghai:

Manfred Krapp, von der HWK Düsseldorf seit 1993 für das Bodenlegergewerbe ö.b.u.v. Sachverständiger und geschäftsführender Gesellschafter der Krapp Bodenbeläge GmbH.

Ralf Wollenberg, von der HWK Dortmund seit 1991 für das Bodenlegergewerbe ö.b.u.v. Sachverständiger und geschäftsführender Gesellschafter der August Kadereit Bodenbeläge GmbH.