Patzke fragt Rechtsanwältin Doris Baumann-Frank antwortet - Behinderungen schriftlich melden und Sicherheiten einfordern"> Patzke fragt Rechtsanwältin Doris Baumann-Frank antwortet Behinderungen schriftlich melden und Sicherheiten einfordern

In der letzten Ausgabe schilderte Patzke ein chaotisches Bauvorhaben. Die Koordination des Baustellenablaufes in der Zahnarztpraxis übernahm eine Architektin. In den Verträgen mit den Handwerkern wurden zwingend einzuhaltende Arbeitszeiten festgehalten. Es bestand sogar eine Baustellenanwesenheitspflicht. Also schickte Patzke seine „Jungs“ wie gefordert zur Baustelle. Arbeiten war aber nicht möglich. Zu viele Handwerker waren gleichzeitig auf der Baustelle. Auf die schriftliche Anfrage nach der Bezahlung der abgelaufenen Stunden und Fahrten erhielt Patzke keine Rückmeldung. Bei einem erneuten Baustellenbesuch musste er feststellen, dass die Baustelle leer und verlassen war. Patzke stellt sich die Frage, was er denn da falsch gemacht habe und wie er jetzt an sein Geld komme. Die geschilderte Situation ist der klassische Fall: Keine Baufreiheit aufgrund fehlerhafter Koordination. Die Sachlage Bevor man sich die Frage stellt „Habe ich etwas falsch gemacht?“, muss sich der Auftragnehmer klarwerden, welche Regelungen seinem Auftrag zugrunde liegen. Patzke hat einen Werkvertrag geschlossen, der sich allein nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richtet. Die VOB/B wird nur Vertragsinhalt, wenn dies besonders vereinbart wird. Ein Vertrag ist aber in der Regel keine einseitige Sache. Hier gilt Folgendes: Der Auftragnehmer hat seine Leistung zu erbringen.Der Auftraggeber ist zur späteren Zahlung des Werklohns verpflichtet, er muss für Baufreiheit zu sorgen und die Handwerkerarbeiten so koordinieren, sodass keine Behinderungen des/der Handwerker auch untereinander stattfinden. Gegebenenfalls muss er Vorleistungen am Grundstück bzw. der zu bearbeitenden Sache liefern. Im Fall Patzke hat der Auftraggeber nicht für eine solche Baufreiheit gesorgt. Dies beruht offensichtlich auf einer fehlerhaften Koordination, denn die Arbeitszeiten waren vorgeschrieben. Für das Fehlverhalten der offensichtlich überforderten jungen Architektin haftet der Bauherr wie für eigenes Verschulden (§278 BGB). So regelt das Gesetz (§ 642 BGB) diese Situation der Wartezeiten Nach Abs. 1 der Norm kann der Unternehmer eine angemessene Entschädigung verlangen. Die Voraussetzung: Bei der Herstellung des Werks ist eine Handlung des Bestellers erforderlich und der Besteller kommt durch ein Unterlassen dieser Handlung in Verzug der Annahme der Handwerksleistung. Annahmeverzug ist unter mehreren Gesichtspunkten möglich: durch Angebot der Handwerkerleistung, durch wörtliches Angebot der Handwerkerleistung oder auch durch Ablauf einer Frist zum vorgegebenen Arbeitsbeginn. Nach den Schilderungen von Patzke konnte hier Annahmeverzug des Auftraggebers entstehen, weil der Ablauf einer vertraglich bestimmten Frist stattgefunden hat. Denn ein (Bau-)Zeitenplan bestimmt zum einen Fristen für den Auftragnehmer dafür, wann er welche Leistungen erbringen muss und einen Zeitpunkt, zu dem der Auftraggeber korrespondierend tätig sein muss, soweit ein Mitwirken des Bauherrn erforderlich ist. Das heißt: Im Rahmen seiner Koordinationspflicht muss der Bauherr dafür sorgen, dass dem Auftragnehmer das Objekt so zur Verfügung steht, dass er mit seiner Arbeit beginnen kann. Sind die Termine festgelegt, gelangt der Auftraggeber zu diesen Zeitpunkten in Annahmeverzug, wenn die Zeit abgelaufen ist oder der Handwerker die Leistung zur rechten Zeit so anbietet, wie sie von ihm gefordert war. Für Bauleistungen heißt dies, dass der Bauunternehmer versuchen muss, die jeweilige Bauleistung tatsächlich und vertragsgerecht zu erbringen. Nach der Rechtsprechung erfordert ein tatsächliches Angebot, dass der Auftraggeber nichts weiter tun muss, als die Leistung anzunehmen. Die Problemlösung Patzke hat seine Mitarbeiter zur vereinbarten Zeit auf die Baustelle geschickt. Sie waren bereit, die Leistung auszuführen, Patzke war leistungsfähig. Also hat er Anspruch auf eine Entschädigung. Diese umfasst nach der Rechtsprechung des BGH aber nicht Wagnis und Gewinn. Da Patzke vertraglich gezwungen war, seine Leute täglich auf die Baustelle zu schicken, konnte er auch anderweitig nichts erwirtschaften oder ersparen. Damit Patzke seine Mannschaft nicht täglich auf die Baustelle schicken muss, hätte er dem Auftraggeber eine angemessene Nachfrist setzen können (gem. § 643 BGB). Holt der Auftraggeber seine Handlung nicht nach, gilt der Vertrag als gekündigt. Jetzt hat Patzke Ansprüche auf Vergütung (nach § 645 Abs. 1 BGB). Ob dies auch den sog. entgangenen Gewinn umfasst ist fraglich. Daher sollte dieses Vorgehen stets gut bedacht werden. Unter Umständen ist es nämlich günstiger, nach den allgemeinen Regelungen über Leistungsstörungen (§ 323 BGB) zu verfahren: Die Alternative, VOB/B-Vertrag Hier gilt das zuvor Beschriebene nur mit Modifikation: Gem. § 6 VOB/B setzt die Behinderung der Arbeitsausführung regelmäßig die schriftliche Anzeige der Behinderung voraus. Wie auch bei der Anmeldung von Bedenken gegen die Art der Ausführung muss die schriftliche Anzeige an den Auftraggeber selbst und unmittelbar gerichtet sein. Nicht ausreichend ist es, das Schreiben an den Bauherrn zu Händen des Architekten oder nur an den Architekten zu adressieren. Die Regelung des § 642 BGB wird durch die Regelungen des § 6 VOB abgewandelt: Dem Auftraggeber muss die Behinderung, bei der der Auftraggeber in Annahmeverzug ist, unverzüglich soweit nicht offensichtlich anzeigen.Patzke hätte seine Ansprüche sichern können, wenn er unmittelbar nach Vertragsschluss eine Sicherheit nach § 648 a BGB verlangt hätte. Da es jeweils auf den Einzelfall ankommt, kann die Lösung in Patzkes Fall nur als grobe Richtschnur dienen.