Der interessante Schadensfall Rissbildung bei einem Naturwerksteinbodenbelag auf Holzträgermaterial Bauherr saniert auf eigene Faust

Obwohl der Hersteller die Beanstandungen als begründet anerkennt und die Ersatzlieferung inklusive Verlegung zusichert, legt der Bauherr selbst Hand an – und richtet damit neuen Schaden an. Die Folge: Ein planloses Durcheinander mit unbefriedigendem Ausgang.Spinnennetzförmige Risse im Naturwerksteinbodenbelag.Bauherr saniert auf eigene Faust Ein Ehepaar hat sich als Altersruhesitz im küstennahen europäischen Ausland ein Einfamilienhaus als so genanntes Gebrauchtobjekt gekauft. Da es sich bei dem Haus um ein älteres Gebäude handelte und der Umzug dringend erfolgen musste, konzentrierten sich die neuen Eigentümer zunächst auf die Sanierungsmaßnahmen im Innenbereich. Abgesehen von einigen neuen Elektroleitungen und neuen Tapeten wurden die bereits vorhandenen alten Holztüren sowie die alte Fußbodenkonstruktion (Verbundestrichkonstruktion mit oberseitigen keramischen Fliesen) belassen, um den Aufwand möglichst gering zu halten. Auf die vorhandenen Fliesen sollte ein neuer Bodenbelag schwimmend verlegt werden. Die Bauherren wünschten auf der gesamten Erdgeschossetage den gleichen Bodenbelag und entschieden sich für eine Sonderkonstruktion: Ein Naturwerksteinbodenbelag auf speziellem Trägermaterial. Die Gesamtaufbauhöhe, d.h. Dämmung, Trägermaterial sowie der Natursteinbodenbelag, betrug in diesem Fall 22 mm. Aufgrund dieser neuen Einbauhöhe wurden teilweise die bestehenden Türzargen und Türen entsprechend gekürzt. Auch bei der bereits vorhandenen neuen Naturwerksteintreppe, die vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss führt, wurde die Steighöhe bei der ersten Treppenstufe durch den neuen zusätzlichen Bodebelag zwangsläufig um 2,2 cm reduziert. Dieses Vorgehen birgt eine akute Unfallgefahr in sich, weil das Steigmaß der nachfolgenden Treppenstufen extrem davon abweicht. Bei dem verwendeten Naturwerksteinbelag waren mikrofeine Haarrisse bereits bei der Applizierung des Steinbelages auf das Trägermaterial vorhanden. Aufgrund der geringfügigen Unebenheiten innerhalb des Untergrundes bzw. aufgrund des verwendeten Dämmmaterials kam es bereits unmittelbar nach den ersten Belastungen durch Begehen zu spinnennetzförmigen Rissen innerhalb des Naturwerksteinbodenbelages. Die Rissbildungen wurden eindeutig als materialbedingt eingestuft, d.h., der Hersteller hat diese Beanstandung als begründet anerkannt und eine Ersatzlieferung inklusive Verlegekosten zugesichert. Der Bauherr machte die Totalsanierung selbst Aus versicherungstechnischen Gründen wurde ein Sachverständiger eingeschaltet, der den Gesamtschaden aufnehmen und entsprechend bewerten sollte. Dabei wurde festgestellt: Bei dem Naturwerksteinbodenbelag handelte es sich um eine Sonderkonstruktion, ein Produkt aus einem Naturwerksteinbodenbelag (10 mm dick) und einem Holzträgermaterial, ähnlich einem Laminat beziehungsweise Fertigparkett. Beim Gutachtertermin bot sich dem Sachverständigen ein überraschendes und zugleich erschreckendes Bild. Der Bauherr hatte, aufgrund des seitens des Herstellers bereits anerkannten Mangels an dem Naturwerksteinbodenbelag, diesen bereits zu 90% in allen Räumen entfernt. Dieser Sachverhalt wäre nicht so problematisch gewesen. Verhängnisvoll war, dass der Bauherr so auf eigene Faust eine Totalsanierung durchgeführt hatte. Neben dem Naturwerksteinbodenbelag entfernte er gleichzeitig auch den vorhandenen alten keramischen Fliesenbelag und zusätzlich die darunter befindliche Verbundestrichkonstruktion. Und schon mal dabei, entledigte er sich auch der Tapeten im Wohnzimmer. Zugleich verlegte er zusätzliche Rohrleitungen in die Wandkonstruktion. Der Bauherr beabsichtigt nun, einen neuen Naturwerksteinbodenbelag bzw. eine keramische Fliesenebene im Dickbettverfahren inklusive einer Fußbodenheizung neu zu verlegen. Da in diesem Zusammenhang die gesamte Fußbodenkonstruktion, beginnend ab der Rohbetondecke, neu hergestellt werden muss, kann die ursprüngliche Höhe der Fußbodenoberfläche wieder erreicht werden; unter anderem in den Übergangsbereichen, der Treppe vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss sowie der Treppe Erdgeschoss zum Keller. Damit ist auch die richtige Steighöhe bei der ersten Treppenstufe vorhanden. Weitergehend wurden auch die „alten“ Höhen zu den Terrassentüren und den Eingangstüren wieder erreicht. Der Bauherr hat allerdings im Rahmen der ersten Sanierungsmaßnahmen, also bei der Verlegung des schwimmenden Naturwerksteinbodenbelages, die vorhandenen Türen und Türzargen entsprechend gekürzt. Bei der jetzt durchgeführten Sanierungsmaßnahme, d.h. bei der Totalsanierung, sind deshalb die gesamten Türen und Türzargen unbrauchbar. Der Hersteller sollte zahlen Der Hersteller wurde nun von dem Bauherrn aufgefordert, neben dem Naturwerksteinbodenbelag inklusive der Verlegung auch die Kosten für die Türen und Türzargen zu übernehmen, da diese ja abgeschnitten worden sind – aufgrund des Bodenbelages der seitens des Herstellers zum damaligen Zeitpunkt geliefert worden war, jetzt allerdings einen Mangel aufweise. Aus technischer Sicht wäre es möglich gewesen, zunächst den gerissenen schwimmenden Naturwerksteinbodenbelag vollständig vom Untergrund zu entfernen und nach entsprechenden Untergrundvorbereitungsmaßnahmen des alten keramischen Fliesenbodenbelages einen neuen Massiv-Natursteinbodenbelag zu verlegen. Selbstverständlich hätten dabei zuvor die vorhandenen keramischen Fliesen hinsichtlich ihrer Festigkeit überprüft werden müssen und alle hohlliegenden keramischen Fliesen entfernt und diese Fehlstellen entsprechend mit Mörtel ausgeglichen werden müssen. Wie gesagt, aus technischer Sicht, mit der Verwendung entsprechender Verlegehilfsstoffe, die von der Bauchemie angeboten werden, ist es möglich, auf einen vorhandenen alten keramischen Fliesenbelag eine neuen keramischen Fliesenbelag oder auch einen Naturwerksteinbodenbelag zu verlegen. Hierdurch hätten auch die „neuen“ vorhandenen Höhenbezugspunkte wieder erreicht werden können. Die Türen sowie die entsprechenden Übergänge wären somit erhalten geblieben und es hätten auch keine weiteren Maler- und Tapezierarbeiten durchgeführt werden müssen. Die Sockel im Randbereich hätten nach Entfernung entsprechend erhöht beziehungsweise breiter herstellt werden müssen, um gegebenenfalls kleinere Beschädigungen im Tapeten- oder Wandbereich auszugleichen. Lediglich im Bereich der ersten Trittstufe wäre die vorhandene Auftrittshöhe unverändert zur bisherigen geblieben, d.h. eine deutliche Unterschreitung der Steighöhe von 22 mm von der ersten zur zweiten Treppenstufe. Kältebrücken und Feuchtigkeit Aus Sicht des Sachverständigen war es nicht einleuchtend, warum die Herstellerseite neben dem neuen Naturwerksteinbodenbelag inklusive der Verlegekosten auch zusätzlich noch für die neuen Türen einschließlich der Türzargen und den Maler- und Tapezierarbeiten aufkommen soll. Doch damit nicht genug: Im Rahmen des Gutachtertermins hatte der Sachverständige die Bauherren auch darüber informiert, dass besondere Untergrundvorbereitungsmaßnahmen vor Durchführung der Neuverlegemaßnahmen im Dickbettverfahren notwendig sind. Es handelt es sich hierbei um einen unterkellerten Wohnbereich, auf dem eine neue Verbundestrichkonstruktion aufgebracht werden sollte. Die teilweise mit Gipskartonplatten verkleideten Wohnzimmerwände (Außenwand angrenzend) wiesen zum Zeitpunkt des Gutachtertermins bereits deutliche schwarze Schimmelpilzbildungen auf. Eine Vielzahl von Schallbrücken sowie auch Kältebrücken und Feuchtigkeitshinterwanderungen stellte der Sachverständige zudem fest. Da der Bauherr eine Totalsanierung durchführte, sind entsprechende Gegenmaßnahmen unter anderem gegen Schallbrücken, Kältebrücken und Feuchtigkeitseinwirkungen mit einzubeziehen. Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle noch auf die fehlende Abdichtung und Wärmedämmung hingewiesen. Der entscheidende Punkt ist nämlich: Sanierungsmaßnahmen müssen immer nach dem zum Zeitpunkt der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen gültigen Standard, den Normen und Richtlinien sowie anerkannten Regeln des Fachs beziehungsweise der Technik durchgeführt werden und nicht gemäß den Vorgaben des Erstherstellungszeitpunktes der entsprechenden Konstruktionen. Dieser Sachverhalt freilich stellt viele Planer und auch Handwerker teilweise vor unlösbare Probleme. Insbesondere bei der Altbausanierung kommt es zu deutlichen Defiziten zwischen den alten Planvorgaben und somit auch zu den zum damaligen Zeitpunkt gültigen Normen und Richtlinien und den heutigen Vorgaben. Das betrifft vor allem Schall- und Wärmeschutzmaßnahmen. Die Planer und die Handwerker sind nicht selten zu einem unfreiwilligen „Spagat“ gezwungen, obwohl sie wissen, dass sie die alten Vorgaben nicht einhalten dürfen, die neuen Vorgaben aufgrund der vorhandenen Bezugspunkte allerdings nicht einhalten können. Sonderlösungen und die entsprechenden Sonderprodukte werden immer wieder gefordert und auch benötigt. Umso wichtiger ist es, dass sich sowohl die Planer als auch die Handwerker regelmäßig über die vorhandenen Normen und Richtlinien sowie Vorgaben und auch die dann zum Einsatz kommenden Sonderkonstruktionen und Produkte informieren. Nur so können dem Kunden mehrere Sanierungsmöglichkeiten dargelegt werden. Wie endete nun der vorliegende Fall? Der Bauherr wird in eigener Verantwortung und Regie wie geplant einen Naturwerksteinbodenbelag im Dickbettverfahren verlegen, also ohne Abdichtung und ohne Wärmedämmung, aber mit Fußbodenheizung. Der Hersteller zahlt dem Kunden lediglich die „Sowieso-Kosten“, d.h., die Kosten, die für die Demontage des alten Bodenbelages und die Neuverlegung des neuen Naturwerksteinbodenbelages entstanden wären.