Kommentar von Walter Pitt - Beschaffenheit einordnen"> Kommentar von Walter Pitt Beschaffenheit einordnen

Es geht um Maßstäbe. Wie viel Pickel sind in der Versiegelung zulässig, wie viel µ weist die Schichtdicke auf, wie viel Kellenschläge innerhalb einer Spachtelschicht sind erlaubt, wie viel Äste dürfen in einer Parkettsortierung enthalten sein, wie groß dürfen Hohlstellen sein, ab wann ist eine Farbdifferenz eine Farbdifferenz? Solche Fragen nach der Beschaffenheit einer Fußbodenfläche werden in Gutachten immer wieder gestellt. Und man erwartet konkrete Antworten. Das ist durchaus legitim. Der Anspruch auf konkrete Antworten ist unbestritten.  Aber konkret heißt noch lange nicht, dass exakte Zahlen bei der Feststellung einer Fußbodenbeschaffenheit genannt werden müssen. Jeder Sachverständige kennt die Abhängigkeiten, wenn er einen Boden abklopft und Hohlstellen nach Größe und Anzahl untersucht. Der Unterboden, die Art der Verklebung, die Materialstärke, die Abmessungen, die Lage im Raum usw. Er kennt die Lichtverhältnisse, den optischen Anspruch und hat die konkrete Situation mit allen Variablen vor Augen. Er ist in der Lage, die Ursache von Kellenschlägen einzuordnen und weiß, was handwerklich an welcher Stelle machbar ist. Das ist seine gutachterliche Kompetenz, die nicht davon abhängig ist, ob er Dinge exakt messen und anhand von festgelegten Grenzwerten zuordnen kann.

Einfach die Pickel abzählen und festzulegen, drei pro Quadratmeter sind in Ordnung, vier nicht, dazu bedarf es nicht des Sachverständigen. Dessen Leistung besteht darin, abzuschätzen, wie sich die gefundenen Erscheinungsbilder auf die gesamte Leistung auswirken, wie sie sich weiterentwickeln und letztendlich zu beurteilen, „ob man etwas besser machen kann“. Das, was der Berufssachverständige Norbert Strehle scheinbar banal auf der Sachverständigentagung in Bad Salzdetfurth so formulierte, hat Hand und Fuß und ist durchaus eine konkrete Antwort, denn, die Formulierung, ob man etwas besser machen kann, setzt einen Maßstab. Diesen kennt aber nur der in seinem ureigenen Metier erfahrene Sachverständige, der damit den notwendigen Spielraum hat, eine Beschaffenheit nicht nur unreflektiert festzustellen, sondern auch mit allem ihm zur Verfügung stehenden Wissen und der erworbenen Kompetenz sachgerecht zu beurteilen. Der gute Sachverständige zeigt sich allerdings erst, wenn er dies seinem Auftraggeber auch vermitteln kann.